Schwarze Witwe
Synonyme: Echte Witwe
Zoologische Bezeichnung: Latrodectus sp.
Englisch: black widow spider
Definition
Bei den Schwarzen Witwen handelt es sich um giftige Spinnentiere (Arachnida) der Gattung Latrodectus aus der Familie der Kugelpinnen, die über weite Teile der Erde in wärmeren Gebieten beheimatet sind.
Arten
Toxikologisch und epidemiologisch relevant sind vor allem folgende Arten:
- Latrodectus mactans (Südliche Schwarze Witwe; US-Südstaaten, Mexiko)
- Latrodectus hesperus (Süd-Kanada, West-USA, Mexiko)
- Latrodectus variolus (USA, Kanada)
- Latrodectus tredecimguttatus (Europäische Schwarze Witwe; Mittelmeerraum)
- Latrodectus hasselti (Rotrückenspinne; Asien, Australien)
- Latrodectus indistinctus (Afrika)
Merkmale
Es handelt sich um in der Regel ca. 1 cm große Spinnen mit kugeligem Hinterleib (Abdomen). Männchen sind in der Regel kleiner als Weibchen. Zumeist weisen die Tiere eine schwarze Grundfärbung auf. Der Körper der Weibchen ist in der Regel von roten Punkten gezeichnet, einige Arten weisen eine charakteristische sanduhrförmige Zeichnung auf. Auch einfarbige Exemplare können auftreten. Die Männchen besitzen meist eine Zeichnung von feinen Linien an der Seite. Schwarze Witwen weisen zwar verhältnismäßig kleine Chelizeren (Kieferklauen) auf, können mit diesen aber dennoch die menschliche Haut durchdringen und ihr Gift injizieren (nur die Weibchen!). Vermutlich ist dies darauf zurückzuführen, dass häufig Käfer von diesen Spinnen erbeutet werden. Käfer besitzen einen harten Panzer aus Chitin - um diesen zu durchdringen, sind gut ausgebildete Kieferwerkzeuge erforderlich. Männchen besitzen wesentlich kleinere Beißwerkzeuge als Weibchen.
Bezeichnung
Die Bezeichnung "Witwe" rührt daher, dass die Weibchen die Männchen nach dem Begattungsakt gelegentlich töten und auffressen (was jedoch unter Spinnen nicht selten ist).
Epidemiologie
Vor allem in den USA kommt es immer wieder zu Bissunfällen mit Schwarzen Witwen. Der Grund dafür ist, dass die Tiere in die Gärten und zum Teil sogar die Behausungen der Menschen eindringen. Auch in Australien kommt es häufig zu Bissunfällen, gelegentlich auch in Südeuropa. Auf Campingplätzen ist das Risiko eines Bissunfalls größer, zum Beispiel auf Campingtoiletten. Arbeiter in der Landwirtschaft sind auch häufig betroffen. Habermehl (1981) gibt für die USA im Zeitraum von 1959-1973 1726 Bissunfälle mit 55 Todesfällen an.
Toxikologie
Dem Menschen gefährlich werden nur ausgewachsene Weibchen. Der Biss fällt häufig nicht sofort auf, Schmerzen treten an der Bissstelle zumeist zeitverzögert auf. Das Gift der Schwarzen Witwen ist ein Gemisch hoch wirksamer Neurotoxine:
- Latrotoxine (z.B. alpha-Latrotoxin): große Moleküle mit exzitatorischer Wirkung im peripheren Nervensystem; Latrotoxine treten in Wechselwirkung mit Neurexin und führen zu einer dauerhaften Öffnung von Calciumkanälen in der Präsynapse. Dadurch werden vermehrt und unkontrolliert Neurotransmitter wie Acetylcholin und Noradrenalin freigesetzt und es kommt zu einer Dauererregung. Die Folge sind Krämpfe.
Akute Toxizität
Es liegen nach Habermehl (1981) folgende Daten zur mittleren Letaldosis vor (L. tredecimguttatus):
- Frosch: 145 mg/kg
- Maus: 0,9 mg/kg
- Meerschweinchen: 0,075 mg/kg
- Ratte: 0,21 mg/kg
Symptome
Symptome nach dem Biss sind: Lokalsymptome (Schmerz, Erythem, u.a.) treten zwischen 0,5 und 3 Stunden nach dem Biss auf. Wichtigste Erscheinungen sind zunehmende, zum Teil massivste Muskelschmerzen in den Gliedmaßen und im Abdomen. Akutes Abdomen und Herzinfarkt können auftreten. Weiterhin: Lymphadenitis, unwillkürliche Kontraktionen der Gesichtsmuskeln, Bradykardie oder Tachykardie, Erektion, Angst, Agitation, Ohnmacht, Schock, lokale Ödeme, Lungenödem.
Der Tod kann eintreten, wenn die Atemmuskulatur verkrampft und die Atmung somit eingeschränkt oder unterbunden wird. Außerdem sind Herzinfarkt und Schlaganfall häufige Todesursache nach dem Biss von Schwarzen Witwen. Wird ein Giftbiss dieser Spinnen sachgerecht behandelt, liegt die Letalität bei circa einem Prozent.
Therapie
- Muskelrelaxation (z.B. durch Benzodiazepine)
- Calciumgluconat gegen Muskelschmerzen
- Analgesie (ggf. Opioide; atemdepressive Wirkung beachten!)
- Antiserum: gut und zügig wirksam, vor allem gegen Schmerzen; die verschiedenen Antisera sind polyvalent.
- Antivenin Latrodectus mactans (Merck, Sharp and Dohme)
- Anti-Latrodectus Mactans tredecimguttatus Serum (Institut of Immunology, Zagreb, Kroatien)
- Spider Antivenom (SAIMR, Sandringham, Südafrika)
- Red-backed Spider Antivenom (CSL, Parkville, Australien)
Medizinische Nutzung
Die Forschung arbeitet derzeit an der Entwicklung eines neuartigen Arzneistoffs zur Therapie der erektilen Dysfunktion auf Basis der Toxine von Latrodectus-Arten.
Literatur
- Bellmann: Kosmos Atlas Spinnentiere Europas, Kosmos Verlag, 2001.
- Habermehl: Venomous Animals and ther Toxins, Springer, 1981.
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