N-Acetylneuraminsäure
Synonym: NANA
Englisch: N-Acetyl-Neuraminic-Acid
Definition
Die N-Acetylneuraminsäure, kurz NANA, ist das einzige Derivat der Neuraminsäure, das physiologisch im menschlichen Organismus vorkommt. Daher wird es häufig mit Sialinsäure gleichgesetzt, obwohl Sialinsäure den Oberbegriff für alle N- oder O-acetylierten Neuraminsäurederivate bildet.
Hintergrund
Im menschlichen Körper ist NANA regelmäßig als endständiger Zucker von Glykoproteinen oder als Bestandteil von Gangliosiden, einer Gruppe von Glykolipiden, anzutreffen. Sie ist am Aufbau der Glykokalyx beteiligt und bedingt die negative Ladung der Zellmembran-Oberfläche. Ein N-Acetylneuraminsäure-Polymer kommt in der Zellwand von Colibakterien vor und wird als Colominsäure bezeichnet.
Biosynthese
In einer Kondensationsreaktion erfolgt unter Wasserabspaltung die Produktion von N-Acetylneuraminsäure aus N-Acetyl-Mannosamin und Phosphoenolpyruvat.
Funktion
N-Acetylneuraminsäure dient als terminaler Zucker der Oligosaccharidketten von Sialoglykoproteinen dem Schutz vor dem Abbau dieser Glykoproteine. Dies betrifft insbesondere Plasmaglykoproteine. Sobald sie ihre endständigen N-Acetylneuraminsäure-Moleküle verlieren, werden sie von Asialoglykoproteinrezeptoren der Hepatozyten erkannt, von den Leberzellen internalisiert und abgebaut. Somit sinkt ihre Halbwertszeit im Blut nach Verlust der NANA auf unter 5min.
Als Bestandteil der Glykokalyx, die aus an Proteine gehefteten Oligosaccharidketten der Membran-Außenseite besteht, ist NANA zum einen am Schutz der Zelle vor Erregern, andererseits an der interzellulären Kommunikation und temporären Zell-Zell-Adhäsion beteiligt.
Klinische Bedeutung
Influenza- und Parainfluenzaviren bilden Hämagglutinin, das als Rezeptor für N-Acetylneuraminsäure dient. So können diese Vertreter der Orthomyxoviren an die Epithelzellen des Respirationstraktes binden und in diese eindringen. Nach Infektion der Zelle spaltet die virale Neuraminidase NANA an allen viralen und Wirts-Proteinen ab, um eine Autoagglutinierung der neuen Virusbestandteile mittels Hämagglutinin an Proteine zu verhindern. Da dieser Vorgang für die Infektionsausbreitung eine wichtige Rolle spielt, sind Neuraminidasehemmer, wie Zanamivir und Oseltamivir, effektive Therapeutika in der Frühphase der Infektion.
Salla-Krankheit: Die Neuraminsäure-Speicherkrankheit wird autosomal-rezessiv vererbt. Hier liegt ein lysosomaler Transportdefekt vor, der verhindert, dass Neuraminsäure in Lysosomen aufgenommen und abgebaut wird. Dadurch kommt es zur Akkumulation der Neuraminsäure-Moleküle in der Zelle. Hierdurch wird letztlich die neurologische Symptomatik mit fortschreitendem mentalem Abbau hervorgerufen.
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