Onchocercose (Rind)
Synonym: Onchocerca-Infektion beim Rind, Onchozerkose des Rindes, Onchozerkiasis des Rindes
Definition
Die Onchocercose des Rindes ist eine parasitär bedingte Erkrankung des Rindes, die durch Filarien der Art Onchocerca verursacht wird.
Hintergrund
In Mitteleuropa parasitiert Onchocerca gutturosa beim Rind im straffen Bindegewebe, v.a. im Bereich des Nackenbandes (Ligamentum nuchae), der Tibio-Femoral-Bänder sowie der Tarsalbänder. Onchocerca lienalis hingegen kommt im Magen-Milz-Band (Ligamentum abomasolienale) und dessen Umgebung vor. Ein Befall mit beiden Onchocerca-Arten verläuft symptomlos.
Im Gegensatz dazu verursachen beim Rind die adulten Stadien von Onchocerca gibsoni (in Nordamerika, Asien, Afrika, Astralien) Knoten in der Unterhaut. Onchocerca armillata (im tropischen Afrika und in Indien verbreitet und gelegentlich auch bei der Ziege anzutreffen) führt zu Läsionen der Intima der Aorta und der von ihr abzweigenden großen Gefäße. In Afrika findet man zusätzlich noch Onchocerca ochengi (intradermale und subkutane Knötchen) und Onchocerca dukei (intramuskuläre und subkutane Knötchen).
Erreger
Die adulten Weibchen liegen mit ihrem unregelmäßig aufgerollten Hinterende fest im Bindegewebe verankert. Die äußerste Schicht der Parasiten ist in mehr oder weniger regelmäßigen Abständen zu spiralartigen Ringeln (Annulae) verdickt. Adulte Würmer werden als Makro-, Larven als Mikrofilarien bezeichnet.
Der Körper von Onchocerca gutturosa ist auf Höhe des ösophagealen Nervenrings aufgetrieben und der Ösophagus ist durchgängig muskulös. Die Männchen sind im Schnitt 2,7 cm lang und haben zwei Spicula (220 und 73 μm lang). Die Weibchen messen etwa 36 cm. Ihre Vulva liegt im Bereich des Ösophagus. Ihre Kutikula ist dick (12 μm) und trägt deutliche (bis 6 μm hohe) Ringe im Abstand von 35 bis 37 μm über weite Strecken des Körpers hinweg. Die Hautmikrofilarien sind zwischen 250 und 280 μm lang, nicht gescheidet und auf Höhe des Nervenrings mehr als 4 μm breit.
Bei Onchocerca lienalis kann keine Anschwellung des Körpers im Bereich des Nervenrings beschrieben werden. Der Ösophagus ist durchgängig muskulös. Männchen sind 2,7 cm lang und mit zwei - 210 bzw. 70 μm langen - Spicula ausgestattet. Die Weibchen sind im Mittel 56 cm lang. Der Körper ist vor dem Anus ampullenartig erweitert und die Vulva liegt auf Höhe des Ösophagus. Die ausgewachsenen Weibchen tragen nur im Mittelteil flache Ringel im Abstand von ca. 55 μm, die von zwei flach rechteckigen Striae unterlegt sind. Die Hautmikrofilarien sind 236 μm lang, nicht gescheidet und auf Höhe des Nervenringes weniger als 4 μm breit. Sie sind mit alkalischer Phosphatase gut anfärbbar.
Vorkommen
Während Onchocerca gutturosa weltweit mit einer hohen Prävalenz verbreitet ist, ist Onchocerca lienalis nur in gemäßigten und subtropischen Klimazonen nachzuweisen. In Frankreich wurden im Rahmen einer Studie bei 54 % der erkrankten Rinder Onchocerca gutturosa und bei 20 % Onchocerca lienalis (50 untersuchte Rinder) gefunden. Die Parasiten waren im Nacken- und im Milzband angesiedelt.
Entwicklung
Onchocerca folgen einem heteroxen Entwicklungszyklus. Die Weibchen setzen ungescheidete Mikrofilarien (L1) ab, die während der warmen Jahreszeit (Sommer) vorwiegend in den oberen Schichten der Haut angesiedelt sind. Im Gegensatz dazu findet man sie im Winter überwiegend in tieferen Hautschichten. Zu den bevorzugten Körperregionen zählen der Bereich um den Nabel und der Nacken.
Während des Saugaktes von Stechmücken gelangen die Mikrofilarien in die Insekten, um sich in deren Thoraxmuskulatur zu Drittlarven (L3) weiter zu entwickeln. Je nach Onchocerca-Art dienen entweder Gnitzen (Ceratopogonidae) oder Kriebelmücken (Simuliidae) als Zwischenwirt.
Rinder werden während des Blutsaugens durch mit Drittlarven infizierte Stechmücken infiziert. Bis letztendlich Mikrofilarien in der Haut der Endwirte entstehen, vergehen mindestens sieben Monate. Ein detaillierter Lebenszyklus ist bislang noch nicht geklärt.
Pathogenese
Im Verlauf einer Infektion mit Onchocerca-Arten können folgende Veränderungen beobachtet werden: zelluläre Infiltrationen, lokale Ansammlungen von Mastzellen in der Umgebung der adulten Formen, Anlagerungen von Makrophagen, Riesenzellen und neutrophilen Granulozyten an (absterbenden) Mikro- und Makrofilarien sowie eine geringgradige ödematöse Auflockerung des Milzbandes unter der Beteiligung von Lymphozyten, eosinophile Granulozyten und Riesenzellen.
Diagnose
Ein Nachweis von adulten Formen sowie Mikrofilarien erfolgt meistens zufällig in histologischen Präparaten. Soll ein direkter Erregernachweis erfolgen, können Hautbiopsien von bevorzugten Stichstellen der Zwischenwirte (schattige Körperunterseiten) genommen und untersucht werden. Dabei können die Biopsate durch Verdauung mit Kollagenasen oder durch Auswanderung in einer physiologischen Kochsalzlösung weiter verarbeitet werden.
Zusätzlich ist ein serologischer Nachweis möglich. Gemeinsame Antigene mit Onchocerca volvulus (Verursacher der Onchozerkose des Menschen) können für die Diagnostik beim Menschen nützlich sein.
Therapie
Die Onchocercose ist in Mitteleuropa nicht therapiebedürftig. Zwar wirkt Ivermectin gegen Mikrofilarien, jedoch kann nicht die erforderliche Wirkstoffkonzentration in Knötchen erreicht werden, um adulte Würmer abzutöten.
Onchocerca-Arten besitzen - wie andere Filarien - bakterielle Endosymbionten der Gattung Wolbachia. Diese übernehmen essenzielle Stoffwechselaufgaben. Aus diesem Grund sind eine Reihe von Antibiotika (z.B. Doxyzyklin, Rifampicin, Oxytetrazyklin) ebenfalls in der Lage, die Zahl der Mikrofilarien drastisch zu reduzieren.
Literatur
- Boch, Josef, Supperer, Rudolf. Veterinärmedizinische Parasitologie. 6. vollständig überarbeitete und erweiterte Auflage. Parey Verlag, 2005
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