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Nicht-akzidentelles Schädel-Hirn-Trauma

(Weitergeleitet von Shaken-Baby-Syndrom)

Synonyme: Schütteltrauma, Shaken-Baby-Syndrom, Shaken-Impact-Syndrom
Englisch: shaken baby syndrome, abusive head trauma

1. Definition

Das nicht-akzidentelle Schädel-Hirn-Trauma, kurz NASHT, beschreibt als rechtsmedizinischer Begriff die Folge einer Kindesmisshandlung mit meist schweren neurologischen Folgen und relativ geringen äußerlich sichtbaren Verletzungen. Es handelt sich um eine Form der körperlichen Misshandlung.

2. Nomenklatur

Der Begriff Schütteltrauma sollte laut der aktuellen Kinderschutzleitlinie nicht mehr genutzt werden.

3. Pathogenese

Ein NASHT entsteht durch starkes Schütteln des Säuglings oder Kleinkinds in der Sagittalachse. Durch die schwach ausgeprägte kindliche Halsmuskulatur wird der relativ große Kopf wiederholt beschleunigt und durch Anprall des Kinns auf der Brust und des Hinterkopfes zwischen den Schulterblättern ruckartig abgebremst.

Die starken Rotations- und Scherkräfte führen zu verschiedenen intrakraniellen Verletzungen wie axonalen Scherverletzungen, die einen Abriss neuronaler Verbindungen zur Folge haben. Darüber hinaus kann es zu Verletzungen des Parenchyms und Einblutungen in die Netzhaut und den Glaskörper kommen. Das gewaltsame Schütteln führt zum Abriss der dünnwandigen Brückenvenen und damit zur Subduralblutung. Dabei tritt venöses Blut zwischen Dura mater und Arachnoidea und bildet einen pathologischen Spaltraum, das Spatium subdurale. Die Blutung breitet sich dort nahezu ungehindert aus.

Im weiteren Verlauf kann es zu einem zytotoxisch-inflammatorischen Zelluntergang kommen.

Lässt sich gleichzeitig eine Schädelverletzung (Schädelfraktur oder Kephalhämatom) diagnostizieren - durch zusätzlichen Aufprall des Schädels auf einer harten Oberfläche - spricht man auch von einem Shaken-Impact-Syndrom.

Als Hauptauslöser für ein NASHT wird in der Literatur häufig lang anhaltendes Schreien des Kindes angegeben.[1][2]

4. Klinik

4.1. Kurzfristig auftretende Symptome

Als erstes Anzeichen lassen sich neurologische Ausfälle beobachten. Durch die Mitbeteiligung des Hirnstamms kann es initial zu einem kurzfristigen Atemstillstand kommen. Die Kinder sind häufig schläfrig bzw. apathisch. Weitere klinische Symptome sind beispielsweise Trinkschwäche, zerebrale Krampfanfälle, Temperaturstörungen und Erbrechen. Mögliche extrakranielle Verletzungen sind Hämatome, Humerusfrakuren oder Rippenfrakturen durch gewaltsames Festhalten des Kindes. Die Hämatome treten dabei insbesondere an den Oberarmen oder am Thorax auf.

4.2. Langfristig auftretende Symptome

Langzeitstörungen sind beispielsweise Seh- und Hörstörungen, Lähmungen oder Entwicklungsstörungen (z.B. Schulleistungsschwäche, Sprachentwicklungsstörungen).

5. Diagnostik

Die Diagnostik umfasst eine strukturierte Anamnese, bei der unter anderem das aktuelle Geschehen erfasst oder psychosoziale Belastungsfaktoren eruiert werden. Es sollte eine sorgfältige körperliche Untersuchung mit einer Fotodokumentation erfolgen. Die bildgebende Diagnostik umfasst die Durchführung einer Magnetresonanztomographie des Schädels und des Spinalkanals sowie ein Skelettscreening. Ist das Kind vital bedroht, sollte zunächst eine kraniale Computertomographie erfolgen. Darüber hinaus wird eine strukturierte Funduskopie zur Diagnostik retinaler Blutungen durchgeführt. Die Diagnostik umfasst zudem eine Labordiagnostik.

Aufgrund zu später Diagnose kommt es häufig zu bleibenden neurologischen Langzeitschäden bzw. bei etwa einem Viertel der Fälle sogar zum Tod.

6. Therapie

Die Behandlung erfolgt symptomatisch. Bei Verdacht auf ein NASHT sollte das Jugendamt informiert werden. Dabei müssen die Regeln zu Weitergabe von Informationen durch schweigepflichtige Personengruppen beachtet werden (siehe auch: Bundeskinderschutzgesetz).

7. Quellen

  1. Reijneveld et al. Infant crying and abuse, Lancet, 2004
  2. Nationales Zentrum Frühe Hilfen. Babyschreien und Schütteltrauma: Aufklärungsbedarf in der Bevölkerung, abgerufen am 20.03.2023

8. Literatur

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21.03.2024, 08:52
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