Imidacloprid
Synonym: BAY NTN 33893
Handelsnamen: Advantage®, Advocate®, Seresto®, Bayvantage®, Midaspot® uvm.
Englisch: imidacloprid
Definition
Imidacloprid ist ein neurotoxisch wirkendes Insektizid, das als Kontakt- und Fraßgift zur Schädlingsbekämpfung und zur Saatgutaufbereitung sowie als Tierarzneimittel zur Bekämpfung von Ektoparasiten (Flöhe und Läuse) eingesetzt wird.
Chemie
Imidacloprid ist ein chloriertes Nikotinderivat und gehört zur ersten Generation der Wirkstoffgruppe der synthetischen Neonicotinoide (Nitromethyleninsektizide). Es wird durch die Umsetzung von 2-Nitroiminoimidazolidin mit 2-Chlor-5-chlormethylpyridin in Gegenwart eines Alkalicarbonats als Base und eines organischen Lösungsmittels unter Rückflussbedingungen hergestellt.[1] Die Summenformel ist C9H10ClN5O2. Der chemische Name lautet:
- (2E)-1-[(6-chloropyridin-3-yl) methyl]-N-nitroimidazolidin-2-imin (IUPAC)
Die molare Masse beträgt 255,66 g/mol, der Oktanol-Wasser-Koeffizient (logP) 0,65. Die CAS-Nummer lautet 138261-41-3.
Die Substanz liegt bei Raumtemperatur als farbloses bis beiges kristallines Pulver vor, das in Wasser schwer löslich ist (613 mg/L bei 20 °C).
Wirkmechanismus
Imidacloprid wirkt neurotoxisch, indem es die postsynaptischen nikotinergen Acetylcholinrezeptoren im Nervensystem der Insekten blockiert. Durch eine Dauerdepolaristation wird die cholinerge Reizleitung unterbrochen. Das führt bei Insekten zu schweren motorischen Störungen. Der Tod wird durch Atemlähmung verursacht. Die Affinität zu nikotinartigen Acetylcholinrezeptoren ist bei den Insekten etwa 1.000-mal größer als bei Säugetieren.[2]
Innerhalb von 24 Stunden nach Applikation sind alle adulten Flöhe abgetötet. Da Imidacloprid adultizid und larvizid wirkt, wird auch die Larvenentwicklung auf abfallenden Hautschuppen fast vollständig unterdrückt. Eine Umgebungsbehandlung ist daher bei der Flohbekämpfung nicht zwingend erforderlich. Eine Residualwirkung besteht über 4 bis 5 Wochen nach der ersten Anwendung.
Pharmakokinetik
Imidacloprid verteilt sich in der Lipidschicht der Haut- und Haaroberfläche, wenn das Präparat als Spot-on topisch zur Anwendung kommt. Nach oraler Applikation wird Imidacloprid vollständig resorbiert. Die Biotransformation erfolgt zu 6-Chloronikotinsäure, die mit Glycin konjugiert oder zu Guanidin reduziert wird. Die Metaboliten werden innerhalb von 48 Studen hauptsächlich mit dem Urin (70 - 80 %) und zu einem geringeren Teil mit den Fäzes (20 - 30 %) ausgeschieden.
Indikation
| Tier | Parasiten |
|---|---|
| Hund | Ctenocephalides spp., Linognathus sestosus, Trichodectes canis |
| Katze | Ctenocephalides spp. |
Dosierung
Nebenwirkungen
Wird Imidacloprid oral aufgenommen (z.B. bei Katzen infolge intensiver Fellpflege), kann es vorübergehend zu Speicheln und Würgen kommen. Aufgrund dessen sollte der Applikationsort immer so gewählt werden, dass die Tiere bei der Körperpflege nicht an das Arzneimittel kommen (z.B. im Nacken oder zwischen den Schulterblättern).
Kontraindikation
- Welpen unter 8 Wochen
Toxizität
Imidacloprid verfügt über eine große therapeutische Breite. Die mittlere letale Dosis (LD50) ist mehr als 500-mal größer als die therapeutische Dosis, sodass beim Hund z.B. Einzeldosen von 200 mg/kgKG sowie die tägliche Verabreichung der 5-fachen Dosis über 3 Tage hinweg keine unerwünschten Nebenwirkungen hervorgerufen haben.
Schwere und zum Teil tödlich verlaufende Vergiftungen beim Menschen wurden nach der Ingestion flüssiger Zubereitungen beschrieben. Es ist davon auszugehen, dass es zu Bewusstlosigkeit, Krampfanfällen und schweren kardiovaskulären Störungen (z.B. Bradykardie, ventrikuläre Rhythmusstörungen, Kreislaufstillstand) mit Multiorganversagen kommen kann.[3][4][5] Eine primäre Giftentfernung durch Verabreichung von Aktivkohle kann innerhalb einer Stunde nach der Ingestion erwogen werden, sollte aber wegen der Aspirationsgefahr nur unter Intubationsschutz erfolgen. Bei Verdacht auf eine Verätzung durch das Lösungsmittel (N-methyl-2-pyrrolidon) ist ein solches Vorgehen kontraindiziert. Die weitere Behandlung erfolgt in jedem Fall symptomatisch. Ein spezifisches Antidot steht bisher (2025) nicht zur Verfügung. Maßnahmen der sekundären Giftentfernung sind nicht indiziert.
ATC vet-Code
- QP53AX17 - Antiparasitika, Insektizide und Repellents - Andere Ektoparasitizide zur topischen Anwendung
Quellen
- ↑ Process for preparing imidacloprid. Patent US6307053B1, Bayer, abgerufen am 06.05.2025
- ↑ Yamamoto I et al. Molecular mechanism for selective toxicity of nicotinoids and neonicotinoids. J Pesticide Sci 1995
- ↑ Yeh IJ, Lin TJ, Hwang DY. Acute multiple organ failure with imidacloprid and alcohol ingestion. Am J Emerg Med. 2010
- ↑ Shadnia S, Moghaddam HH. Fatal intoxication with imidacloprid insecticide. Am J Emerg Med. 2008
- ↑ Proença P et al. Two fatal intoxication cases with imidacloprid: LC/MS analysis. Forensic Sci Int. 2005
Weblinks
- Imidacloprid. CliniPharm CliniTox, abgerufen am 06.05.2025
- Imidacloprid. Drugbank, abgerufen am 06.05.2025
- Imidacloprid. GESTIS-Stoffdatenbank, abgerufen am 06.05.2025
- Imidacloprid. PARCopedia, abgerufen am 06.05.2025