Colon-ascendens-Obstipation (Pferd)
Synonyme: Obstipation des Colon ascendens, Obstipation des großen Kolons
Englisch: large colon impaction, colon ascendens impaction
Definition
Als Colon-ascendens-Obstipation bezeichnet man eine Obstipation (Verstopfung) des Colon ascendens (großes Kolon) beim Pferd.
Vorkommen
Obstipationen des Colon ascendens betreffen Pferde aller Altersgruppen und beider Geschlechter, wobei Stuten häufiger (63 %) betroffen sind als Hengste oder Wallache.[1] Eine Rasseprädisposition konnte bislang (2020) nicht nachgewiesen werden.[2]
Ätiologie
Eine Colon-ascendens-Obstipation kann durch verschiedene Auslöser verursachen werden, z.B.:
- verminderte Wasseraufnahme (z.B. eingefrorene Tränke)
- schlechte Futterqualität (z.B. zu hoher Rohfasergehalt)
- schlechtes Futtermanagement (z.B. zweimal tägliche Futtergabe)
- ungeeignete Aufstallung (z.B. sandhaltige Böden)
- geringe Bewegung (z.B. aufgrund orthopädischer Probleme)
- Fremdkörper
- schlechter Zahnstatus (z.B. frakturierte Zähne)
- reduzierte Darmmotilität (z.B. nach Amitraz-Gabe)
- Dünndarmobstruktionen
Physiologie
Die Motilität des Colon ascendens wird maßgeblich durch myoelektrische Signale, ausgehend von der Flexura pelvina, gesteuert. Durch die elektrischen Impulse kommt es zu einer unrhythmischen Bewegung der Haustren bei gleichzeitig rhythmischen Kontraktionen der Darmschlingen (Peristaltik). Die Kontraktionskraft hängt dabei primär vom Wasserangebot, der Zusammensetzung des Futters (v.a. Kohlenhydratanteil) und dem Anteil an freien Fettsäuren ab.
Durch das komplexe Zusammenspiel zwischen myoelektrischen Signalen, Wasserangebot und der Nährstoffzusammensetzung des Futters kommt es zu einem kontinuierlichen Weitertransport der Ingesta von oral nach aboral.[2]
Pathogenese
Pathogenetisch unterscheidet man zwei Formen der Colon-ascendens-Obstipation:
- Primäre Obstipation: infolge einer direkten Noxe (z.B. Sandobstipation).
- Sekundäre Obstipation: infolge einer sekundären Eindickung der Ingesta aufgrund einer Obstruktion im Bereich des Dünndarms.
Primäre Obstipation
Primäre Obstipationen entstehen infolge einer direkten Noxe. Der genaue Pathomechanismus hängt vom jeweiligen Auslöser ab und wird hier anhand eines ungeeigneten Futtermanagementes beispielhaft erklärt: Pferde, denen große Mengen an Kraftfutter verfüttert werden (z.B. zweimal täglich), neigen vermehrt zu Obstipationen des Colon ascendens. Durch das Verfüttern von großen Rationen kommt es zu erheblichen Verschiebungen des Wasserhaushalts im Gastrointestinaltrakt. Leicht verdauliche Kohlenhydrate führen initial zum Einstrom von Wasser in das Darmlumen, das anschließend wieder in das Gefäßsystem resorbiert wird. Gleichzeitig kommt es zu einer erhöhten Sekretion von Aldosteron. Sowohl die vermehrte Resorption von Wasser aus dem Darmlumen als auch die erhöhten Aldosteron-Konzentrationen führen zu einer Eindickung und gleichzeitigen Austrocknung der Ingesta, was letztendlich eine Obstruktion bedingt.
Sekundäre Obstipation
Obstipation im proximalen Abschnitt des Verdauungstrakts, insbesondere im Bereich des Dünndarms, führen bei längerem Bestehen zu einer sekundären Obstipation des Colon ascendens.
Obwohl die Wasseraufnahme weitgehend ungehindert ist, kann die aufgenommene Flüssigkeit die obstipierte Stelle des Dünndarms nicht passieren, sodass die im nachfolgenden Darmabschnitt befindliche Ingesta zunehmend eindickt. Ist die Darmperistaltik aufgrund der pathologischen Prozesse zusätzlich herabgesetzt, kann die im Colon abscendens eingedickte Ingesta nicht mehr weitertransportiert werden, sodass es letztendlich auch zu einer Obstipation des großen Kolons kommt.
Klinik
Betroffene Pferde zeigen meist intermittierende milde Koliksymptome. Die Kotproduktion ist deutlich vermindert und der ausgeschiedene Kot ist hart, trocken und schleimig. Die Tiere sind meist bei guter Allgemeinverfassung und weisen nur in akuten Schmerzphasen eine erhöhte Herz- und Atemfrequenz auf.
Diagnose
Colon-ascendens-Obstipationen können häufig durch eine rektale Untersuchung diagnostiziert werden. In den meisten Fällen lässt sich ein großer, teigiger Dickdarm palpieren, der den Großteil des Untersuchungsbereiches einnimmt. Meistens kann der obstipierte Bereich einem Darmabschnitt zugeteilt werden - die Flexura pelvina sowie die linke ventrale Längslage (Colon ventrale sinistrum) sind dabei am häufigsten betroffen. Oft kommt es zusätzlich zu einer Aufgasung der proximalen Dickdarmabschnitte sowie des Caecums (Tympanie).
Bei einer Obstipation der rechten dorsalen Längslage (Colon dorsale dextrum) kann aufgrund der Größenzunahme des Darmabschnitts eine Einklemmung von Dünndarmschlingen resultieren. Aufgrund dessen zeigen betroffene Pferde beim Setzen einer Nasenschlundsonde einen spontanen Reflux.
Therapie
Im frühen Krankheitsstadium können die Schmerzen mithilfe von Analgetika (z.B. Metamizol) therapiert werden. Außerdem ist eine aggressive intravenöse Flüssigkeitstherapie notwendig. Zusätzlich (insofern kein Reflux vorhanden ist) sollten über eine Nasenschlundsonde mehrmals täglich Elektrolytlösungen (z.B. Glaubersalz) verabreicht werden. Durch die enterale Flüssigkeitstherapie wird die Motilität des Verdauungstrakts gefördert und die Obstipation aufgeweicht.[3]
Je länger die Obstipation besteht, umso weniger sprechen die Pferde auf schmerzstillende Medikamente an. Kann durch die konservative Therapie keine Besserung der Symptome erzielt werden, ist eine Operation indiziert (Enterotomie).
Literatur
- Stephen M. Reed, Warwick M. Bayly, Debra C. Sellon. Equine internal medicine. 4th edition. Elsevier, 2018.
Quellen
- ↑ Dabareiner RM et al. Large colon impaction in horses: 147 cases (1985-1991), J Am Vet Med Assoc. 1995 Mar 1;206(5):679-85, abgerufen am 24.04.2020
- ↑ 2,0 2,1 Hanson RR. Diseases of the large colon that can result in colic, Auburn University. College of Veterinary Medicine, abgerufen m 24.04.2020
- ↑ Marco A. F. Lopes et al. Treatment of Large Colon Impaction with Enteral Fluid Therapy Reprinted in the IVIS website with the permission of AAEP, 1999., abgerufen am 24.04.2020