Large Vessel Occlusion
Synonyme: Large Vessel Occlusion Stroke, Großgefäßverschluss, Hauptstammverschluss, Major vessel occlusion (veraltet)
Definition
Eine Large Vessel Occlusion, kurz LVO, bezeichnet den Verschluss einer großen intrakraniellen Arterie mit resultierendem Schlaganfall. Typischerweise sind dabei die Arteria cerebri media (M1-Segment), die Arteria cerebri anterior (A1/A2), die Arteria cerebri posterior (P1/P2), die distale Arteria carotis interna (ICA-T) oder die Basilarisarterie betroffen. LVOs sind eine der häufigsten Ursachen schwerer ischämischer Schlaganfälle.
Epidemiologie
LVOs sind bei etwa 24–46 % aller akuten ischämischen Schlaganfälle nachweisbar. Die Inzidenz steigt mit dem Alter und ist häufig mit kardiogenen Embolien, insbesondere bei Vorhofflimmern, assoziiert.[1]
Klinik
LVOs gehen in der Regel mit ausgeprägten neurologischen Ausfällen einher. Charakteristisch sind Hemiparesen, Aphasie, Blickdeviationen und Bewusstseinsstörungen. Die NIHSS-Scores liegen typischerweise deutlich höher als bei Verschlüssen kleiner Gefäße. Klinische Prädiktionsscores wie der FAST-ED, RACE oder NIHSS ≥ 10 werden zur LVO-Vermutung im prähospitalen Setting genutzt.
Diagnostik
Die Bildgebung umfasst standardmäßig eine kraniale CT oder MRT und eine CT-Angiografie (CTA) bzw. MR-Angiografie (MRA). In der Angiografie sind LVOs zuverlässig nachweisbar. Ergänzend kann die Perfusionsbildgebung zur Einschätzung von Ischämie-Kern und penumbraler Gewebsreserve verwendet werden.
Differentialdiagnosen
- Verschlüsse kleinerer Gefäße (z.B. lakunäre Infarkte)
- Schlaganfallmimics (z.B. epileptische Anfälle, Hypoglykämie)
- Dissektionen oder vaskulitische Prozesse
Therapie
Die mechanische Thrombektomie ist bei LVO der Goldstandard, sofern der Patient in einem geeigneten Zeitfenster (bis zu 24 Stunden bei positiver Bildgebung) identifiziert wird. Die intravenöse Thrombolyse bleibt ergänzend indiziert, wenn keine Kontraindikationen vorliegen. Die bestmögliche Versorgung erfolgt in spezialisierten Schlaganfallzentren ("Stroke Center").
Prognose
Unbehandelte LVOs haben eine hohe Morbidität und Mortalität. Die funktionelle Prognose hängt wesentlich vom Zeitpunkt der Reperfusion, dem Kollateralstatus und dem Infarktausmaß ab. Eine frühzeitige Rekanalisation ist entscheidend für ein günstiges Outcome.[2]
Quellen
- ↑ Goyal M, Menon BK, van Zwam WH, et al. Endovascular thrombectomy after large-vessel ischaemic stroke: a meta-analysis of individual patient data from five randomised trials. Lancet. 2016;387(10029):1723-1731. doi:10.1016/S0140-6736(16)00163-X
- ↑ Saver JL, Goyal M, Bonafe A, et al. Stent-retriever thrombectomy after intravenous t-PA vs. t-PA alone in stroke. N Engl J Med. 2015;372(24):2285-2295. doi:10.1056/NEJMoa1415061