Nikotin
nach Jean Nicot (1530 bis 1600), französischer Botschafter in Portugal
Englisch: nicotine
Definition
Chemie
Nikotin ist ein ein Alkaloid mit der Summenformel C10H14N2; es hat bei Zimmertemperatur eine flüssig-ölige Konsistenz und verfärbt sich unter Lufteinfluss bräunlich. Der Geruch erinnert an Tabak.
Pharmakokinetik
Nikotin wird aus den verschiedenen Tabakzubereitungen (Zigaretten, Zigarren, Kautabak, Schnupftabak) unterschiedlich schnell resorbiert. Die schnellste Anflutung erfolgt aus inhaliertem Zigarettenrauch. Aus dem Blut tritt Nikotin schnell über die Blut-Hirn-Schranke in das ZNS über. Nikotin wird in der Leber durch Oxidation zu Cotinin und Nikotin-N-Oxid abgebaut. Nikotin wird zu etwa 90% verstoffwechselt, die Plasmahalbwertzeit beträgt rund 2 Stunden.
Pharmakodynamik
Nikotin erregt die nikotinergen Acetylcholinrezeptoren im PNS und ZNS. Die pharmakologischen Effekte sind sehr vielfältig, unter anderem bewirkt Nikotin:
- Verstärkte Freisetzung von Katecholaminen, u.a. Adrenalin aus dem Nebennierenmark und Noradrenalin im Hypothalamus.
- Zentrale Erhöhung des Sympathikotonus mit Blutdruckanstieg und Herzfrequenzsteigerung
- Steigerung der Magensäure-Sekretion, verminderte Schleimhautdurchblutung. Dadurch ulzerogene Wirkung
- Zentral stimulierende Wirkung im ZNS (in niedrigen Dosen) mit Tremor und Steigerung des Konzentrationsvermögens
- Steigerung der Atemfrequenz
Labormedizin
Im Vergleich zu Nikotin hat sein Abbauprodukt Cotinin eine deutlich verlängerte Plasmahalbwertszeit (20 bis 40 Stunden) und kann in der Labormedizin als spezifischer Marker für einen chronischen Nikotinabusus herangezogen werden.
Material
Für die Untersuchung werden 1 ml Serum oder 10 ml Urin benötigt.
Referenzbereich
Material | Klientel | Cotinin [µg/l] |
---|---|---|
Serum | Nichtraucher | bis 10 |
Passivraucher | bis 85 | |
Raucher | 45 bis 524 | |
Raucher (10 Zigaretten/d) | 45 bis 200 | |
Raucher (20 Zigaretten/d) | 180 bis 524 | |
Urin | Nichtraucher | bis 5 |
Passivraucher | 5 bis 85 | |
Raucher | über 200 |
Toxikologie
Nikotin ist ein starkes Gift, das ähnlich wirksam wie Blausäure ist. Für einen nicht an Nikotin gewöhnten Menschen kann die einmalige Gabe von 60 mg tödlich wirken. Die Angabe von 60 mg entsprechend einer LD50 von 0,8 mg/kgKG ist allerdings in der Literatur umstritten. In einer Publikation von 2013 wird vermutet, dass dieser Wert aus einer unsicher evidenten Angabe eines 1906 veröffentlichten Lehrbuches von Rudolf Kobert stammt.[1]
Toxische Dosen führen zu Übelkeit, Schwindel, Kopfschmerzen, Hypersalivation, Tremor, Diarrhoe, zentraler Erregung und zur zentralen Atemlähmung sowie zum Kreislaufkollaps.
Therapie der Vergiftung
Im Vordergrund stehen resorptionsvermindernde Maßnahmen (Aktivkohle, Natriumsulfat, ggf. Magenspülung). Die weitere Behandlung erfolgt symptomatisch. Atropin kommt nur bedingt als Antidot in Betracht, da es vor allem muskarinerge Acetylcholinrezeptoren und weit weniger stark nikotinerge Rezeptoren besetzt.
Literatur
- Laborlexikon.de; abgerufen am 26.02.2021