von griechisch: Dysphoria - Unbehaglichkeit, schlechte Laune
Synonyme: anhaltende leichte depressive Störung, depressive Neurose, psychogene Depression
Englisch: dysthymia
Die Dysthymie ist eine anhaltende affektiven Störung, bei der es zu einer chronischen depressiven Verstimmung bei den Betroffenen kommt, die jedoch schwächer ausgeprägt ist als bei einer depressiven Episode. Die depressive Stimmungslage muss kontinuierlich (d.h. an den meisten Tagen der Woche) über mehrere Jahre bestehen.
Der Begriff "Dysthymie" wird international nicht einheitlich klassifiziert.
Im ICD-10 ist die Dysthymie unter den affektiven Störungen (F3) eingeordnet. Im Gegensatz zur klassischen depressiven Episode ist die Dysthymie in ihrem Verlauf länger andauernd. So muss nach ICD-10 ein Zeitkriterium von mindestens mehreren Jahren erfüllt sein, um die Diagnose einer Dysthymie zu rechtfertigen, während für eine depressive Episode ein Zeitraum von mindestens 2 Wochen gilt. Zudem ist die depressive Symptomatik bei einer Dysthymie weitaus schwächer ausgeprägt als bei einer depressiven Episode und erfüllt nicht die Kriterien einer leichten, mittelschweren oder schweren rezidivierenden depressiven Störung.[1]
In dem seit 2013 geltenden DSM-5, das von der American Psychiatric Association herausgegeben wird, ist die "dysthymia" (engl. für "Dysthymie") mit der "chronic major depression" (engl. für "schwere chronische Depression") unter der Diagnose "persistent depressive disorder" (engl. für "persistierende depressive Störung") zusammengefasst. Eine Dysthymie und eine schwere chronische Depression können Überschneidungen aufweisen. Die Dysthymie wird laut DSM-5 somit nicht als leichte depressive chronische Verstimmung definiert.[2]
Die Erkrankung hat eine Lebenszeitprävalenz von ca. 4 bis 6 % und manifestiert sich im frühen Erwachsenenalter. In 50 % der Fälle beginnt die Dysthymie vor dem 25. Lebensjahr. Frauen sind häufiger betroffen und scheinen auch früher zu erkranken als Männer.
Ursächlich werden ähnliche Faktoren beschrieben, wie bei anderen depressiven Erkrankungen. So wird einerseits neurochemisch argumentiert, wonach der Mangel von Serotonin und Noradrenalin im synaptischen Spalt (Monoaminhypothese) depressive Störungen bedingen kann. Dies wird u.a. durch die pharmakologische Wirkung der Serotonin- und/oder Noradrenalin-Wiederaufnahme-Hemmer gestützt. Weiterhin spielen genetische Faktoren eine Rolle bei der Entstehung einer Dysthymie, zumal Patienten mit Familienangehörigen, die an einer Depression oder Dysthymie leiden, häufiger erkranken. Ein wichtiger Faktor bei der Entstehung einer Dysthymie sind belastende Lebensereignisse in Kombination mit mangelnden Bewältigungsstrategien, wodurch bei prädisponierten Menschen eine solche Störung erst ausbrechen kann.
Die Patienten leiden unter einer ständigen leichten depressiven Verstimmung, fühlen sich häufig müde und neigen zu Schlafstörungen. Sie zeigen eine leichte Verminderung des Antriebs, fühlen sich innerlich unruhig, grübeln und leiden unter typischen depressiven Symptomen wie Schuld- und Minderwertigkeitsgefühlen. Vegetative Störungen und Ängste können ebenso wie Zeichen körperlicher Erschöpfung begleitend auftreten. Trotzdem sind die Patienten fähig, ihren Alltag zu bewältigen. Der Realitätsbezug ist im Gegensatz zu den wahnhaften depressiven Störungen erhalten. Im Rahmen einer Dysthymie kann es zu Komorbiditäten kommen, wozu v. a. schwere Depressionen, Persönlichkeitsstörungen sowie Substanzmittelabhängigkeiten zählen.
Die oben genannten Symptome müssen über einen Zeitraum von mehreren Jahren anhalten, wobei die symtomfreien Intervalle höchstens 2 Monate lang sein dürfen. Es sollte eine ausführliche Eigen- und Fremdanamnese erhoben werden, in welcher der Patient und seine psychosozialen Umgebungsfaktoren exploriert werden. Neben dem klinischen Eindruck, sollte immer eine Testdiagnostik erfolgen. Hierfür können das Beck-Depressions-Inventars (BDI) sowie die Hamilton Depression Scale (HAMD-Score) eingesetzt werden und Aufschluss über die Schwere der depressiven Verstimmung geben.
Da es sich bei der Dysthymie um eine chronische Erkrankung handelt, ist die Therapie oft langwierig. Empfohlen wird eine Kombination aus Psycho- und Pharmakotherapie. Als besonders wirksam und, verglichen mit anderen Substanzklassen der Antidepressiva, relativ gut verträglich haben sich die selektiven Serotonin-Reuptake-Inhibitoren (SSRI) erwiesen. Alternativ kommen Monoaminoxidasehemmer (MAO-Hemmer) zum Einsatz. Außerdem kann eine kognitive Verhaltenstherapie oder interpersonelle Psychotherapie dazu beitragen, den Betroffenen im Umgang mit ihren Beschwerden zu helfen.
Leichte Formen der depressiven Störung können phytotherapeutisch mit Johanniskraut behandelt werden. Dabei ist auf Nebenwirkungen wie die Induktion von Cytochrom-P450-Enzymen (CYP) der Leber und die damit verbundene Interaktion mit anderen Arzneimitteln sowie auf die erhöhte Lichtempfindlichkeit unter der Therapie zu achten.
Es kann zu einer Chronifizierung der Symptome kommen. Insbesondere ist die Suizidalität, wie bei allen an einer Depression erkrankten Patienten, dringend abzuklären.
http://www.psychosoziale-gesundheit.net/psychiatrie/dyshymie.html
Fachgebiete: Psychiatrie
Diese Seite wurde zuletzt am 29. April 2022 um 16:44 Uhr bearbeitet.
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