Erenumab
Handelsname: Aimovig®
Synonyme: AMG-334
Definition
Erenumab ist monoklonaler Antikörper, der an den CGRP-Rezeptor bindet und zur Migräneprophylaxe eingesetzt wird.
Biochemie
Erenumab ist ein humaner monoklonaler Antikörper aus der Klasse der IgG2-Antikörper. Er hat ein Molekulargewicht von rund 150 kDa.
Wirkmechanismus
Calcitonin Gene-Related Peptide (CGRP) besteht aus 37 Aminosäuren und wird durch gewebespezifisches alternatives Splicing aus dem gleichen Gen wie Calcitonin gebildet. CGRP ist ein wichtiger Faktor für die Auslösung von Migräneanfällen. Es bindet an den CGRP-Rezeptor und hat stark gefässerweiternde Eigenschaften. Dadurch spielt es bei der Schmerzauslösung eine zentrale Rolle. Bei Migränikern lassen sich u.a. durch die intravenöse Gabe von CGRP Schmerzanfälle auslösen.
Erenumab konkurriert mit CGRP um die Bindung an den CGRP-Rezeptor und blockiert dadurch dessen Wirkung. Das führt zu einer verminderten Frequenz von Migräneanfällen bzw. zu längeren anfallsfreien Intervallen. Erenumab zeigt keine signifikante Aktivität an anderen Rezeptoren der Calcitonin-Familie.
Wirkstoffe mit ähnlichem Wirkmechanismus aus der Klasse der CGRP-Inhibitoren sind Eptinezumab, Fremanezumab und Galcanezumab.
Pharmakokinetik
Die maximale Plasmakonzentration wird etwa 4-6 Tage nach der Applikation erreicht. Das mittlere Verteilungsvolumen lag nach i.v.-Applikation von 140 mg Erenumab bei rund 3,8 l. Die Eliminationshalbwertszeit von Erenumab beträgt rund 28 Tage. Die Metabolisierung erfolgt wie der Abbau körpereigener Immunglobuline durch Proteolyse - dabei entstehen Peptidfragmente und Aminosäuren.
Eine reduzierte Leber- oder Nierenfunktion hat keinen wesentlichen Einfluss auf die Pharmakokinetik von Erenumab.
Klinische Wirkung
Die Wirksamkeit von Erenumab wurde in klinischen Studien mit Patienten, die an episodischer oder chronischer Migräne litten, überprüft. Bei Patienten mit chronischer Migräne nahm nach 12 Wochen die Anzahl der monatlichen Migränetage (MMT) unter Erenumab um 6,6 Tage ab, unter Placebo um 4,2. Bei Patienten mit episodischer Migräne, die durchschnittlich an acht Tagen pro Monat an Migräne litten, konnte Erenumab die Anzahl der Migränetage um 3,2 (70 mg) oder 3,7 Tage (140 mg) reduzieren. Unter Placebo betrug die Reduktion 1,8 Tage.
Indikation
- Prävention von Migräne bei Erwachsenen, die mindestens vier Migränetage pro Monat haben.
Applikationsform
Erenumab liegt in Form von Fertigspritzen oder als vorbefüllter Pen (Fertigpen) mit einem Wirkstoffgehalt von 70 mg/ml zur subkutanen Injektion vor.
Hilfsstoffe
Dosierung
Die empfohlene Dosis beträgt 70 mg Erenumab s.c. alle 4 Wochen. Die Dosis kann auf bis zu 140 mg/Monat gesteigert werden.
Hinweis: Diese Dosierungsangaben können Fehler enthalten. Ausschlaggebend ist die Dosierungsempfehlung in der Herstellerinformation.
Lagerung
Erenumab muss bei 2°C bis 8°C im Kühlschrank gelagert werden. Der Wirkstoff darf nicht eingefroren werden.
Nebenwirkungen
- Überempfindlichkeit gegenüber dem Wirkstoff
- Lokalreaktionen an der Injektionsstelle
Weitere häufige Nebenwirkungen (≥ 1/100, < 1/10) waren Obstipation, Pruritus und Muskelspasmen.
Da die genauen Aufgaben von CGRP noch nicht vollständig aufgeklärt sind, ist die Wirkung einer langfristigen Blockage des Neuropeptids noch nicht abzusehen.[1]
Wir andere monoklonale Antikörper wirkt Erenumab immunogen und kann eine Antikörperbildung gegen den Wirkstoff induzieren.
Zulassung
Nutzenbewertung
Das Nutzenbewertungs-Dossier des IQWiG für Erenumab sieht bei Patientinnen und Patienten, die auf mehrere Wirkstoffe (Betablocker, Flunarizin, Topiramat, Amitriptylin, Valproinsäure oder Botulinumtoxin) nicht ansprechen oder diese nicht vertragen, einen Hinweis auf einen beträchtlichen Zusatznutzen. Bei unbehandelten Patienten oder Patienten, die auf mindestens eine prophylaktische Medikation nur unzureichend angesprochen haben, gilt der Zusatznutzen als nicht belegt.[2]
Kosten
Die Jahrestherapiekosten für eine Therapie mit Erenumab liegen gerundet zwischen 8.300 und 16.600 €.[2]
Quellen
- ↑ Marie Deen et al.: Blocking CGRP in migraine patients – a review of pros and cons; J Headache Pain. 2017; 18(1): 96. Published online 2017 Sep 25. doi: 10.1186/s10194-017-0807-1 PMCID: PMC5612904
- ↑ 2,0 2,1 IQWiG-Berichte – Nr. 717 Erenumab (Migräne) – Nutzenbewertung gemäß § 35a SGB V Auftrag: A18-71 Version: 1.0 Stand: 30.01.2019