Pansentrinker-Syndrom (Wiederkäuer)
Synonym: chronisch verlaufende Pansenazidose
Definition
Das Pansentrinker-Syndrom ist ein bei Kälbern auftretendes Krankheitsbild, das durch eine chronisch verlaufende Pansenazidose gekennzeichnet ist. Die Erkrankung muss vom klinischen Bild des Pansentrinkens (akute Pansenazidose) unterschieden werden.
Ätiologie
Das Pansentrinker-Syndrom ist ein Krankheitsbild, das zu Beginn der Milchmastperiode auftritt und vermutlich aufgrund mehrerer zusammenwirkender Faktoren entsteht. Neben der untypischen plötzlichen Umstellung von Fest- auf Flüssigfutter (Milch) spielen auch Haltungs- und Managementprobleme eine wichtige Rolle bei der Entstehung des Syndroms.
Pathogenese
Kälber, die in die Milchmast wechseln, werden zum überwiegenden Anteil mit Milch (Milchaustauscher) ernährt. Grund hierfür ist das vom Konsumenten gewünschte weiße Fleisch, das durch eine Eisen-reduzierte Ernährung ermöglicht wird. Da Raufutter (Stroh, Heu, Gras) eisenhaltig ist, wird dieses möglichst vermieden und durch Milchaustauscher ersetzt.
Nachdem die Kälber in die Milchmastperiode eintreten, werden sie von der zuvor raufutterlastigen Ernährung auf eine nahezu einseitige Milchmast gesetzt. Da zu diesem Zeitpunkt der Schlundrinnenreflex schon versiegt ist, stellt sich in den folgenden Tagen nach dem Wechsel nur bei einem Teil der Tiere der funktionelle Bypass zwischen Ösophagus und Labmagen (Abomasum) wieder ein. Kommt es durch Managementproblemen zum Ausbleiben des Reflexes, gelangt nahezu die gesamte Tränkemenge in die Vormägen.
Aufgrund der mikrobiellen Fermentation der Milch im Vormagen (hauptsächlich im Pansen) kommt es zu einer Fehlgärung der Kohlenhydrate. Es entstehen große Mengen an flüchtigen Fettsäuren (Essig-, Propion- und Buttersäure) sowie Milchsäure. Durch die drastische pH-Absenkung (Ansäuerung) kommt es zu einer Schädigung der Pansenschleimhaut mit nachfolgenden Entzündungsprozessen und Hyperkeratose (proliferative Wirkung flüchtiger Fettsäuren). Die Säuren gelangen in den Blutkreislauf und führen zu einer metabolischen Azidose.
Klinik
Die ersten klinischen Symptome zeigen sich etwa zwei bis drei Wochen nach der Umstellung auf die Milchmast. Die Tiere verweigern die Tränke, gasen auf (Pansentympanie) und zeigen deutliche Verhaltensauffälligkeiten wie z.B. Belecken der Boxenwand oder des eigenen Körpers (Gefahr des Entstehung eines Trichobezoars) sowie Scheinwiederkauen.
Der Kot erscheint lehmartig (sogenannter Kittkot) und an der linken Abdomenseite sind bei der Auskultation charakteristische Plätschergeräusche feststellbar. Bei der Sondierung entweicht ein sauer riechender, weißlicher und mit etlichen Kaseinflocken durchsetzter Panseninhalt, der mengenmäßig meist das vorausgegangene Tränkevolumen übersteigt. Bleibt das Krankheitsbild bestehen, geraten die betroffenen Kälber in einen katabolen Stoffwechsel, werden zunehmend anämisch und kachektisch. Gleichzeitig nimmt die Ausdehung des ventralen Abdomens zu und das Haarkleid wird matter und stumpfer.
Diagnose
Anamnese (Milchmast, Auftreten der Symptome) und klinisches Bild sind pathognomonisch. Durch das Setzen einer Nasenschlundsonde kann der Panseninhalt entnommen und auf charakteristische Veränderungen untersucht werden.
Therapie
Durch ein Absetzen der Milchnahrung und schrittweises Umgewöhnen an Raufutter kann das Krankheitsbild verhindert werden. Bei einer fortschreitenden Pansenazidose mit Störungen des Säure-Basen-Haushalts sollte der Pansen vollständig entleert und gespült (Pansenspülung) werden. Durch die Eingabe eines frischen Pansensaftes (Pansensaftübertragung) kann neu aufgenommenes Raufutter wieder aufbereitet werden.
Metabolische Azidosen müssen mit Bikarbonatinjektionen korrigiert werden.
um diese Funktion zu nutzen.