Hyperthyreose
Synonyme: Schilddrüsenüberfunktion, Hyperthyreoidismus
Englisch: hyperthyroidism
Definition
Die Hyperthyreose bezeichnet eine Überfunktion der Schilddrüse. Die durch eine Hyperthyreose bedingte Stoffwechselentgleisung nennt man Thyreotoxikose.
Das Gegenteil der Hyperthyreose ist die Schilddrüsenunterfunktion (Hypothyreose).
Einteilung
...nach Ort der Störung
Man unterscheidet:
- primäre Hyperthyreosen: echte Schilddrüsenüberfunktion durch exzessive Sekretion von Schilddrüsenhormonen bei Störungen der Schilddrüse selbst, z.B. bei Autonomien und Morbus Basedow
- manifest: Erhöhung der peripheren Schilddrüsenhormone und gleichzeitige TSH-Erniedrigung
- latent: isolierte TSH-Erniedrigung
- sekundäre Hyperthyreosen: überschießende Anregung durch eine erhöhte TSH-Aktivität (z.B. bei hormonbildenden Tumoren der Hypophyse)
...nach Symptomatik
Unabhängig davon ist die Unterscheidung in subklinische (asymptomatische) und klinische (mit Symptomen behaftete) Hyperthyreosen.
...nach Ätiologie
- Medikamenten-induzierte Hyperthyreose (Amiodaron-induzierte Hyperthyreose)
- Paraneoplastische Hyperthyreose (z.B. bei Hodentumoren)
- Hyperthyreosis factitia
Ätiologie
Die häufigsten Ursachen einer Hyperthyreose sind eine Schilddrüsenautonomie und ein Morbus Basedow. Seltener können u.a. auch eine Thyreoiditis oder ein Schilddrüsenkarzinom sowie -hormonresistenz sein.
Symptome
Klinische Zeichen einer Hyperthyreose sind u.a.:
- Unruhe, Nervosität, Erregung und Hyperaktivität
- Schlafstörungen
- Wärmeintoleranz mit erhöhter Schweißneigung
- Arrhythmien, z.B. Vorhofflimmern und Sinustachykardien
- Arterielle Hypertonie, hohe RR-Amplitude
- feinschlägiger Tremor
- Gewichtsverlust mit großem Appetit
- Muskelschwäche
- Erhöhte Stuhlfrequenz bis hin zum Durchfall
- Menstruationsstörungen
- Alopezie
Die Symptomatik einer Hyperthyreose kann nach klinischen Gesichtspunkten mithilfe des Burch-Wartofsky-Scores bewertet werden.
Diagnostik
Neben Anamnese (Medikamente, Kontrastmitteluntersuchungen) und körperlicher Untersuchung ist eine Laboruntersuchung zur Diagnostik der Hyperthyreose unerlässlich. Additiv kommen zur weiteren Abklärung auch Sonographie und Isotopenuntersuchungen (Szintigraphie) zum Einsatz.
Laboruntersuchung
- Serumkonzentrationen der Hormone fT3 und fT4
- TSH-Spiegel erniedrigt (außer bei sekundärer Hyperthyreose und Schilddrüsenhormonresistenz)
- Schilddrüsenantikörper (TRAK, TPO-Ak, Tg-Ak)
- ggf. β-hCG (agonistische Wirkung am TSH-Rezeptor)
Befundkonstellation
Diagnose | TSH | T3 | fT3 | T4 | fT4 |
---|---|---|---|---|---|
primäre Hyperthyreose | ↓ | ↑ | ↑ | ↑ | ↑ |
sekundäre Hyperthyreose | ↑ | ↑ | ↑ | ↑ | ↑ |
Hyperthyreose und TBG-Erhöhung | ↓ | ↑↑ | ↑ | ↑↑ | ↑ |
Hyperthyreose und TBG-Erniedrigung | ↓ | ↓/n | ↑ | ↓/n | ↑ |
Iod-induzierte Hyperthyreose | ↓ | ↑/n | ↑/n | ↑↑ | ↑↑ |
T3-Hyperthyreose | ↓ | ↑ | ↑ | n | n |
Hyperthyreose bei Konversionshemmung | ↓ | ↑ | ↑ | ↑↑ | ↑↑ |
n: normal; ↑: erhöht; ↑↑: stark erhöht; ↓: erniedrigt; ↓↓: stark erniedrigt
Dopplersonographie
- Vergrößerte Schilddrüse (Struma)
- Vermehrte Vaskularisierung
- Inhomogenitäten
Szintigraphie
- Erhöhter Uptake von Isotopen (z.B. Technetium)
Bei latenter Hyperthyreose sind die Serumkonzentrationen der Schilddrüsenhormone noch im Normbereich und es zeigt sich im Labor lediglich eine Erniedrigung des TSH. Von einer manifesten Hyperthyreose spricht man, wenn im weiteren Verlauf auch eine Erhöhung der Schilddrüsenhormone nachweisbar ist. Das fT3 ist dann fast immer erhöht, fT4 in rund 90 % der Fälle.
