Parafilariose (Rind)
Synonym: Parafilaria-Infektion beim Rind
Definition
Als Parafilariose der Rinder bezeichnet man eine parasitär bedingte Erkrankung, die durch Vertreter der Familie Spirurida (Rollschwänze) verursacht wird.
Erreger
Die Parafiliose wird durch Parafilaria bovicola verursacht. Die adulten Parasiten sind weißlich und haben eine quergestreifte Cuticula, die am vorderen Ende kammerartig erhöht und mit zwei Reihen an Papillen versehen ist. Die Männchen sind zwischen 30 und 35 mm lang und haben zwei ungleich lange Spicula (300 und 150 μm). Weibchen hingegen sind mit 50 bis 65 mm deutlich größer. Ihre Vulva liegt etwa 70 μm vom Vorderende entfernt.
Vorkommen
Obwohl die Parafilariose vorwiegend eine Erkrankung der Rinder und Büffel in warmen Ländern (Afrika, Asien) ist, treten immer mehr Fälle dieser Hauterkrankung in Südeuropa sowie in Schweden auf.
Entwicklung
Parafilaria bovicola vollzieht eine lange 5 bis 7 Monate andauernde Entwicklung (1 Generation pro Jahr). Diese läuft in Mitteleuropa in der weit verbreitenden Gesichtsfliege (Musca autumnalis) als Zwischenwirt ab und bestimmt das Infektionsgeschehen der Weideparasitose.
Geschlechtsreife Weibchen liegen im Zeitraum zwischen März und Juli in erbsen- bis haselnussgroßen und blutgefüllten Blasen dicht unter der Haut. Damit sie ihre Eier ablegen können, durchbrechen sie mit dem Vorderende die Haut, sodass gleichzeitig eine rote und seröse Flüssigkeit austritt, in der sich die Eier befinden. Damit die Weibchen von Musca autumnalis ihre eigenen Eier heranreifen lassen können, benötigen sie zusätzliche Proteine, die sie aus dem Sekret dieser Flüssigkeit beziehen. Während ihrer Proteinmahlzeit am Rind nehmen sie die Eier von Parafilaria bovicola auf.
Innerhalb von 2 Wochen - es kann jedoch auch mehrere Monate in Anspruch nehmen - entwickeln sich die geschlüpften Mikrofilarien in den Fettkörperzellen des Abdomens der Fliege zur infektionsfähigen Drittlarve (L3). Bei einer weiteren Mahlzeit gelangen die infektiösen Larven über die Orbitalschleimhäute (oder seltene auch durch Hautläsionen) wieder von der Fliege in den Endwirt (Rind). Während zwei folgenden Häutungsvorgängen (3. Häutung 7 Tage p.i. und 4. Häutung 65 Tage p.i.) wandern die juvenilen Stadien von der Eintrittspforte subkutan oder intramuskulär zum Rumpf des Rindes. Hautblutungen können frühestens ab dem 200. Tag p.i. beobachtet werden, wenn die Würmer ihre Geschlechtsreife erhalten haben.
Pathogenese
Bereits junge Larvenstadien verursachen im Zeitraum von Juli bis Oktober im Bereich des Kopfes und Halse kleine gelbliche Ödeme in der Subkutis (zusammen mit blutigen Streifen in den Muskeln). Im späteren Verlauf (November/Dezember) werden diese Veränderungen durch die Ansammlung vieler eosinophiler Granulozyten grünlich.
Neben Hämorrhagien in den Muskeln (verursacht durch Wanderlarven) können Muskeldegenerationen, fokale Myositis und reparative Prozesse beobachtet werden. Die subkutanen oder in der Nähe von Faszien gelegenen, grünlich-schleimigen Ödeme verlagern sich im Januar und Februar in den Bereich von Schultern, Rücken und Keulen. Dabei können zahlreiche hämorrhagische, fibrinöse oder phlegmonöse Läsionen auch in den tieferen Schichten der Muskulatur (in den genannten Körperteilen) gefunden werden.
Zwischen den Monaten März und Juli befinden sich dann wieder geschlechtsreife Weibchen in bluthaltigen Blasen, die dicht unter der Haut liegen. Geschlechtsreife Weibchen durchbohren zur Eiablage die Bläschen, sodass deutlich sichtbare Blutbahnen im Fell herablaufen und als weitere klinische Zeichen gedeutet werden können.
Übertragung auf den Menschen
Eine Übertragung auf den Menschen ist möglich, aber äußerst selten. Bislang wurde erst ein Fall in Thailand in der Literatur beschrieben.[1]
Klinik
Obwohl zahlreiche umfangreiche Läsionen in der Unterhaut und Muskulatur vorhanden sind, sind klinische Erscheinungen während der langen Präpatenz kaum bekannt.
Diagnose
Eine Diagnose kann anhand Einachweis (rund-oval, ca. 45 bis 30 μm groß, dünnschalig, mit einer schlanken 145 bis 215 μm langen Larve) bzw. Nachweis der adulten Weibchen im Blut oder Exsudat aus den Knoten gestellt werden. Außerdem können prä- bzw. adulte Stadien in den veränderten Teilen der Unterhaut und der Muskulatur zur Diagnosesicherung herangezogen werden.
Neben dem direkten Erregernachweis ist auch ein serologischer Nachweis mithilfe der ELISA möglich.
Therapie
In der Zeitspanne der Präpatenz sind Anthelmintika weitgehend unwirksam. Um eine Reduzierung der Läsionen zu erreichen, können Levamisol (je 10 mg/kgKG an 5 aufeinander folgenden Tagen), Fenbendazol (20 mg/kgKG an 5 aufeinander folgenden Tagen) und makrozyklische Laktone (0,2 mg/kgKG) eingesetzt werden. Da oftmals Milchkühe Infektionsquelle für Musca autumnalis sind, bietet sich eine Behandlung mit Eprinomectin an, da hier keine Wartezeit für die Milch vorgeschrieben ist.
Eine regelmäßige Spraybehandlung mit Deltamethrin (Konzentration 37 bis 50 ppm) kann zu einer deutlichen Reduktion der Übertragung führen.
Quellen
- ↑ Bhaibulaya, M. et al.: Parafilaria bovicola Tubangui 1934 from a human eye in Thailand. The Southeast Asian journal of tropical medicine and public health 35(4):817-9, January 2005
Literatur
- Boch, Josef, Supperer, Rudolf. Veterinärmedizinische Parasitologie. 6. vollständig überarbeitete und erweiterte Auflage. Parey Verlag, 2005
- CliniPharm, Wirkstoffdaten: Eprinomectin
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