Meckel-Gruber-Syndrom
nach dem deutschen Anatom Johann Friedrich Meckel (1781–1833) und dem deutschen Arzt Georg Benno Gruber (1884–1977)
Synonyme: Dysencephalia splanchnocystica, Gruber-Syndrom, Meckel-Syndrom
Englisch: Meckel syndrome, Meckel-Gruber syndrome
Definition
Das Meckel-Gruber-Syndrom ist eine seltene, genetisch bedingte Ziliopathie, die durch schwere, angeborene Fehlbildungen gekennzeichnet ist. Sie sind nicht mit dem Leben vereinbar, sodass die Neugeborenen meist nur wenige Tage überleben.
Geschichte
Epidemiologie
Ätiologie
Ursächlich für das Auftreten das Meckel-Gruber-Syndroms ist eine Dysfunktion der Primärzilien während der Embryogenese. Sie wird durch verschiedene, autosomal-rezessiv vererbte Gendefekte hervorgerufen.
Genetik
Derzeit (2022) sind Mutationen in 13 verschiedenen Genen als Ursache für das Meckel-Gruber-Syndrom identifiziert. Abhängig vom betroffenen Gen werden folgende Typen unterschieden:[4]
- Typ 1: Mutation betrifft MKS1 an Genlokus 17q22
- Typ 2: Mutation betrifft TMEM216 an Genlokus 11q12
- Typ 3: Mutation betrifft TMEM67 an Genlokus 8q
- Typ 4: Mutation betrifft CEP290 an Genlokus 12q
- Typ 5: Mutation betrifft RPGRIP1L an Genlokus 16q12
- Typ 6: Mutation betrifft CC2D2A an Genlokus 4p15
- Typ 7: Mutation betrifft NPHP3 an Genlokus 3q22
- Typ 8: Mutation betrifft TCTN2 an Genlokus 12q24
- Typ 9: Mutation betrifft B9D1 an Genlokus 17p11
- Typ 10: Mutation betrifft B9D2 an Genlokus 19q13
- Typ 11: Mutation betrifft TMEM231 an Genlokus 16q23
- Typ 12: Mutation betrifft KIF14 an Genlokus 1q32
- Typ 13: Mutation betrifft TMEM107 an Genlokus 17p13
Pathogenese
Die Pathogenese des Meckel-Gruber-Syndroms ist noch Gegenstand aktueller Forschung. Zilien erfüllen eine Vielzahl von Funktionen und sind unter anderem der Initiationsort für den Wnt- und Hedgehog-Signalweg. Beide Signalwege spielen während der Embryonalentwicklung ein wichtige Rolle. Störungen gehen daher mit schweren Fehlbildungen einher.
Symptome
Charakteristisch für das Meckel-Gruber-Syndrom sind ZNS-Fehlbildungen (z.B. okzipitale Enzephalozele), die Ausbildung von Zystennieren (beidseitig) und das Auftreten von zusätzlichen Fingern und Zehen (Polydaktylie). Zudem kommen schwere Fehlbildungen an weiteren Organen vor. Hierzu zählen u.a.:
Diagnose
Die Diagnose kann mittels Sonographie zwischen der 10. und 14. Schwangerschaftswoche basierend auf den charakteristischen Fehlbildungen gestellt werden.
Differentialdiagnosen
Mögliche Differentialdiagnosen des Meckel-Gruber-Syndroms sind:[5]
- Potter-Sequenz anderer Genese
- Trisomie 13
- Joubert-Syndrom
- Mohr-Syndrom
- Hydroletalus
- infantile polyzystische Nieren
- Smith-Lemli-Opitz-Syndrom
Prognose
Etwa 1/3 der Kinder stirbt bereits im Mutterleib, die anderen sterben in der Regel wenige Stunden nach der Geburt. Daher wird bei einer Diagnosestellung vor der Geburt häufig ein Schwangerschaftsabbruch erwogen. Es existiert derzeit (2022) keine Therapie für die Erkrankung.
Quellen
- ↑ Meckel Beschreibung zweier, durch sehr aehnliche Bildungsabweichungen entstellter Geschwister Deutsches Archiv für die Physiologie 1822
- ↑ Gruber, Beitraege zur Frage 'gekoppelter' Missbildungen. (Akrocephalo-Syndactylie und Dysencephalia splanchnocystica, Beitr Path Anat 1934
- ↑ Salonen und Norio The Meckel syndrome in Finland: epidemiologic and genetic aspects Am J Med Genet 1984
- ↑ OMIM - MKS1, abgerufen am 30.03.2022
- ↑ Entezami et al., Sonographische Fehlbildungsdiagnostik, Thieme, 2002