Englisch: fractures of the humerus
Unter Humerusfraktur versteht man einen Knochenbruch des Humerus beim Pferd.
Humerusfrakturen kommen aufgrund der Beschaffenheit des Knochens (kurz, kräftig) und der massiven Bemuskelung nur äußerst selten vor. Verletzungen des Humerus können grundsätzlich bei allen Rassen und in jedem Alter auftreten, sind aber gehäuft bei jungen Tieren (Fohlen unter einem Lebensjahr) anzutreffen.
Humerusfrakturen können entweder nach der Art oder nach der Lokalisation eingeteilt werden.
Häufigste Ursache einer Humerusfraktur sind Stürze oder traumatische Einwirkungen von außen (z.B. Trittverletzung). Selten kommt es auch zu Stressfrakturen während Pferderennen, die aufgrund von anhaltendem Druck zu Mikrofrakturen und letztendlich zum vollständigen Niederbruch des Knochens führen.
In den meisten Fällen befindet sich die Fraktur im mittleren Drittel des Humerusschafts (48 %). Hier kommen v.a. geschlossene Schräg-, Quer- und Spiralfrakturen vor.
Das klinische Bild sowie der Schweregrad der Lahmheit hängt primär von der Fraktur-Art und der Lokalisation ab.
Nicht-dislozierte oder nur geringgradig verschobene proximale Humerusfrakturen (z.B. Salter-Harris-Typ 1, Tuberculum-majus-Fraktur, Tuberositas-deltoidea-Fraktur) und nicht-dislozierte Humerusschaft-Frakturen gehen häufig mit einer über ein bis zwei Tage andauernde und unspezifischen Lahmheit einher. Die betroffene Gliedmaße ist mittelgradig geschwollen und sowohl die Palpation als auch Manipulation (Beugung, Streckung) des Beins ist schmerzhaft.
Inkomplette Frakturen bzw. Fissuren treten oftmals mit unspezifischen Symptomen in Erscheinung. Die betroffene Stelle ist häufig nicht geschwollen und die Tiere zeigen nur eine undeutliche und unregelmäßige Lahmheit. Komplette sowie dislozierte Frakturen hingegen gehen mit einer akut einsetzenden hochgradigen Stützbeinlahmheit (Grad 4-5/5) einher. Betroffene Pferde zeigen eine typische Entlastungsstellung ("dropped elbow"), die durch eine Verletzung des Nervus radialis (Radialisparese) verschlimmert wird. Der gesamte Oberarm ist geschwollen und druckdolent.
Die Diagnose kann hauptsächlich aufgrund der typischen Klinik (Entlastungsstellung, Schwellung, Lahmheit) und mithilfe von Röntgenbildern gestellt werden.
Grundsätzlich muss zwischen folgenden drei Therapiemöglichkeiten ausgewählt werden:
Eine konservative Behandlung kann bei kompletten bzw. inkompletten, nicht-dislozierten oder nur geringgradig verschobenen sowie nicht-artikulären Frakturen versucht werden, z.B. bei geringgradig dislozierten Salter-Harris-Typ-1- und Typ-2-Frakturen (proximale sowie distale Epiphyse). Diese Pferde müssen für mindestens 3 bis 6 Monate Boxenruhe einhalten. Um Komplikationen zu vermeiden (z.B. eine inkomplette in eine komplette Fraktur zu überführen), sollten die Pferde in einer Überkopfschlinge fixiert werden, um die Last von den Gliedmaßen zu nehmen.
Der Heilungsverlauf ist durch regelmäßige röntgenologische Kontrollen zu überprüfen.
Es sind verschiedene Osteosynthese-Methoden zur Therapie einer Humerusfraktur beschrieben. Aufgrund des großen Gewichts der Pferde und den einwirkenden Kräften sind viele Techniken jedoch nicht erfolgsversprechend. Gute Ergebnisse konnten mit verschiedenen intramedullären Pins, Plattenosteosynthesen, Cerclagetechniken und Zugschrauben (in unterschiedlichen Kombinationen) bei Kleinpferden und Ponies erzielt werden.
Tags: Fraktur, Humerus, Pferd, Verletzung, Vordergliedmaße
Fachgebiete: Chirurgie, Orthopädie, Veterinärmedizin
Diese Seite wurde zuletzt am 13. November 2020 um 12:38 Uhr bearbeitet.
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