Stärke von Säuren und Basen
Synonyme: Protonendonatorstärke, Protonenakzeptorstärke
Englisch: acid strenght, alkaline strenght
Definition
Die Protonendonatorstärke einer Säure in wässriger Lösung drückt aus, wie vollständig die Protonenübertragung auf das Wasser abläuft. Auf Basen bezogen, gibt die Protonenakzeptorstärke Auskunft darüber, wie vollständig Protonen, die vom Wasser kommen, gebunden werden.
Säurekonstante, Basenkonstante
Möchte man die Stärke einer Säure (HA) oder Base (B) definieren, so ist das Massenwirkungsgesetz (MWG) auf die jeweiligen Dissoziationsgleichgewichte anzuwenden:
Die H2O-Konzentration hat sich durch die Dissoziation in verdünnter Lösung kaum geändert. Dies ist der Grund, wieso [H2O] in die Gleichgewichtskonstante mit einbezogen wird. Somit erhält man die Säurekonstante Ks bzw. die Basenkonstante Kb. Beide werden mit der Einheit mol/L angegeben und sind temperaturabhängig.
Ergibt die Säurekonstante Ks einen großen Wert, so wissen wir, dass das Dissoziationsgleichgewicht weit auf der rechten Seite liegt. Zudem gibt uns eine kleine Säurekonstante (Ks-Werte) den Hinweis auf eine schwache Säure.
pKs-Wert, pKb-Wert
Der Zusammenhang des pKs-Werts einer Säure und des pKb-Werts ihrer konjugierten Base in wässriger Lösung ergibt sich wie folgt:
- pKs + pKb = 14
Somit sind die pKs- und pKb-Werte das übliche Maß für die Stärke von Säuren und Basen. Kleine oder gar negative pKs-Werte zeigen an, dass die Säure als stark einzustufen ist. Große Werte hingengen deuten auf eine schwache Säure hin.
Beispiele
pKs-Werte einiger Säure-Base-Paare (bei 15°C):
Säurecharakter | pKs | Säure/konj. Base | Name |
---|---|---|---|
stark | -10 | HI/I- | Iodwasserstoff/Iodid |
-6 | HCl/Cl- | Chlorwasserstoff/Chlorid | |
-3 | H2SO4/HSO4- | Schwefelsäure/Hydrogensulfat | |
-1,7 | H3O+/H2O | Hydronium-Ion/Wasser | |
-1,3 | HNO3/NO3- | Salpetersäure/Nitrat | |
mittelstark | 1,9 | HSO4-/SO42- | Hydrogensulfat/Sulfat |
2,0 | H3PO4/H2PO4- | Phosphorsäure/Dihydrogenphosphat | |
schwach | 4,8 | H3CCOOH/H3CCOO- | Essigsäure/Acetat |
6,4 | CO2/HCO3- | Kohlendioxid/Hydrogencarbonat | |
7,1 | H2S/SH- | Schwefelwasserstoff/Hydrogensulfid | |
7,2 | H2PO4-/HPO42- | Dihydrogenphosphat/Hydrogenphosphat | |
sehr schwach | 9,2 | NH4+/NH3 | Ammonium-Ion/Ammoniak |
9,4 | HCN/CN- | Blausäure/Cyan | |
10,4 | HCO3-/CO32- | Hydrogencarbonat/Carbonat | |
12,3 | HPO42-/PO43- | Hydrogenphosphat/Phosphat | |
15,7 | H2O/OH- | Wasser/Hydroxid-Ion |
Wie man sieht, sind die Säuren von oben nach unten in abnehmender Protonendonator-Stärke angeordnet. Säuren, die zu den Mineralsäuren zählen, (z.B. Salzsäure, HCl in Wasser oder Schwefelsäure) sind wesentlich stärker als z.B. Essigsäure oder Blausäure.
Liegen starke Säuren vor, so reagieren diese mit Wasser praktisch vollständig zu H3O+ und der konjugierten Base. In solchen Lösungen ist H3O+ die eigentliche Säure, das heißt, es gibt in Wasser keine stärkere Säure als H3O+. pKs-Werte für HCl und H2SO4 wurden in einem anderen Lösungsmittel als Wasser bestimmt. Im Gegenzug dazu gibt es in Wasser keine stärkere Base als OH-. Somit nivelliert Wasser bei starken Säuren bzw. Basen die Werte.
