Vernachlässigte Tropenkrankheit
Synonyme: Vernachlässigte Tropenerkrankung, vernachlässigte tropische Krankheit
Englisch: neglected tropical disease, NTDs
Definition
Unter dem Begriff vernachlässigte Tropenkrankheiten, kurz NTDs, fasst die WHO 20 Tropenkrankheiten zusammen, die armutsassoziiert in (sub-)tropischen Regionen auftreten und unbehandelt zu einer erheblichen Morbidität und Mortalität von mehr als einer Milliarde Menschen weltweit führen.
Hintergrund
Eine schnelle Kontrolle, Elimination oder Eradikation der NTDs ist prinzipiell möglich, es fehlt jedoch an globaler Aufmerksamkeit der Forschung und einer entsprechenden finanziellen Unterstützung. Aufgrund der geringen Wirtschaftskraft der betroffenen Länder bestehen für kommerzielle Akteure kaum finanzielle Anreize, wirksame Therapien zu entwickeln.
Epidemiologie
In insgesamt 149 Ländern leiden 1,5 Milliarden Menschen an einer vernachlässigten Tropenkrankheit. Weltweit gelten 3 Milliarden Menschen als Risikogruppe. Jährlich sterben eine halbe Millionen Menschen an oder mit einer vernachlässigten Tropenkrankheit. Die vernachlässigten Tropenkrankheiten führen zu chronischen Beschwerden, Behinderungen oder zum Tod. Sie führen zu hohen ökonomischen Schäden und tragen zu Stigmatisierung und Diskriminierung bei.
Besonders betroffen sind arme Bevölkerungsgruppen, die unter niedrigen Hygienestandards leben müssen, keinen Zugang zu Sanitäranlagen und zu Gesundheitsleistungen haben. Deshalb wird zum Teil auch der Begriff "Krankheiten der Armut" verwendet.
Krankheitsbilder
Zu den fünf häufigsten NTDs, die für 90 % d.F. verantwortlich sind, zählen:
- Lymphatische Filariose (incl. Elephantiasis)
- Onchozerkose (Flussblindheit)
- Trachom
- Schistosomiasis (Bilharziose)
- Parasitosen durch Geohelminthen (Trichuriose, Ascariasis)
Die Krankheitsbilder unterscheiden sich in ihren jeweiligen klinischen Charakteristika, ihrer Diagnostik und den Therapiemöglichkeiten erheblich. Eingeteilt nach Erregern unterscheidet man folgende NTDs:
Bakterien
Viren
Trypanosomen
Helminthosen
- Schistosomiasis (Bilharziose)
- Lymphatische Filariose (incl. Elephantiasis)
- Onchozerkose
- Dracunculiasis
- Taeniasis, Zystizerkose
- Echinokokkose
- Lebensmittelbasierte Trematodeninfektion
- vom Boden-übertragene Wurmerkrankungen (Ascariasis, Trichuriose, Ancylostomatidose)
Sonstige
- Myzetom, Chromoblastomykose, (tiefe) Weichteilmykosen
- Scabies (Krätze) und andere durch Ektoparasiten ausgelöste Hauterkrankunngen
- Vergiftungen durch Schlangenbisse oder Insektengifte
Prävention
Zur Prävention von Infektionen, zur frühen und erfolgreichen Behandlung der Erkrankung und damit zur Vorbeugung von langfristigen Schäden fehlt es meist an finanziellen Mitteln. Neben der Bekämpfung der Vektoren, d.h. der übertragenden Tiere (u.a. Moskitos, Fliegen) ist eine Expositionsprophylaxe der Bevölkerung wichtig. Zudem müssen Sanitäreinrichtungen ausgebaut werden und der Zugang zu Gesundheitsversorgung erleichtert werden. Aufklärung über Hygiene und die Bereitstellung von Hygienematerialien können viele der Krankheiten eindämmen. Weiterhin sind wissenschaftliche Forschung für Diagnostik und Entwicklung von Medikamenten und Impfstoffen und deren günstige und flächendeckende Verteilung ausschlaggebend.
Literatur
- Bundesgesundheitsministerium (2021): Vernachlässigte Tropenerkrankungen.
- WHO: Recommendations for the adoption of additional diseases as neglected tropical diseases.
- WHO (2021): Control of Neglected Tropical Diseases.
um diese Funktion zu nutzen.