Lungenlappentorsion (Hund)
Definition
Als Lungenlappentorsion bezeichnet man beim Hund die Rotation eines Lungenlappens am Lungenhilus (Hilum pulmonis) um seine Längsachse.
Ätiologie
Die Lungenlappentorsion ist eine seltene Komplikation, die meist sekundär zur Destabilisierung des Lungenlappens entsteht. Sie kann z.B. nach Pleuraerguss oder Zwerchfellriss bei Atelektasen eines Lungenlappens infolge von Traumata, Thorakotomien oder Pneumothorax auftreten. Oftmals bleibt aber unklar, ob der Pleuraerguss die Ursache oder die Folge der Lungenlappentorsion war (durch Lappenkongestion mit Übertritt von Flüssigkeit in den Pleuralspalt).
In vielen Fällen ist kein eindeutiger Auslöser feststellbar.
Vorkommen
Große Hunderassen mit schmalen, hoch-ovalen Brustkorb (z.B. Afghanen) scheinen eine Rasseprädilektion zu haben. Bei diesen Hunden ist häufig der rechte Mittellappen betroffen. Möpse scheinen ebenfalls vermehrt betroffen zu sein – in über 90 % der Fälle ist der linke Kraniallappen gedreht und nur äußerst selten der Kaudallappen.
Pathogenese
Durch die Torsion des Lungenlappens am Lungenhilus um seine eigene Längsachse kommt es zur Verdrehung und damit zur Abschnürung der in den Lungenlappen ein- und austretenden Strukturen wie Bronchus, Blut- und Lymphgefäße. Durch das Sistieren des venösen Blutabflusses aus dem torquierten Lappen bei weiterem Erhalt des arteriellen Zuflusses kommt es – auch bei teils reduziertem Zufluss – zu einem massiven Blutaustritt ins Lungenparenchym (hämorrhagische Infarzierung).
In weiterer Folge entstehen Hämoptyse und/oder Hämothorax. Ein bereits bestehender unblutiger Erguss wandelt sich binnen kurzer Zeit in einen blutigen Erguss um.
Klinik
Bei Hunden, die bereits an einer Erkrankung des unteren Respirationstrakts leiden – z.B. an einem chronischen Pleuraerguss (z.B. Chylothorax), einer Zwerchfellhernie oder einem Pneumothorax – kommt es häufig zu einer drastischen Verschlechterung des Allgemeinzustands. Neben Mattigkeit, Anorexie und Erbrechen sind Tachypnoe, progressive Atemnot, Husten, Hämoptyse, Fieber und Kreislaufschwäche ausgebildet. Vereinzelt treten auch ein Kollaps oder husteninduzierte Synkopen auf.
Ein signifikanter Pleuraerguss geht mit deutlich abgeschwächten Atemgeräuschen und einer gedämpften Perkussion einher. Chronische Krankheitsverläufe sind zusätzlich durch Abmagerung und Schwäche geprägt.
Komplikation
Als mögliche Komplikationen sind Atelektasen, Aufblähungen des betroffenen Lungenlappens (Einwegventil-Mechanismus im gedrehten Bronchus) sowie Lungenlappeneinrisse bzw. -nekrosen möglich. In weiterer Folge entwickelt sich ein Pneumomediastinum oder ein Pneumothorax.
Differenzialdiagnosen
- Kompressionsatelektasen eines nicht gedrehten Lungenlappens
- Pleuraerguss
- Lungenlappeninfarkt infolge Thrombembolie
- ausgedehnte traumatische Lungenlappenkontusion
- neoplastisch durchwachsener Lungenlappen
- Hämothorax
- Pyothorax
Diagnose
Die Verdachtsdiagnose ergibt sich aus der unerwarteten Verschlechterung des Allgemeinzustands nach bestehender Atemwegserkrankung (z.B. Pneumothorax oder Pleuraerguss).
Die Diagnose kann dann anhand bildgebender Untersuchungsverfahren gesichert werden. Neben typischen Röntgenbefunden und Bronchoskopie ist die Computertomographie die Methode der Wahl.
Therapie
Nachdem der Patient ausreichend stabilisiert wurde (Thorakozentese, Sauerstoffzufuhr, Infusionstherapie, Breitspektrumantibiose u.ä.), ist eine Lobektomie vorzunehmen.
Prognose
Bei frühzeitiger Diagnose, Lobektomie und erfolgreich behandelter Primärerkrankung ist die Prognose günstig.
Literatur
- Kohn B, Schwarz G (Hrsg.). 2017. Praktikum der Hundeklinik. 12., aktualisierte Auflage. Stuttgart: Enke Verlag in Georg Thieme Verlag KG. ISBN: 978-3-13-219961-3
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