Kortikale hämorrhagische Kontusion
Synonyme: Kortikale Kontusion, kortikale Kontusionsblutung, zerebrale hämorrhagische Kontusion
Englisch: cerebral hemorrhagic contusion, cerebral contusion, gyral crest injury, gliding contusion
Definition
Kortikale hämorrhagische Kontusionen sind eine Form der intrazerebralen Blutung und die häufigste intraaxiale Verletzung im Rahmen eines Schädel-Hirn-Traumas.
Epidemiologie
Kontusionsblutungen sind oft mit einer traumatischen Subarachnoidalblutung (tSAB) in den angrenzenden Sulci assoziiert.
Ätiologie
Kortikale Kontusionen entstehen meist durch stumpfe Gewalteinwirkung, wobei abrupte Änderungen im Drehmoment und Dezelerationen dazu führen, dass das Gehirn gegen die Schädelkalotte, die Falx cerebri oder das Tentorium cerebelli schlägt. Seltener führt eine Schädelfraktur zu einer Kontusionsblutung des angrenzenden Hirnparenchyms.
Lokalisation
Kontusionsblutungen treten meist an charakteristischen Stellen auf: Ungefähr 50 % d.F. betreffen den Temporallappen, insbesondere die Spitze, die laterale und inferiore Oberfläche sowie die Sylvi'sche Fissur. Weiterhin ist die inferiore bzw. orbitale Fläche des Frontallappens häufig betroffen. Weniger häufige Lokalisationen sind die Großhirnkonvexität, das dorsale Corpus callosum, das dorsolaterale Mesencephalon sowie das Kleinhirn. Selten findet sich eine Beteiligung der okzipitalen Regionen. Kontusionen, die gegenüber der Stelle des direkten Aufpralls ("Coup") auftreten, werden als "Contre-Coup" bezeichnet (Coup-Contrecoup-Verletzung).
Pathologie
Makroskopie
Kortikale Kontusionen können kleinen petechialen Blutungen bis hin zu großen konfluierenden Hämatomen entsprechen.
Mikroskopie
Die initialen perivaskulären Mikroblutungen konfluieren im Verlauf zu Hämatomen. Perifokal bildet sich ein Ödem. Anschließend kommt es zur Aktivierung und Proliferation von Astrozyten und zur Infiltration von Makrophagen. Bei subakuten und chronischen Läsionen finden sich Nekrosen mit Verlust von Neuronen und Astrogliose sowie hämosiderinbeladenen Makrophagen.
Klinik
Kortikale hämorrhagische Kontusionen können asymptomatisch verlaufen oder zu Verwirrung, Krampfanfällen oder Vigilanzminderung führen. Im Gegensatz zum diffusen Axonschaden ist ein sofortiger Bewusstseinsverlust selten.
Radiologie
Computertomographie
In der Computertomographie (CT) stellen sich Kontusionsblutungen hyperdens dar. Initial finden sich meist punktförmige Blutungen entlang des Gyrus unmittelbar angrenzend an die Schädelkalotte. Perifokal zeigt sich ein meist geringes, hypodenses Ödem. In ca. 50 % d.F. findet sich innerhalb der ersten 24 bis 48 Stunden ein Progress: Kleine Läsionen können zu größeren Hämatomen konfluieren und neue Blutungen können auftreten.
Magnetresonanztomographie
Die Magnetresonanztomographie (MRT) ist sensitiver für die Detektion von kortikalen Kontusionen, wird jedoch initial nur selten durchgeführt. Im Akutstadium zeigen sich folgende Befunde:
- T1w: geringe inhomogene isointense, raumfordernde Signalalterationen
- T2w: fleckiges hyperintenses Perifokalödem um hypointense Blutung
- FLAIR: sensitivste Sequenz für den Nachweis des kortikalen Ödems und einer begleitenden tSAB, die sich beide hyperintens darstellen.
- T2*: sensitivste Sequenz für den Nachweis der Parenchymblutung. Akute Läsionen zeigen ein Blooming-Artefakt.
- DWI: Diffusionsrestriktion in nekrotischen Bereichen
Im Verlauf werden die Blutungen hyperintens in T1w. Atrophie, Demyelinisierung und mikrogliale Narbenbildung sind in FLAIR und T2w erkennbar. Die Diffusions-Tensor-Bildgebung (DTI) kann begleitende Schäden der weißen Substanz darstellen, selbst wenn Standardsequenzen unauffällig sind.
Differenzialdiagnosen
- Diffuser Axonschaden: meist im Bereich der Corona radiata, der Capsula interna und des Corpus callosum.
- Zerebrale Lazeration: selten; tritt nur bei schweren, meist fatalen Verletzungen auf, wenn die Pia durchtrennt und das angrenzende Hirnparenchym zerfetzt wird. Die schwerste Ausprägung wird auch als "burst lobe" bezeichnet. Lazerationen bei Säuglingen und Kleinkindern stehen typischerweise im Zusammenhang mit einem Shaken-Baby-Syndrom.
Therapie
Die Behandlung ist abhängig vom Ausmaß der Kontusionsblutung. Bei milden Formen ist eine rein supportive Therapie ausreichend. Große Hämatome müssen operativ ausgeräumt werden. Schwere Hirnödeme bedürfen einer Kraniektomie. Rekombinanter Faktor VII kann möglicherweise das Risiko einer progressiven Blutung senken.
Prognose
Bei kleinen Kontusionsblutungen, initial gutem GCS-Wert und stabiler Symptomatik in den ersten 48 Stunden ist die Wahrscheinlichkeit einer notwendigen nachfolgenden Operation gering. Eine neurologische Verschlechterung findet sich meist bei älteren Patienten, großen Kontusionen, initial niedrigem GCS, Koagulopathie und gleichzeitigem Subduralhämatom.
um diese Funktion zu nutzen.