Medianusparese
Synonyme: Medianuslähmung, Nervus-medianus-Lähmung
Englisch: median nerve palsy
Definition
Die Medianusparese ist eine Lähmung (Parese) des Nervus medianus. Sie führt unter anderem zur Schwurhand.
Einteilung
Man unterscheidet nach der Lokalisation der Schädigung:
- proximale Medianusparese: Schädigung des Nervus medianus am Oberarm, in der Ellenbeuge oder zwischen den Köpfen des Musculus pronator teres
- distale Medianusparese: Schädigung des Nervus medianus unterhalb des Ellenbogens
Einen Sonderfall stellt der isolierte Ausfall des rein motorischen Medianusastes Nervus interosseus anterior dar.
Ursachen
Proximale Medianusparese
Eine proximale Medianusparese tritt meist infolge einer Fraktur oder Luxation im anatomischen Verlauf des Nerven auf, z.B. bei
In einigen Fällen kann eine Lähmung auch iatrogen nach der chirurgischen Versorgung der o.a. Frakturen (Osteosynthese) entstehen.
Weitere, seltenere Ursachen sind:
- Kompression des Nerven im Rahmen eines Pronator-Teres-Syndroms
- Kompression durch ein Struthers-Ligament
- fehlerhafte Anlage eines peripheren Venenkatheters
- ischämische Schädigung im Rahmen einer Volkmann-Kontraktur
Distale Medianusparese
Die häufigste Ursache der distalen Medianusparese ist die Einengung des Nervus medianus im Karpaltunnel im Rahmen eines Karpaltunnelsyndroms. Es wird meist durch eine chronische Fehlbelastung des Handgelenks ausgelöst. Begünstigend wirken rheumatische Erkrankungen sowie metabolische und endokrinologische Faktoren.
Daneben spielen Schnittverletzungen im Bereich des Handgelenks und distale Radiusfrakturen eine Rolle.
Symptome
Die Symptome bestehen aus Muskellähmungen und Sensibilitätsstörungen im Versorgungsgebiet des Nerven.
Proximale Medianusparese
Die proximale Medianusparese führt zu einem Ausfall der Flexoren der ersten drei Finger. Sie macht sich beim Versuch des Faustschlusses durch die sogenannte Schwurhand bemerkbar. Zusätzlich tritt eine Pronationsschwäche auf.
Der Ausfall der Thenarmuskeln Musculus abductor pollicis brevis und Musculus opponens pollicis schränkt die Opposition und Abduktion des Daumens ein und wird als Atrophie des Daumenballens sichtbar. Dadurch kommt es in Ruhestellung zu einer "Affenhand", bei der alle Finger in einer Ebene stehen.
Sensibilitätsstörungen bestehen an der radialen Handinnenfläche und an der Dorsalseite der Fingerkuppen des Daumens, des Zeige- und Mittelfingers sowie der radialen Hälfte des Ringfingers.
Distale Medianusparese
Die Symptome der distalen Medianusparese entsprechen mit Ausnahme der Schwurhand und der Pronationsschwäche denen der proximalen Parese. Die Fingerbeuger sind nicht betroffen, da die entsprechenden Nervenfasern vor dem Karpaltunnel aus dem Nervus medianus abgehen.
Der isolierte Ausfall des Nervus interosseus anterior führt zum Kiloh-Nevin-Syndrom, bei dem keine Sensibilitätsausfälle auftreten.
Diagnostik
Die Medianusparese lässt sich bereits durch eine klinische Untersuchung mit großer Sicherheit diagnostizieren. Wegweisend sind:
Bei Verdacht auf ein Karpaltunnelsyndrom können zusätzlich das Hoffmann-Tinel-Zeichen und das Phalen-Zeichen aufgerufen werden.
Darüber hinaus hat man die Möglichkeit, gezielt einzelne Muskelfunktionen zu überprüfen, unter anderem durch
- Pronation des Unterarms bei flektiertem Ellenbogen: Musculus pronator teres, Musculus pronator quadratus
- Flexion des Radiokarpalgelenks gegen Widerstand: Musculus flexor carpi radialis
- Flexion der Fingerendglieder gegen Widerstand: Musculus flexor digitorum profundus
- Flexion des Daumenendglieds: Musculus flexor pollicis longus
Apparativ kann die Diagnose durch eine Elektroneurographie (ENG) und/oder Elektromyographie (EMG) gesichert werden.
Therapie
Je nach Ursache lässt sich eine Medianusparese konservativ oder chirurgisch behandeln.
Konservative Therapie
Liegt als Ursache ein Engpasssyndrom zugrunde, kann ggf. durch die Ruhigstellung des Handgelenks, gezielte Physiotherapie und die Gabe von NSAR eine Besserung erreicht werden.
Chirurgische Therapie
Eine traumatische Schädigung mit Durchtrennung des Nerven erfordert einen operativen Eingriff mit mikrochirurgischer Rekonstruktion der Faserbahnen. Bei erhaltener Kontinuität kann eine Neurolyse erfolgreich sein. Irreparable Schäden sind ggf. durch Ersatzoperationen behandelbar.