Infantile neuroaxonale Dystrophie
nach dem österreichischen Neurologen Franz Seitelberger (1916-2007)
Synonyme: INAD1, Seitelberger Krankheit, Phospholipase A2-assoziierte Neurodegeneration, PLAN2
Englisch: phospholipase A2-associated neurodegeneration, Seitelberger Disease, neurodegeneration with brain iron accumulation A
Definition
Die Infantile neuroaxonale Dystrophie, kurz INAD, ist eine angeborene Form der Neurodegeneration mit Eisenablagerung im Gehirn, die sich im Kindesalter manifestiert. Die INAD ist unter anderem durch eine Verzögerung und Regression der psychomotorischen Entwicklung gekennzeichnet.
Epidemiologie
Die Prävalenz der INAD ist nicht bekannt.
Genetik
Die infantile neuroaxonale Dystrophie wird autosomal-rezessiv vererbt. Ursache der INAD sind Mutationen im PLA2G6-Gen auf Chromosom 22 an Genlokus 22q13.1. Dieses Gen kodiert für eine A2-Phospholipase. Dabei handelt es sich um eine Enzymklasse, die unter anderem die Freisetzung von Fettsäuren aus Phospholipiden katalysiert.
Pathophysiologie
Die genaue Pathophysiologie der Erkrankung ist derzeit (2022) noch nicht eindeutig geklärt.
Durch Mutationen des PLA2G6-Gens kommt es zu Veränderungen im Phospholipidstoffwechsel, die zu Eisenansammlungen in den Basalganglien führen.
Symptome
Die INAD manifestiert sich meist im Alter von sechs Monaten bis drei Jahren. Bis zu diesem Zeitpunkt entwickeln sich die betroffenen Kinder in der Regel noch ohne Einschränkungen. Die Erkrankung ist durch eine Verzögerung und Regression der psychomotorischen Entwicklung und eine Optikusatrophie, die nach ungefähr 10 bis 24 Monaten zur vollständigen Erblindung führt, gekennzeichnet.[1][2]
Weitere Symptome einer INAD sind:[1]
- Verzögerte Gehentwicklung und Gangstörung
- Rumpfhypotonie
- Tetraparese (meist spastisch)
- Demenz
- Visuelle Störungen (z.B. Schielen, Fehlsichtigkeit, Nystagmus, unkoordinierte Augenbewegung)
- Epileptische Anfälle
Diagnostik
Die Verdachtsdiagnose einer INAD wird durch die Kombination aus klinischen, neuroradiologischen und neurophysiologischen Befunden gestellt.
Im Rahmen der körperlichen Untersuchung zeigen sich häufig abgeschwächte Sehnenreflexe und positive Pyramidenbahnzeichen.[2]
In der Magnetresonanztomographie ist bereits in jungem Alter eine Atrophie des Kleinhirns erkennbar. Visuell evozierte Potenziale geben Hinweise auf eine zunehmende Leitungsstörung in Folge der Optikusatrophie. Im EEG ist eine hochamplitudige Beta-Aktivität detektierbar.[2]
Gesichert wird die Diagnose einer INAD durch eine molekulargenetische Analyse.
Differenzialdiagnosen
Mögliche Differenzialdiagnosen der INAD sind beispielsweise:[1]
Therapie
Derzeit (2022) existiert keine kausale Therapie der Erkrankung. Die INAD wird ausschließlich symptomatisch bzw. palliativ behandelt. Die Therapie umfasst zum einen die medikamentöse Behandlung der epileptischen Anfälle und der Spastiken sowie die Durchführung von Physiotherapie. Zum anderen wird Baclofen (oral oder intrathekal) eingesetzt. Eine Behandlung mit eisenbindenden Substanzen wird, aufgrund einer mangelnden Wirksamkeit, nicht empfohlen.[1]
Prognose
Die Symptome der INAD nehmen in ihrer Schwere rasch zu. Die meisten Patienten versterben vor ihrem zehnten Lebensjahr.[2]
Quellen
- ↑ 1,0 1,1 1,2 1,3 Orphanet - Infantile neuroaxonale Dystrophie, abgerufen am 08.12.2021
- ↑ 2,0 2,1 2,2 2,3 Springermedizin - Infantile neuroaxonale Dystrophie, abgerufen am 08.12.2021