Berberin
Synonyme: Umbellatin, BRR
Englisch: berberine, umbellatine
Definition
Berberin ist ein Pflanzenalkaloid aus der chemischen Gruppe der Isochinolinalkaloide, das als Phytotherapeutikum und Nahrungsergänzungsmittel eingesetzt wird.
Geschichte
Der deutsche pharmazeutische Chemiker Johann Andreas Buchner isolierte 1835 ein Pflanzenalkaloid aus der Wurzelrinde der Gewöhnlichen Berberitze und nannte es Berberin. Bereits im Jahr 1824 hatte der Chemiker Hüttenschmidt die Substanz bereits in der Jamaikanischen Wurmrinde (Jamaicin) entdeckt. Beide Stoffe erwiesen sich später als identisch. Berberinsulfat wurde in der Vergangenheit therapeutisch bei Amöbiasis und Cholera verwendet.[1]
Chemie
Berberin ist ein Protoberberin-Alkaloid und ein Benzylisochinolin-Derivat. Die Summenformel ist C20H18NO4. Der chemische Name lautet
- 16,17-Dimethoxy-5,7-dioxa-13-azoniapentacyclo[11.8.0.02,10.04,8.015,20]henicosa-1(13),2,4(8),9,14,16,18,20-octaen (IUPAC)
Die molare Masse beträgt 336,4 g/mol, der Oktanol-Wasser-Koeffizient (logP) -0.18. Die CAS-Nummer ist 2086-83-1 (als Kation). Die Substanz liegt bei Raumtemperatur als Feststoff vor, der in Wasser löslich ist.
Vorkommen
Berberin kommt in verschiedenen Pflanzen vor. Dazu zählen u.a.:
- Berberitze (Berberis vulgaris)
- Chinesischer Goldfaden (Coptis chinensis)
- Orangenwurzel (Hydrastis canadensis)
Dabei findet sich das Alkaloid insbesondere in Wurzeln, Stamm und Rinde der Strauchgewächse.
Biosynthese
Die genaue Synthese von Berberin konnte erst Mitte der 1990er Jahre in Berberis-Zellkulturen aufgeklärt werden. Es handelt sich um eine hochkomplizierte Darstellung, die hier nur kurz zusammengefasst werden soll:
- Die Ausgangssubstanzen sind 3,4-Dihydroxybenzyl-2-Ethylamin und 4-Hydroxyphenylacetaldehyd
- Sie bilden mittels einer Kondensationreaktion das Molekül Norcoclaurin.
- Durch eine einfach Methylierung entsteht aus Norcoclaurin Coclaurin.
- Weitere Reaktion zu (S)-Reticulin und dann zu Scoulerin
- Zahlreiche weitere Syntheseschritte erzeugen das Vorgängermolekül Canadin, das sich zu Berberin umwandelt,
Metabolismus
Weit über 90 % des aufgenommenen Berberins werden in der Leber durch Cytochrom P450-Isoenzyme demethyliert, anschließend an Glucuronsäure gekoppelt und biliär eliminiert. Die renale Elimination des unveränderten Alkaloids beträgt nur 2 bis 5 %.
Pharmakologie
Mit dem Wirkstoff wurden zahlreiche klinische Studien durchgeführt, die mögliche therapeutische Anwendungen aufzeigen.[2] Unter anderen soll Berberin hämostyptische, antipyretische, antihypertensive, bakteriostatische und fungizide Wirkungen haben und die Entwicklung von Protozoen (Leishmanien) hemmen. Berberin ist bei den im Folgenden aufgeführten Erkrankungen jedoch keine Standardtherapie und kann diese auch nicht ersetzen.
- Diabetes mellitus: Berberin soll die Insulinsekretion steigern, die Insulinresistenz und den Fettstoffwechsel günstig beeinflussen. Es wurden 500 bis 1.500 mg Berberin pro Tag eingenommen.[3]
- Arteriosklerose: Leichte Senkung des Gesamtcholesterins und günstige Beeinflussung des Verhältnisses zwischen LDL- und HDL-Cholesterin. LDL-Cholesterin wird durchschnittlich um 0,5 mmol/l (18 mg/dl) gesenkt, die Triglyceride werden um 0,3 mmol/l (30 mg/dl) gesenkt, während HDL-Cholesterin um 0,06 mmol/l (2 mg/dl) ansteigt. Es wurden 900 bis 1.500 mg Berberin pro Tag eingenommen.[4]
- Antiinfektiöse Wirkung: Leichte antibiotische und antiseptische Wirkung, insbesondere gegen Amöben
- Herzrhythmusstörungen: Eventuelle Verminderung von Arrhythmien durch Blockade der relevanten Kaliumkanäle.
- Psychiatrie: Inhibition der Prolylendopeptidase (PEP), einem Enzym, das für die Entstehung einiger psychiatrischer Erkrankungen verantwortlich sein soll.
Darüber hinaus wird Berberin auch unkritisch als Anti-Aging-Mittel ausgelobt, ohne dass entsprechende Effekte klinisch belegt sind.
Desweiteren wurde auch die adjuvante Anwendung bei COVID-19 vorgeschlagen.[5]
Histochemie
Mit Hilfe von Berberin kann Heparin in Mastzellen nachgewiesen werden. Im UV-Licht kommt es zu einer gelben Färbung.
Toxizität
Quellen
- ↑ Mühlendahl K.E. von et al. Vergiftungen im Kindesalter. 4. Aufl., Stuttgart, New York : Georg Thieme 2003
- ↑ Imenshahidi M, Hosseinzadeh H. Berberine and barberry (Berberis vulgaris): A clinical review. Phytother Res. 2019
- ↑ Dong H et al. Berberine in the treatment of type 2 diabetes mellitus: a systemic review and meta-analysis. Evid Based Complement Alternat Med. 2012
- ↑ Blais JE et al. Overall and Sex-Specific Effect of Berberine for the Treatment of Dyslipidemia in Adults: A Systematic Review and Meta-Analysis of Randomized Placebo-Controlled Trials. Drugs. 2023
- ↑ Babalghith AO et al. The role of berberine in Covid-19: potential adjunct therapy. Inflammopharmacology. 2022
Weblinks
- Deutsche Biographie - Johann Andreas Buchner, abgerufen am 28.03.2023
- Drugbank - Berberine, abgerufen am 28.03.2023
- PubChem: 2353
- MeSH: D001599