Fibrodysplasia ossificans progressiva
Synonyme: Fibrodysplasia ossificans muliplex progressiva, Myositis ossificans progressiva, Münchmeyer-Syndrom
Englisch: Fibrodysplasia ossificans progressiva, stoneman disease
Definition
Die Fibrodysplasia ossificans progressiva, kurz FOP, ist eine seltene Erbkrankheit, bei der Ligamente, Sehnen oder Muskeln spontan oder nach Traumata ossifizieren.
- ICD-10 Code: M61.1
Epidemiologie
Weltweit sind etwa 600 Menschen von der Fibrodysplasia ossificans progressiva betroffen. Die Seltenheit der Erkrankung ist unter anderem auch darauf zurückzuführen, dass ein autosomal-dominanter Erbgang besteht. Da Betroffene nur selten Kinder zeugen, wird die Erkrankung kaum weitergegeben.
Ätiopathogenese
Die FOP wird durch eine Gain-of-Function-Mutation des ACVR1-Gens ausgelöst, das für den Aktivin-A-Rezeptor Typ 1 kodiert. Der Rezeptor wird durch knochenmorphogenetische Proteine (BMPs) aktiviert und spielt in der Embryonalphase eine entscheidende Rolle bei der Knochen- und Knorpelbildung. Bei normaler Entwicklung ist die Aktivität des Rezeptors strikt reguliert, durch die Mutation wird jedoch die Inaktivierung gestört.
Bei jeder Art von Trauma produzieren Fibrozyten bei der Wundheilung Knochengewebe statt Narbengewebe. Dadurch erfolgt im Rahmen ständiger banaler Traumata, die ein Mensch im Laufe des Lebens erleidet, kein normaler Reparaturvorgang mit Restitutio ad integrum oder Narbenbildung aus Bindegewebe, sondern eine Verknöcherung verletzten Muskelgewebes durch heterotope Ossifikation.
Klinik
Bereits bei Geburt liegen als unspezifisches Symptom verkürzte und verdrehte Großzehen vor. Mit zunehmendem Alter manifestiert sich die Verknöcherung des Muskelgewebes in der Regel von kranial nach kaudal, beginnend am Hals, fortschreitend über die Extremitäten und den Rumpf.
Im Rahmen der Schübe kommt es zu entzündlichen Veränderungen betroffener Muskeln, die unter anderem mit Hyperämie und Ödembildung einhergehen. Nach wenigen Tagen bildet sich die Entzündung zurück. Das betroffene Muskelgewebe wird durch Knochen ersetzt, was sich durch Röntgenaufnahmen nachweisen lässt.
Im weiteren Verlauf kommt es zu zunehmender funktioneller Verstümmelung des Bewegungsapparates. Bedrohlich und prognostisch limitierend sind durch Verknöcherungen kompromittierte Organfunktionen. So kommt es beispielsweise durch die schrittweise ablaufende komplette Verknöcherung des Thorax zunehmend zur Behinderung der Atmung.
Differentialdiagnosen
Therapie
Es gibt derzeit (2024) in der EU keine verfügbare Kausaltherapie. In Kanada und den USA ist der Wirkstoff Palovaroten (Sohonos®) für die Therapie zugelassen, der den BMP-Signalweg hemmt. Von der EMA wurde die Zulassung wegen unzureichender Wirksamkeit und einem zu hohen Risiko für bestimmte Nebenwirkungen abgelehnt.
Während eines akuten Schubs können hoch dosierte Kortikosteroide verabreicht werden, um Entzündungen und Ödeme zu mindern. Zudem sollten durch verschiedenste Vorsichtsmaßnahmen die Gefahr von Stürzen minimiert werden.
In jedem Fall kontraindiziert sind die chirurgische Korrektur betroffener Körperabschnitte und intramuskuläre Injektionen, da hierdurch neue Traumata und somit Verknöcherungsreize gesetzt werden.
Literatur
- Kaplan et al., Fibrodysplasia ossificans progressiva, Best Pract Res Clin Rheumatol, 2008
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