Retina
von lateinisch: rete - Netz, Garn
Synonyme: Netzhaut, innere Augenhaut, Tunica interna bulbi
Englisch: retina
Definition
Die Retina ist eine ca. 200 µm dicke Gewebsschicht, die das Innere des Auges wie eine Tapete auskleidet. Sie ist der sensorische Bereich des Auges und dient der Wahrnehmung von Lichtreizen.
Aufbau
Die äußerste Schicht der Retina liegt unmittelbar der Bruch-Membran an, einer membranartigen Verdickung der Aderhaut (Choroidea), von der die Retina leicht abgelöst werden kann. Die innerste Schicht grenzt an den Glaskörper (Corpus vitreum). Morphologisch und funktionell lässt sich die Retina nach mehreren Aspekten unterteilen:
...nach Lichtempfindlichkeit
- Pars optica retinae: Der "sehende" Teil der Retina. Er kleidet den Augenhintergrund (Fundus oculi) aus und liegt von innen der Choroidea an.
- Pars caeca retinae: Der "blinde" Teil der Retina. Er besitzt keine Photorezeptoren kann wiederum in eine Pars ciliaris retinae ("Ziliarepithel") auf der dorsalen Seite des Corpus ciliare und eine Pars iridica retinae auf der Rückseite der Iris unterteilt werden.
Der Übergang zwischen dem blinden und dem sehenden Teil der Netzhaut erfolgt im vorderen Teil des Bulbus oculi und ist an seinem gezackten Verlauf erkennbar. Die kreisrunde Verlaufslinie im Augeninneren wird auch als Ora serrata bezeichnet.
...nach Morphologie
Die Pars optica retinae besteht aus verschiedenen Zelltypen, u.a. aus Photorezeptoren, Bipolarzellen, Horizontalzellen, Ganglienzellen, Müller-Zellen und amakrinen Zellen. Sie bilden zusammen ein komplexes dreidimensionales Zellnetzwerk, das eine funktionelle Einheit darstellt. Nach morphologischen Gesichtspunkten lässt sich die Pars optica retinae von außen nach innen in 10 Schichten unterteilen:
- Pigmentepithelschicht (Stratum pigmentosum retinae, RPE)
- Photorezeptorenschicht (Stratum neuroepitheliale retinae), mit
- Außensegment (Outer Segment, OS)
- Innensegment (Inner Segment, IS)
- Äußere Grenzmembran (Membrana limitans externa, Outer Limiting Membrane, OLM)
- Äußere Körnerschicht (Stratum nucleare externum, Outer Nuclear Layer, ONL)
- Äußere plexiforme Schicht (Stratum plexiforme externum, Outer Plexiform Layer, OPL)
- Innere Körnerschicht (Stratum nucleare internum, Inner Nuclear Layer, INL)
- Innere plexiforme Schicht (Stratum plexiforme internum, Inner Plexiform Layer, IPL)
- Ganglienzellschicht (Stratum ganglionare fasciculi optici, Ganglion Cell Layer, GCL)
- Nervenfaserschicht (Stratum neurofibrarum, Optic Fiber Layer, OFL)
- Innere Grenzmembran (Membrana limitans interna, Inner Limiting Membrane, ILM)
Die Schichten 2-10 werden auch als Stratum nervosum retinae zusammengefasst. Manche Lehrbücher sehen sie als eigentliche Netzhaut an und ordnen der Retina dann nur 9 Schichten zu.
Der Aufbau macht deutlich, dass das Licht zuerst alle anderen inneren Schichten der Netzhaut durchdringen muss, bevor es zu den Photorezeptoren gelangt. Deshalb bezeichnet man den Aufbau der Retina auch als invers.
...nach Funktion
Neben der rein morphologischen Schichtung kann man die Retina auch nach funktionellen Gesichtspunkten unterteilen. Eine funktionelle Schicht fasst mehrere morphologische Schichten der oberen Tabelle zusammen (Zahlenangaben):
- Pigmentepithelschicht: 1
- Erstes retinales Neuron - Neuroepithelschicht: 2, 3, 4
- Zweites retinales Neuron - Retinale Ganglienzellschicht: 5, 6, 7
- Drittes retinales Neuron - Ganglienzellschicht des Nervus opticus: 8, 9, 10
Aktionspotenziale werden erst in den Ganglienzellen des Nervus opticus ausgelöst. Die Bipolarzellen des zweiten retinalen Neurons bedienen sich der elektrotonischen Erregungsleitung.
Embryologie
Die Retina gilt als ein aufgelagerter Teil des Zentralnervensystems, genauer des Diencephalons. Sie entwickelt sich aus beiden Blättern des embryonalen Augenbechers - dem äußeren (zur Sklera hin gelegenen) und dem inneren (zum Glaskörper hin gelegenen) Blatt. Das äußere Blatt bildet das Stratum pigmentosum, das innere Blatt die neuronale Retina. Dazu zählen alle Zellen, die der Photodetektion, Impulsverschaltung und Impulsleitung dienen.
Klinik
Die Diagnostik und Therapie von Erkrankungen der Retina sind die Domäne der Ophthalmologie. Da die Retina ein relativ kleiner Gewebebereich ist, haben meist schon geringe pathologische Veränderungen eine große medizinische Bedeutung, da sie schnell zu einem Sehverlust und damit zu einer zu erheblichen Behinderung führen.
Erkrankungen der Retina
Zu den Erkankungen der Retina zählen u.a.:
- Diabetische Retinopathie
- Hypertensive Retinopathie
- Netzhautablösung (Ablatio retinae)
- Retinitis pigmentosa
- Makuladegeneration
- Makulaforamen
- Retinoblastom
Diagnostische Verfahren zur Untersuchung der Retina
- Ophthalmoskopie
- Elektroretinographie (ERG)
- Elektrookulographie (EOG)
- Fluoreszenzangiographie (FAG)
- Optische Kohärenztomografie (OCT)
Podcast
Literatur
- Lüllmann-Rauch et al., Taschenlehrbuch Histologie, Georg Thieme Verlag Stuttgart, 6. Auflage
Bildquelle
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