Zahnpulpa
von lateinisch: pulpa - Fleisch, Fruchtfleisch
Synonyme: Pulpa, Zahnmark, Pulpa dentis
Englisch: dental pulp, pulp of tooth
Definition
Die Zahnpulpa ist das Weichgewebe des Zahns, das die Pulpahöhle (Cavum dentis) einschließlich der Wurzelkanäle ausfüllt. Sie besteht im Wesentlichen aus gallertartigem Bindegewebe mit sensiblen Nervenfasern sowie Blutgefäßen. Der gesamte Zu- und Abfluss der Arterien sowie Venen der Zahnpulpa läuft durch das Foramen apicale.
Hintergrund
Um zu unterstreichen, dass die Zahnpulpa und das sie umgebende Dentin eine funktionelle Einheit bilden, wird in der Endodontie auch vom "Pulpa-Dentin-Komplex" gesprochen.
Aufbau
Die Pulpa wird von der Zahnhartsubstanz eingegrenzt. Makroskopisch betrachtet, differenziert man zwischen Kronenpulpa und Wurzelpulpa. Diese Unterscheidung ist klinisch relevant, z.B. im Rahmen einer Pulpotomie. Die Kronenpulpa stellt morphologisch eine verkleinerte Zahnform dar, welche inzisale bzw. okklusale Zipfel aufweist. Diese Zipfel werden auch Pulpahörner genannt.
Histologie
Die Pulpa hat im Bereich der Kronenpulpa einen geschichteten Aufbau, der sich nach apikal hin zunehmend verliert. Prinzipiell kann man die Pulpa in 5 Zonen unterteilen. Diese werden im Folgenden von außen, d.h. von der Zahnhartsubstanz her, nach innen erläutert. Die Pulpa wird von einer Spezialform des embryonalen Bindegewebes, dem gallertigen Bindegewebe, gebildet.
Entgegen vieler Lehrmeinungen besitzt die Zahnpulpa keine Lymphgefäße. Die Drainage anfallender Lymphflüssigkeit geschieht (wie auch in der Kornea des Auges) über Saftlücken im Stroma.
Odontoblastensaum
Die erste Schicht bildet der dem Prädentin aufgelagerte, palisadenförmig angeordnete Odontoblastensaum. Die Odontoblasten entsenden ihre langgezogenen Zellfortsätze (Tomes-Fasern) in die Dentinkanälchen und sind über desmosomenähnliche Strukturen eng miteinander verbunden. Im Bereich der Kronenpulpa sind die Odontoblasten säulenförmig angeordnet, im mittleren Drittel der Wurzelpulpa sind sie einschichtig und nehmen eine kubische Form an. Im apikalen Wurzelbereich platten sie weiter ab und fehlen schließlich ganz.
Subodontoblastenschicht
An die Odontoblasten angelagert ist eine weitere Schicht aus bipolaren Zellen, die als Höhl-Zellen bezeichnet werden. Dabei handelt es sich um Präodontoblasten, die als Stammzellen für den Zellnachschub der Odontoblastenschicht sorgen.
Weil-Zone
Das Pulpagewebe, das an die Odontoblastenschicht anschließt, ist im Vergleich zu den übrigen Pulpaabschnitten relativ zellarm und wird als Weil-Zone bezeichnet. Sie enthält Zytoplasmafortsätze von Fibroblasten der darauffolgenden kernreichen Zone, sowie Endäste von Nervenfasern.
Bipolare Zone
Der zellkernarmen Zone folgt eine zellkernreiche Zone. Sie wird als "bipolare Zone" bezeichnet. In diesem Bereich finden sich viele dicht angelagerte Zellen mit spindelförmigem Zellkern. Sie sind schlank und wirken optisch, als besäßen sie zwei Pole (daher bipolare Zone). Diese Zone ist reich an undifferenzierten Ersatzzellen der Pulpa und Fibroblasten (im ruhenden oder aktiven Funktionszustand). Die Fibroblasten produzieren – wie auch im restlichen Körper – Kollagen und ermöglichen so die Bildung eines stützenden Fasernetzwerkes, in das die Zellen und die extrazelluläre Matrix eingebettet sind. Desweiteren sezernieren Pulpafibroblasten die Interzellularsubstanz, die aus Glykoproteinen und hygroskopischen Glykosaminoglykanen besteht. In der kernreichen Zone sind zum Teil starke Verzweigungen von zentralen Nervenbündeln anzufinden, die als Raschkow-Plexus bezeichnet werden.
Kernzone
Die bipolare Zone begrenzt den eigentlichen Kernabschnitt der Pulpa. Dabei handelt es sich um einen gallertartigen Bindegewebsstrang, der sowohl größere Nerven und Blutgefäße, wie auch diverse weitere Zelltypen (Fibroblasten, undifferenzierte Mesenchymzellen, Makrophagen und Lymphozyten) enthält.
Funktion
Die Pulpa erfüllt vier Grundaufgaben:
Formative Funktion
Die Zahnpulpa hat unter anderem die Aufgabe, Dentin zu synthetisieren (Bildungsfunktion). Dabei müssen verschiedene Arten des Dentins differenziert werden. Bis zum Abschluss des Wurzelwachstums wird Primärdentin (Orthodentin) produziert. Während der Phase des vollständig herangereiften Zahnes wird Sekundärdentin gebildet. Dies geschieht – je nach Literaturangabe – über die gesamte Lebensperiode des Zahnes oder ungefähr bis zum 40. Lebensjahr. Die Synthese von Sekundärdentin geschieht kontinuierlich, was eine allmähliche Verkleinerung des Pulpencavums zur Folge hat. Als Konsequenz auf thermische, chemische oder mechanische Reize kann pulpanah das sogenannte Reizdentin (Tertiärdentin) gebildet werden.
Nutritive Funktion
Die Ernährung des Dentins wird durch das Gefäßsystem der Pulpa gewährleistet.
Sensorische Funktion
Die Pulpa kann thermische, osmotische, wie auch chemische und mechanische Reize wahrnehmen. Die Art der Schmerzweiterleitung vom Dentin bis zur Pulpa ist jedoch noch nicht genau erforscht. Es strahlen zwar Nervenfasern in das Dentin aus, dennoch wird eine Reizleitung über die Fortsätze der Odontoblasten vermutet.
Defensive Funktion
Neben der Bildung des Reizdentins gewährleistet die Pulpa eine zelluläre und humorale Immunabwehr gegen eindringende Mikroorganismen.