Große Kapuzinerkresse
Synonym: Tropaeolum majus
Definition
Die große Kapuzinerkresse ist eine Zier- und Nutzpflanze aus der Gattung der Kapuzinerkressen (Trropaeolum). Sie wurde 2013 zur Arzneipflanze des Jahres gewählt. Das frische oder getrocknete Kraut dieser Pflanze ((Tropaeoli herba) wird in der Phytotherapie in Kombination mit Meerrettich zur Behandlung von Infektionen der Atemwege und der Harnwege eingesetzt.
Systematik
Botanik
Die Große Kapuzinerkresse ist eine kriechende oder kletternde, krautige Pflanze. Die schildförmigen, lang gestielten Blätter haben einen Durchmesser von 3 bis 5 cm. Durch die Oberflächenstruktur der Blätter kommt es zum sogenannten Lotus-Effekt. Wassertropfen perlen von der Blattoberfläche ab, anstatt diese zu benetzen und nehmen dabei Schmutzpartikel mit.
Die meist einzeln in den Blattachseln stehenden Blüten sind rot, gelb oder orange gefärbt. Sie bestehen aus 5 Blütenblättern, wobei die Kelchblätter zu einem Kelch mit einer Oberlippe aus 3 und einer Unterlippe aus 2 verwachsenen Kelchblättern geformt sind. Der Kelch bildet einen 3 cm langen, spitz zulaufenden Honigsporn, der einen süß-scharf schmeckenden Saft bildet. Die Blütenknospen erinnern in ihrer Form an Kapern. Die Blütezeit ist Juni/Juli.
Inhaltsstoffe
Die Kapuzinerkresse enthält Senfölglykoside (Glucosinolate). Diese kommen beim Zerschneiden und Trocknen der Pflanze mit dem intrazellulären Enzym Myrosinase in Kontakt. Die Senfölglykoside werden dadurch hydrolysiert. Durch die Abspaltung des Zuckerrests lagern sich die Senfölglykoside zu flüchtigen, scharf schmeckenden Senfölen um. Im Kapuzinerkressenkraut dominiert Glucotropaeolin, das sich nach der Hydrolyse zu Benzylisothiocyanat (Benzylsenföl) umlagert. Dieser sekundäre Pflanzenstoff schützt die Kapuzinerkresse vor Fraßschäden und mikrobiellem Befall.
Die Blätter enthalten weiterhin viele Vitamine (v.a. Vitamin C), Oxalsäure und Flavonoide. Die Blüten besitzen unter anderem Carotinoide.
Wirkung
Die arzneiliche Haupteigenschaft der Pflanze liegt in ihrer antibakteriellen Wirkung, für die vor allem die Glucosinolate verantwortlich sind. Senföle werden nach oraler Aufnahme früh und komplett im oberen Dünndarm resorbiert, sodass das körpereigene Mikrobiom weitgehend unbeeinflusst bleibt. Die Pflanzenstoffe werden über die Harn- und Atemwege ausgeschieden und reichern sich dort in einer therapeutisch wirksamen Konzentration an. So können die Erreger direkt am Ort des Krankheitsgeschehens bekämpft werden.
Benzylsenföl hemmt das Wachstum von zahlreichen bakteriellen Krankheitserregern – darunter gramnegative Spezies wie Entero- und Staphylokokken sowie grampositive Keime wie Escherichia coli, Haemophilus influenzae und Proteus mirabilis. Zusätzlich werden die Toxine der Bakterien inaktiviert. Die Hemmwirkung auf Escherichia coli und Enterokokken spielt besonders im Bereich der Harnwege eine wichtige Rolle. Zusätzlich zu der wachstumshemmenden Wirkung unterdrückt Benzylsenföl auch das bakterielle Kommunikationssystem, das sogenannte Quorum Sensing (QS), welches für die Biofilmbildung und somit die Pathogenese einiger Bakterienspezies essentiell ist.
Benzylsenföl besitzt weiterhin entzündungshemmende Eigenschaften. Der pflanzliche Wirkstoff greift in die Prostaglandinkaskade ein und soll die Bildung proinflammatorischer Mediatoren beeinflussen. Bestätigt wurden weiterhin antivirale, antimykotische und hyperämisierende (durchblutungsfördernde) Wirkung der Kapuzinerkresse.
Anwendung
Bereits die Inkas nutzten die Kapuzinerkresse als Garten- und Heilpflanze zur Schmerz- und Wundbehandlung. Mönche wie der Jesuit Bernabé Cobo (1582-1657) haben die Große Kapuzinerkresse beschrieben. In der zweiten Hälfte des 16. Jahrhunderts wurde die Große Kapuzinerkresse in Europa bekannt. Zunächst galt sie vorwiegend als Zierpflanze. Im 18. Jahrhundert wurde sie aufgrund ihres hohen Vitamin-C-Gehalts vor allem gegen Skorbut eingesetzt.
In der Volksmedizin der Indianer Südamerikas wird die Pflanze heute noch bei Hautkrankheiten, Skorbut, Vergiftungen, Kopfschmerzen, Husten und Bronchitis verwendet.
Heute wird das frische oder getrockenete Kraut der großen Kapuzinerkresse vor allem zur Behandlung von bakteriellen Infektionen der Harnwege und viralen bzw. bakteriellen Erkältungskrankheiten, wie z.B. Sinusitis und Bronchitis, genutzt. Nach der 2017 aktualisierten S3-Leitlinie zu unkomplizierten Harnwegsinfektionen kann die Behandlung mit Kapuzinerkressenkraut in Kombination mit Meerrettichwurzel (Angocin®) als phytotherapeutische Option bei häufig wiederkehrenden Infektionen der Harnwege erwogen werden.[1]
Eine weitere Anwendung von Kapuzinerkressenkraut sind äußere Beschwerden wie Muskelschmerzen, da das Benzylsenföl aus der Kapuzinerkresse die Durchblutung des Gewebes fördert.
Nebenwirkungen/Kontraindikationen
Nebenwirkungen treten selten auf. Bei sehr empfindlichen Personen kann es durch die Senföle zu einer leichten Reizung der gastrointestinalen Schleimhäute kommen. Vorsicht ist deshalb bei Patienten mit gastroduodenaler Ulkuskrankheit angeraten.
Quellen
- ↑ S3-Leitlinie Harnwegsinfektionen, Stand 2017 abgerufen am 25.03.2020