Retentio secundinarum (Hund)
Synonyme: Plazentaretention, Nachgeburtsverhalten, Nachgeburtsverhaltung
Definition
Als Retentio secundinarum bezeichnet man den unvollständigen oder ungenügenden Abgang der Nachgeburt bei der Hündin.
Physiologie
Während der Austreibungsphase werden die Welpen abwechselnd aus beiden Uterushörnern geboren. Auf diese Weise werden die Welpen unmittelbar nacheinander zur Welt gebracht, bevor erst die zugehörigen Plazenten ausgestoßen werden. Die Zeitintervalle zwischen den einzelnen Welpen betragen in der Regel etwa 30 Minuten - können aber auch kürzer sein oder gar mehrere Stunden dauern.
Die Nachgeburt wird normalerweise innerhalb von 15 Minuten ausgestoßen und von der Hündin gefressen.
Ätiologie
Die genaue Ursache derf Retentio secundinarum ist derzeit (2021) noch nicht vollständig geklärt. Es ist jedoch von einem multifaktoriellen Geschehen auszugehen, da sämtliche Geburtsverzögerungen und -komplikationen (z.B. Dystokie) eine Retentio secundinarum verursachen können.
Pathogenese
Abhängig vom Auslöser (z.B. Uterusatonie) kommt es zu einer ungenügenden Abstoßung der Nachgeburt, sodass noch Teile der Plazenta und Lochien im Uterus verbleiben. Die verbliebenen Gewebeanteile und Flüssigkeiten werden nekrotisch. Dadurch entwickeln sich toxische Abbauprodukte, die über das Endometrium in den Blutkreislauf gelangen (puerperale Intoxikation).
Je nachdem, wie lange die Retentio secundinarum andauert, kommt es zur Ausbildung von schweren Komplikationen, u.a. Sepsis, Schock und Tod.
Klinik
Die Symptome hängen von der Dauer der Erkrankung ab.
Betroffene Hunde zeigen einen schwarz-grünen Ausfluss, der mehr als 18 Stunden postpartum andauert. In schwerwiegenden Fällen ist das Allgemeinbefinden stark beeinträchtigt, die Tiere zeigen Fieber, Anorexie, Erbrechen und können in einen Schock verfallen.
Differenzialdiagnosen
Differenzialdiagnostisch ist an retinierte Welpen zu denken.
Diagnose
Anhand der Anamnese und der klinischen sowie gynäkologischen Untersuchung kann oft schon eine Verdachtsdiagnose gestellt werden. Häufig lassen sich auch Plazentareste in der Vagina palpieren oder mittels Vaginoskop darstellen.
Bei der abdominalen Palpation können mitunter segmental verdickte Uterushörner ertasten werden. Der Vaginalausfluss ist auffällig übel riechend. In zweifelhaften Fällen ist eine Ultraschall- sowie Röntgenuntersuchung des Abdomens indiziert.
Therapie
Sowohl die Art als auch die Intensität der Therapie richtet sich nach dem klinischen Zustand der Hündin.
Um die Uteruskontraktionen zu fördern, sind Oxytocin (1 bis 3 I.E./Hund BID bis TID s.c.) sowie ein Mutterkornalkaloid (z.B. Ergometrin: 0,015 bis 0,05 mg/kgKG 4 bis 6x täglich) zu verabreichen. Parallel dazu ist eine systemische Breitbandantibiose und eine symptomorientierte Behandlung (z.B. parenterale Flüssigkeitstherapie u.ä.) durchzuführen.
Hinweis: Diese Dosierungsangaben können Fehler enthalten. Ausschlaggebend ist die Dosierungsempfehlung in der Herstellerinformation.
Literatur
- Niemand HG (Begr.). Suter PF, Kohn B, Schwarz G (Hrsg.). 2012. Praktikum der Hundeklinik. 11., überarbeitete und erweiterte Auflage. Stuttgart: Enke-Verlag in MVS Medizinverlag Stuttgart GmbH & Co. KG. ISBN: 978-3-8304-1125-3
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