JC-Virus
nach John Cunningham, dem Patienten, bei dem das JC-Virus 1971 erstmals isoliert wurde
Synonyme: Humanes Polyomavirus 2, JC-Polyomavirus, JCPyV
Englisch: JC virus, John Cunningham virus
Definition
Das JC-Virus, kurz JCV, ist ein potentiell pathogenes Virus der Gattung Betapolyomavirus aus der Familie der Polyomaviridae. Er verursacht bei Menschen mit Immundefizienz die Progressive multifokale Leukenzephalopathie (PML).
Taxonomie
- Bereich: Monodnaviria
- Reich: Shotokuvirae
- Stamm: Cossaviricota
- Klasse: Papovaviricetes
- Ordnung: Sepolyvirales
- Familie: Polyomaviridae
- Gattung: Betapolyomavirus
- Art: JC-Virus (Humanes Polyomavirus 2)
- Gattung: Betapolyomavirus
- Familie: Polyomaviridae
- Ordnung: Sepolyvirales
- Klasse: Papovaviricetes
- Stamm: Cossaviricota
- Reich: Shotokuvirae
siehe Hauptartikel: Virustaxonomie
Epidemiologie
Das Virus ist weltweit verbreitet. Es wird angenommen, dass zwischen 70 und 90% der Menschen infiziert sind. Meist kommt es in der Kindheit und Adoleszenz zum Viruskontakt. Das Virus lässt sich in hoher Konzentration in Abwässern nachweisen.
Morphologie
Das JC-Virus ist ein DNA-Virus mit einem Durchmesser von etwa 45 nm. Das ikosaedrische Kapsid ist aus 72 Kapsomeren aufgebaut, zum überwiegenden Teil aus dem Hüllprotein VP1, zum kleiner Teil aus VP2 und VP3.
Das Genom des JC-Virus umfasst 5.130 Basenpaare. Man unterteilt es in drei Regionen:
- nichtcodierende Region mit Replikationsursprung
- Region für das große und kleine T-Antigen
- Region für die Hüllproteine VP1, VP2 und VP3 sowie das dazugehörige Agnoprotein.
Virusvarianten entstehen durch unterschiedliche Arrangements der nichtkodierenden Region.
Infektion
Der genaue Infektionsweg ist noch nicht bekannt, es wird aber eine fäkal-orale Übertragung durch kontaminiertes Wasser vermutet. Es wird angenommen, dass die Tonsillen oder der Gastrointestinaltrakt die Eintrittspforte sind. Das Virus kann latent in Zellen des Gastrointestinaltrakts verweilen oder - zum Beispiel bei Immundefizienz - sich auf dem Blutweg weiter ausbreiten, z.B. in die Nieren und in das ZNS. Das JC-Virus infiziert u.a. das Tubulussystem der Niere, wo es sich reproduziert und Viruspartikel mit dem Urin abgehen.
Hat das Virus die Blut-Hirn-Schranke überwunden, infiziert es im ZNS Oligodendrozyten und Astrozyten unter Ausbildung von eosinophilen Einschlusskörperchen - möglicherweise durch andocken an den 5-HT2A-Rezeptor.
Klinik
In der Regel verläuft die Primärinfektion asymptomatisch, wie beim Herpesvirus kann das Virusgenom bei einer Immunschwäche (z.B. AIDS) jedoch reaktiviert werden und dann zu Symptomen führen. Das gilt auch für die Behandlung mit immunsupprimierenden Biologika wie Rituximab, Natalizumab oder Brentuximab. Die Zulassung von Efalizumab wurde beispielsweise aufgrund einer erhöhten PML-Indidenz zurückgenommen.
Die ersten klinischen Anzeichen einer PML sind Sprachstörungen und Demenz. Im Verlauf kommt es u.a. zu Paresen und Sensibilitätsstörungen. In der MRT zeigen sich Läsionen der weißen Substanz, meist in Kortexnähe. Zur Diagnosestellung werden Hirnbiopsien oder Liquor mittels PCR untersucht.
Therapie
Es existiert aktuell (2024) keine spezifische antivirale Therapie.