RET (Protoonkogen)
Synonym: RET-Protoonkogen, RET_Human
Englisch: RET proto-oncogene
Definition
RET ist ein Protoonkogen, das für die gleichnamige Rezeptortyrosinkinase Ret kodiert.
Hintergrund
Das Gen RET befindet sich auf Chromosom 10 an Genlokus 10q11.2. Es kodiert für eine membranständige Rezeptortyrosinkinase, die aus 1.086 Aminosäuren aufgebaut ist. Dieses Transmembranprotein ist nach Ligandenbindung für die Weiterleitung von Informationen in das Zellinnere im Sinne einer Signalkaskade verantwortlich. Wie bei anderen Rezeptortyrosinkinasen kommt es dabei intrazellulär zu Phosphorylierungen.
Funktion
RET wird primär in der Embryonalentwicklung exprimiert. In dieser Phase ist das Genprodukt an der Entwicklung der Nieren sowie an der Migration von Neuronen beteiligt, die das enterische Nervensystem bilden. Im erwachsenen Organismus scheint die Tyrosinkinase keine besondere physiologische Funktion zu erfüllen. Das mutierte Gen hat jedoch einen erheblichen Krankheitswert.
Klinik
Gain-of-Function-Mutation
Eine Gain-of-Function-Mutation des RET-Gens, z.B. durch Punktmutationen, kann zur Expression einer konstitutiv aktiven Rezeptortyrosinkinase führen. Dann kommt es zur Daueraktivierung der abhängigen Signalkaskaden - unabhängig von der Bindung eines Liganden. Diese pathologische Autonomie der Zelle ist ein Faktor für ihre maligne Transformation.
Ein resultierendes Erkrankungsbild ist das autosomal-dominant vererbliche MEN-Syndrom vom Typ 2. Bei dieser Form der multiplen endokrinen Neoplasie sind besonders häufig die Schilddrüse, die Nebenschilddrüse und das Nebennierenmark von malignen Tumoren betroffen.
Translokationen von RET mit Bildung von Fusionsgenen können ebenfalls maligne Tumoren auslösen. Dieser Pathomechanismus ist für einige Fälle des papillären Schilddrüsenkarzinoms (PTC) und des nicht-kleinzelligen Bronchialkarzinoms (NSCLC) verantwortlich.
Loss-of-Function-Mutation
Eine Loss-of-Function-Mutation von RET führt während der Embryonalentwicklung zu einer gestörten Migration von Nervenzellen aus der Neuralleiste in den Gastrointestinaltrakt. Die Folge ist ein Morbus Hirschsprung vom Typ HSCR1.
Pharmakologie
Die Aktivität von RET kann durch Tyrosinkinaseinhibitoren (TKIs) gehemmt werden, was eine antineoplastische Wirkung zur Folge hat. Ältere, relativ unspezifische Wirkstoffe sind Multikinase-Inhibitoren wie Cabozantinib oder Vandetanib. Neuere, spezifische Substanzen sind Selpercatinib und Pralsetinib.