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Li-Fraumeni-Syndrom

Englisch: Li–Fraumeni syndrome

1. Definition

Das Li-Fraumeni-Syndrom kurz LFS ist ein autosomal-dominant vererbtes Tumorprädispositionssyndrom. Es tritt vorwiegend bei Kindern und Jugendlichen auf, die im Rahmen der Erkrankung multiple Tumoren entwickeln. Dabei sind insbesondere die Nebennieren, die Weichteile, die Knochen und die Brustdrüse betroffen.

2. Epidemiologie

Die Prävalenz wird auf etwa 1 zu 5.000 geschätzt. Allgemein sind etwa 3–5 % der soliden Tumoren auf LFS und andere Tumorprädispositionssyndrome zurückzuführen, was in Deutschland bei jährlich ca. 500.000 Krebsfällen etwa 15.000 bis 20.000 Fälle ausmacht.[1]

3. Ätiologie

Dem LFS liegt eine Keimbahnmutation des Tumorsuppressorgens p53 am Genort 17p13.1 zugrunde. p53 ist ein universeller Transkriptionsfaktor, der den Zellzyklus reguliert. Mutationen führen daher zur unkontrollierten Zellteilung. Der Großteil der Veränderungen ist dabei im Bereich der hochkonservierten Regionen in den Exons 5 bis 9 lokalisiert, Punktmutationen machen dabei über 80 % aller Veränderungen aus.

In 75 % der Fälle wird eine positive Familienanamnese gefunden, 25 % der Fälle sind auf spontane Neumutationen zurückzuführen.

Die auslösende Mutation wird nur bei etwa 70 % der Patienten nachgewiesen.

4. Pathologie

Menschen mit LFS haben im Vergleich zur Gesamtbevölkerung eine 50-fach erhöhte Wahrscheinlichkeit, eine Krebserkrankung bis zum 30. Lebensjahr zu entwickeln. Mit dem Li-Fraumeni-Syndrom assoziiert sind vor allem:

Weitere, jedoch seltener im Rahmen eines LFS vorkommende Neoplasien sind:

5. Symptome

Die Symptome eines am LFS erkrankten Patienten richten sich nach dem Primärtumor bzw. nach den multiplen Primärtumoren. Auch syn- oder metachrone Tumore kommen vor.

6. Diagnose

6.1. Li-Fraumeni-Syndrom

Zur Diagnosestellung werden die Chompret-Kriterien verwendet.[2][3] Die Diagnose wird gestellt bzw. eine p53-Testung ist bei folgenden Konstellationen indiziert:

  • Auftreten eines Tumors des LFS-Spektrums bis Ende des 45. Lebensjahrs und mindestens ein Verwandter ersten oder zweiten Grades mit Tumor des LFS-Spektrums im Alter bis 55 Jahre (eine Ausnahme bildet das Mammakarzinom, wenn auch bei der Indexperson ein Mammakarzinom vorliegt), oder multiplen Tumoren
  • Auftreten mehrerer Tumore (Ausnahme Mammakarzinom), von denen zwei zum LFS-Spektrum gehören und der erste Tumor im Alter < 45 Jahre aufgetreten ist
  • Auftreten eines Nebennierenrinden-Tumors oder Tumor des Plexus choroideus, unabhängig von der Familienanamnese
  • Brustkrebs im Alter < 30 Jahre

Bestätigt wird die Diagnose durch den Nachweis einer p53-Mutation. Diese wird allerdings nicht in allen Fällen gefunden.

6.2. Li-Fraumeni-like-Syndrom

Ein Li-Fraumeni-like-Syndrom (oder Li-Fraumeni-Syndrom 2) wird diagnostiziert, wenn bei einem Patienten alle drei folgenden Kriterien erfüllt sind:

  • ein kindlicher Tumor, Sarkom, Hirntumor oder Nebennierentumor vor dem 45. Lebensjahr
  • ein Verwandter ersten oder zweiten Grades jeglichen Alters mit einem LFS-vergesellschafteten Tumor
  • ein weiterer Verwandter ersten oder zweiten Grades mit Tumor vor dem 60. Lebensjahr

7. Differentialdiagnosen

Zu den Differentialdiagnosen gehören andere Tumorprädispositionssyndrome, wie z.B. der erbliche Brust- und Eierstockkrebs.

8. Therapie

Kausale Behandlungsmethoden sind derzeit (2023) nicht bekannt.

Die Behandlung der Tumoren erfolgt nach dem gleichen Schema wie bei Patienten ohne p53-Mutation. Dabei wird versucht die Strahlenbelastung aufgrund der Gefahr für Zweitmalignome möglichst gering zu halten.

Zwischenzeitlich war das Medikament Advexin für die Zulassung zur Therapie des LFS vorgesehen. Der Wirkmechanismus beruht auf dem Einschleusen intakter p53-DNA in das Genom von Tumorzellen. Advexin wurde im Rahmen des Compassionate Use eingesetzt. Im Jahr 2009 wurde der Antrag auf Zulassung jedoch zurückgezogen.

Bei Mammakarzinomen wird bei gleichzeitig vorliegendem LFS eine Mastektomie der brusterhaltenden Therapie vorgezogen. Im Einzelfall wird auch eine prophylaktische Mastektomie durchgeführt.

Liegt der Verdacht auf LFS vor, wird der Patient engmaschigen Tumorkontrollen (Sonographie, CT, MRT) unterzogen, um auftretende Neoplasien möglichst früh zu erkennen. Bei Mutationsträgern sind u.a. folgende Screening-Verfahren empfohlen (nach den Guidelines des European reference Network GENTURIS):[1][2]

Screening-Empfehlungen des European reference Network GENTURIS
Untersuchung Intervall
Körperliche Untersuchung ab Geburt alle 6–12 Monate; ab 18 Jahren jährlich
Ganzkörper-MRT ab Geburt jährlich (bei Vorliegen einer pathogenen Keimbahn-Mutation oder bei Z.n. Chemo- oder Radiotherapie); sonst ab 18 Jahren jährlich
Mamma-MRT vom 20. bis 65. Lebensjahr jährlich
Schädel-MRT ab Geburt jährlich (bei Vorliegen einer pathogenen Keimbahn-Mutation); sonst ab 18 Jahren jährlich; einmalig mit Kontrastmittel
Abdomensonographie bis 18 Jahre alle 6 Monate
Steroidhormone im Urin bis 18 Jahre alle 6 Monate (sofern die Nebennieren im Ultraschall nicht ausreichend darstellbar sind)
Koloskopie alle 5 Jahre ab 18 Jahren bei positiver Familienanamnese oder Z.n. Bestrahlung im Abdomen

9. Quellen

10. Einzelnachweise

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