Beckenfraktur
Englisch: pelvic fracture
Definition
Unter einer Beckenfraktur versteht man einen Bruch des knöchernen Beckens.
Klassifikation nach ICD-10
- S32.- Fraktur der Lendenwirbelsäule und des Beckens
- S32.1 Fraktur des Os sacrum
- S32.2 Fraktur des Os coccygis
- S32.3 Fraktur des Os ilium
- S32.4 Fraktur des Acetabulum
- S32.5 Fraktur des Os pubis
- S32.7 Multiple Frakturen mit Beteiligung der Lendenwirbelsäule und des Beckens
- S32.8 Fraktur sonstiger und nicht näher bezeichneter Teile der Lendenwirbelsäule und des Beckens
Ätiopathogenese
Beckenfrakturen treten hauptsächlich in Folge von schweren Traumata mit massiver Gewalteinwirkung auf. Sie sind relativ selten und treten vor allem im Rahmen von Polytraumata bei Verkehrsunfällen oder Stürzen aus großer Höhe auf. Gefürchtet ist auch das Bagatelltrauma mit nicht dislozierter Schambeinfraktur bei älteren Menschen. Häufig ist dabei das Acetabulum betroffen, was einer Hüftgelenksbeteiligung entspricht.
Einteilung der Frakturtypen
Die Einteilung von Beckenfrakturen erfolgt nach der AO-Klassifikation:
- Typ A - Stabile Beckenfraktur: Hinterer Beckenring stabil, Kraftübertragung vertikal stabil, z.B. vordere Beckenringfraktur, Beckenrandfraktur
- Typ B - Rotationsinstabile Beckenringverletzung: Rotationsinstabilität des Beckens, vertikale Stabilität intakt, Open-Book-Phänomen (Becken klappt ventral auf)
- Typ C - Rotations- und vertikal instabile Beckenringverletzung: Komplette Instabilität (Malgaigne-Fraktur). Bruch des Os sacrum oder des Iliosakralgelenks bei gleichzeitiger Fraktur des vorderen Beckenrings oder Symphysensprengung.
Symptome
Neben Prellmarken und Hämatomen im Perianal- und Inguinalbereich kann eine Beckenasymmetrie bestehen. Weiterhin können Durchblutung, Motorik und Sensibilität (DMS) gestört sein. Bei Verletzungen von Gefäßen und Nerven kann es zu Blutungen aus dem Genitale und dem After kommen. Als Hauptsymptom beklagt der Patient starke Schmerzen im Beckenbereich.
Diagnostik
Klinik
Abhängig vom Frakturtyp sieht man eine Beckenasymmetrie mit Hämatombildung. Charakteristisch für eine Fraktur sind ein Kompressions- bzw. Stauchungsschmerz, sowie eine eingeschränkte Hüftbeweglichkeit.
Bildgebende Verfahren
Zur Beurteilung des Ausmaßes der Verletzung werden eine Röntgenübersichtsaufnahme des Beckens mit Strahlengang von vorne, evtl. zusätzlich Schrägaufnahmen von 40 Grad oben (in Richtung kaudal = Becken Inlet) oder von 40–60 Grad unten (in Richtung kranial = Becken Outlet) und eine Computertomographie des Beckens angefertigt.
Da die Beckenfraktur häufig in Folge eines schweren Traumas erfolgt, sollte zusätzlich mit digital-manueller Untersuchung, Sonographie oder gegebenenfalls CT des Thorax und Abdomens nach Begleitverletzungen gefahndet werden.
Monitoring
Da es bei einer Beckenfraktur zu erheblichen Blutungen mit massivem Blutverlust kommen kann (bis zu ca. 4000 ml), muss eine ständige Überwachung von Puls, Blutdruck (RR) und Hämoglobin erfolgen, um einen konsekutiven hämorrhagischen Schock erkennen zu können.
Komplikationen
Zu den möglichen Komplikationen zählen:
- intra- und retroperitoneale Blutungen ("Kamin-Effekt") durch Verletzung von Arteria und/oder Vena iliaca communis, Arteria und/oder Vena femoralis oder direkt aus dem spongiösen Knochen.
- Blasen- und Harnröhrenverletzungen
- Verletzungen der inneren Geschlechtsorgane
- Darmperforation mit der Folge einer Peritonitis
- Nervenläsion mit der Folge einer Inkontinenz oder Lähmungen der unteren Extremitäten
Therapie
Eine Therapie erfolgt nach Klassifikation der Fraktur und der Schwere der Begleitverletzungen:
- Typ-A Frakturen können in der Regel konservativ mit 1-2 Wochen Bettruhe behandelt werden.
- Typ-B und Typ-C können nur konservativ angegangen werden, wenn keine Dislokation vorliegt, also eine stabile Beckenfraktur vorliegt. Das operative Vorgehen bei Instabilität besteht in einer Plattenosteosynthese, einem Fixateur externe oder einer Beckenzwinge. Die Mobilisation kann nach etwa zwei Monaten erfolgen.
Podcast
Bildquelle
- Bildquelle Podcast: © Midjourney
um diese Funktion zu nutzen.