Amivantamab
Handelsname: Rybrevant®
Englisch: amivantamab
Definition
Amivantamab ist ein bispezifischer Antikörper zur Krebsimmuntherapie des Bronchialkarzinoms mit EGFR-Mutationen.
Chemie
Bei Amivantamab handelt es sich um einen monoklonalen Antikörper.
Wirkmechanismus
Amivantamab bindet an zwei Zielstrukturen. Eine davon ist der mutierte epidermale Wachstumsfaktor-Rezeptor (EGFR). Bei einigen Mutationen, vor allem bei Insertionen im Exon 20 des EGFR-Gens, sind niedermolekulare EGFR-Inhibitoren wie Erlotinib oder Osimertinib nicht wirksam. Neben der Mutation des EGFR-Gens ist auch die Amplifikation des Gens für den mesenchymal-epithelialen Transitionsfaktor (MET) ein Resistenzmechanismus für den Krebs, welcher ebenfalls durch Amivantamab adressiert wird. Über diese doppelte Hemmung entfaltet der Arzneistoff seine Wirkung.[1]
Pharmakokinetik
Der Steady State wird ca. bei der neunten Infusion erreicht. Das Verteilungsvolumen beträgt 5,37l, die Eliminationshalbwertszeit 15,7 Tage.
Indikation
- fortgeschrittenes nicht-kleinzelliges Bronchialkarzinom (NSCLC) mit aktivierenden Exon-20-Insertionsmutationen des epidermalen Wachstumsfaktor-Rezeptors nach Versagen einer platinbasierten Therapie[2]
Darreichungsform
Amivantamab ist als Konzentrat zur Herstellung einer Infusionslösung erhältlich.
Dosierung
Die empfohlene Dosierung beträgt 1.050 mg für Patienten unter 80 kg Körpergewicht und 1.400 mg für Patienten über 80 kg Körpergewicht. In den Wochen 1 bis 4 wird die Dosis einmal wöchentlich verabreicht, ab Woche fünf einmal alle zwei Wochen. Bei starken Nebenwirkungen ist die Anwendung zu unterbrechen. Zur Unterdrückung von infusionsbedingten Reaktionen sollte eine Begleitmedikation aus Diphenhydramin, Paracetamol und Dexamethason verabreicht werden.[2]
Hinweis: Diese Dosierungsangaben können Fehler enthalten. Ausschlaggebend ist die Dosierungsempfehlung in der Herstellerinformation.
Nebenwirkungen
Unter anderem können folgende Nebenwirkung auftreten:[2]
- Infusionsbedingte Reaktionen
- interstitielle Lungenerkrankung
- Haut- und Nagelreaktionen wie Ausschlag, Juckreiz, trockene Haut bis zu toxischer epidermaler Nekrolyse. Auf einen ausreichenden Sonnenschutz ist hinzuweisen.
- Augenerkrankungen, z.B. Keratitis, Sehverschlechterung oder Uveitis
- Hypoalbuminämie, verminderter Appetit, Hypokalziämie
- Schwindel
- Diarrhö, Obstipation, Übelkeit, Erbrechen, abdominale Schmerzen
- erhöhte Werte von ALAT, AST, alkalischer Phosphatase
- Myalgie
- Ödem, Ermüdung
Wechselwirkungen
Da Amivantamab als Antikörper proteolytisch abgebaut wird, sind keine metabolischen Wechselwirkungen zu erwarten.
Die Anwendung von Impfstoffen sollte nach Möglichkeit vermieden werden, da Amivantamab deren Wirkung herabsetzen kann.
Kontraindikationen
Überempfindlichkeit gegen den Wirkstoff oder sonstige Bestandteile.
Nutzenbewertung
Das Nutzenbewertungsverfahren des G-BA auf der Basis der vom IQWiG gesichteten Daten resultierte in folgendem Beschluss:[3]
- Ein Zusatznutzen ist nicht belegt.
Zulassung
Die Zulassung in Europa erfolgte Ende 2021. Derzeit (2022) laufen noch klinische Studien, welche die Anwendung von Amivantamab bei anderen Mutationen des EGFR-Gens untersuchen (NCT02609776).[4]
Aufgrund der Ergebnisse des Nutzenbewertungsverfahren entschloss sich der Hersteller Janssen im August 2022, den Wirkstoff nicht weiter in Deutschland zu vermarkten. Dabei kritisierte Janssen die vom AMNOG eingeforderte Methodik. Sie sei nicht für Arzneistoffe geeignet, die eine bedingte Zulassung auf der Basis von klinischen Studien mit kleinen Patientengruppen erhalten.
Ein Einsatz von Amivantamab ist in Deutschland im Rahmen eines Härtefallprogramms möglich.
Therapiekosten
Die Jahrestherapiekosten einer Behandlung mit Amivantamab betragen rund 136.000 Euro.[3]
Quellen
- ↑ Annette Rösler: Erster bispezifischer Antikörper bei Lungenkrebs, PZonline, 03.02.2022; abgerufen am 05.02.2022
- ↑ 2,0 2,1 2,2 Fachinformation zu Rybrevant 350 mg Konzentrat zur Herstellung einer Infusionslösung, abgerufen am 05.02.2022
- ↑ 3,0 3,1 Beschluss des Gemeinsamen Bundesausschusses über eine Änderung der Arzneimittel-Richtlinie: Anlage XII – Nutzenbewertung von Arzneimitteln mit neuen Wirkstoffen nach § 35a des Fünften Buches Sozialgesetzbuch (SGB V) Amivantamab (Lungenkarzinom, nicht-kleinzelliges, aktivierende EGFR-Exon-20-Insertionsmutationen, nach platinbasierter Chemotherapie), vom 7. Juli 2022, abgerufen am 5.9.2022
- ↑ Chrysalis-Studie auf clinicaltrials.gov; abgerufen am 05.02.2022