Therapie
Die Therapie einer Hyperthyreose richtet sich nach ihrer genauen Ursache. Sie umfasst meist mehrere Therapiemaßnahmen.
Medikamentöse Therapie
Eine Basismaßnahme ist die Senkung des erhöhten Hormonspiegels mit Thyreostatika wie Thiamazol, Carbimazol oder Propylthiouracil. Sie hemmen die Schilddrüsenhormonsynthese, wirken jedoch erst mit einer Latenz von etwa einer Woche. Wird die Hyperthyreose durch eine Thyreoiditis ausgelöst, sind sie unwirksam, da sie die Freisetzung der in der Schilddrüse gespeicherten Hormone im Rahmen der Entzündung nicht beeinflussen. Adjuvant werden Betablocker (Propranolol) verabreicht, um die Symptomatik, v.a. die Tachykardie, abzumildern.
Operative Therapie
Durch eine Strumaresektion oder Thyreoidektomie wird das hormonproduzierende Schilddrüsengewebe reduziert oder entfernt. Voraussetzung ist eine präoperative Normalisierung der Hormonwerte. Nach vollständiger Entfernung der Schilddrüse ist lebenslang eine Hormonersatztherapie mit Thyroxin zur Vermeidung einer Hypothyreose erforderlich.
Radiojodtherapie
Eine Radiojodtherapie zerstört das Schilddrüsengewebe durch radioaktive Strahlung, die mithilfe von Radiopharmaka zugeführt wird. Sie kann nach einer medikamentösen Normalisierung der Laborwerte alternative zur Operation eingesetzt werden. Bei Schwangeren und in der Stillzeit ist sie kontraindiziert.
Therapie der thyreotoxischen Krise
Die Behandlung erfordert notfallmedizinische Maßnahmen und umfasst u.a:
- medikamentöse Therapie: Thyreostatika, Natriumperchlorat, Glukokortikoide (Prednisolon), Gallensäurebinder
- Betablocker, Heparin (Thromboseprophylaxe)
- sonstige Maßnahmen: Elektrolyt- und Flüssigkeitsersatz, Parenterale Ernährung, Hyperthermiebehandlung (z.B. durch Eisbeutelpackungen), Antibiotikagabe bereits bei Verdacht einer bakteriellen Infektion
- allgemeine pflegerische Maßnahmen: Dekubitusprophylaxe, Trachealtoilette
Podcast
Quellen
- Arasteh, Baenkler et al.: Innere Medizin. 2. Auflage, 2009. Thieme Verlag
- Comberg H, Klimm H et al.: Allgemeinmedizin. 4., überarbeitete und erweiterte Auflage. Thieme Verlag. doi:10.1055/b-002-35719
- Schott, M: Hyperthyreose. Der Internist, 2013 54: 315. Springer. doi.org/10.1007/s00108-012-3196-1
- Geisler L: Innere Medizin. 19. Auflage, 2006. Kohlhammer Verlag
- Laborlexikon.de, abgerufen am 12.05.2021
Bildquelle
- Bildquelle Podcast: © Carly Mackler / Unsplash