Gibt man kombinierend Säure-Base-Paare, die alle einen unterschiedlichen pKs-Wert aufweisen, in einer Reaktionslösung zusammen, so gibt die stärkere Säure (kleinerer pKs-Wert) Protonen an die konjugierte Base des Paares mit geringerer Protonendonator-Stärke ab. Hier findet eine Umsetzung von Säuren mit Salzen statt. Im folgenden ersten Beispiel sind die Ionenladungen bei den Salzen angegeben, im zweiten Beispiel jedoch nicht.
Beispiel 1: | |
Beispiel 2: | |
Beispiel 1 ergibt am Ende Essigsäure, in Beispiel 2 resultiert Kohlensäure. Die Kohlensäure ist jedoch nicht stabil und zerfällt unter Gasentwicklung weiter zu Wasser und Kohlendioxid. Das Beispiel unterliegt folgender Regelung:
Die stärkere Säure (kleinerer pKs-Wert) verdrängt immer die schwächere Säure aus ihrem Salz. Es erfolgt immer eine Protonenverschiebung von der stärkeren Säure zum Anion der schwächeren Säure. |
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Rechenbeispiele
Mit den folgenden zwei Beispielen soll das Rechnen mit pKs- und pKb-Werten und deren Zusammenhang verdeutlicht werden.
Beispiel 1
Oben wurde Ammoniak (NH3) als Base schon vorgestellt.
Wenn man bei der Formulierung des Dissoziationsgleichgewichtes von der konjugierten Säure NH4+ ausgeht, kommt man zu folgenden Gleichungen:
Addiert man die pKs- und pKb-Werte, so gelangt man zur Summe 14.
Beispiel 2
Liegen mehrprotonige Säuren vor (z.B Schwefelsäure, Kohlensäure, Phosphorsäure, etc.), so gibt es für jede Dissoziationsstufe einen eigenen pKs-Wert. Betrachtet man die Ergebnisse genauer, so kommt man zur Erkenntnis, dass das erste Proton immer leichter als das zweite und dieses leichter als ein drittes abgegeben wird (pKs1 < pKs2 < pKs3). Erklärung dafür findet man darin, dass sich aus einem ungeladenen Molekül das erste Proton wegender geringerenelektrostatischen Anziehungskräfte leichter herauslösen lässt, als aus einem Anion. Als Beispiel nehmen wir Oxalsäure:
1. Stufe | HOOC-COOH + H2O ⇌ H3O+ + HOOC-COO- | pKs1 = 1,3 |
2. Stufe | HOOC-COO- + H2O ⇌ H3O+ + -OOC-COO- | pKs2 = 4,3 |
Bezug zur Medizin
Eine konzentrierte Säure oder gar Base ruft auf der Haut oder Schleimhaut (je nach betroffener Stelle) lokale Verätzungen hervor. Häufigste Auslöser sind Unfälle mit Eisessig (C2H4O2), Salzsäure (HCl), Schwefelsäure (H2SO4), Salpetersäure (HNO3), Alkalilaugen (wässrige Lösungen von Metallhydroxiden) und konzentrierter Ammoniaklösung (wässrige Lösungen mit NH3). Verätzungen mit solchen Substanzen können zu Nekrosen und Narben mit Keloidbildung führen.
Kommt man ungeschützt in Kontakt mit Säuren, so führen diese an den betroffenen Stellen zu Ätzschorf, eine sogenannte Koagulationsnekrose. Sind Basen jedoch Auslöser für Verletzungen, so dringen diese tief in die Hautschichten ein, verflüssigen dort das Gewebe und bilden eine Kolliquationsnekrose.
Es muss unbedingt beachtet werden, dass äußerliche Verletzungen mit Säuren und Basen (Haut, Augen) sofort mit viel Wasser ausgiebig gespült werden. Eine weitere Behandlung gleicht der bei Verbrennungen. Werden Säuren oder Basen gar oral aufgenommen, so darf man kein Erbrechen auslösen. Es wird empfohlen, dass sofort 300 ml Wasser getrunken und anschließend eine Schockbekämpfung durchgeführt wird. Es wird zu einer sofortigen klinischen Weiterbehandlung in jedem Fall angeraten.
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