Hepatorenales Syndrom
Synonym: HRS
Englisch: hepatorenal syndrome
Definition
Das hepatorenale Syndrom ist eine Form des akuten Nierenversagens, die bei schweren und fortgeschrittenen Lebererkrankungen (z.B. Leberzirrhose) auftritt. In diesem Sinn kann das hepatorenale Syndrom als kombinierte Leber- und Niereninsuffizienz betrachtet werden.
Pathogenese
Die Pathogenese des hepatorenalen Syndroms ist derzeit (2025) noch nicht vollständig geklärt.
Eine Leberzirrhose führt zu einem Funktionsverlust der Leber und mit der Zeit zu einer portalen Hypertension mit Ausbildung eines Aszites. Daraus resultiert ein Flüssigkeitsmangel im systemischen Kreislauf, der durch eine verminderte renale Ausscheidung von Wasser kompensiert wird.
Zudem wird eine arterielle Vasodilatation im Splanchnikusgebiet durch eine vermehrte Produktion von Vasodilatatoren (z.B. NO) aufgrund der portalen Hypertension als zentraler Pathomechanismus vermutet. In den frühen Stadien der Leberzirrhose wird dies durch ein erhöhtes Herzzeitvolumen kompensiert. Bei fortschreitender Leberzirrhose kann der Abfall des systemischen Gefäßwiderstands jedoch nicht mehr adäquat kompensiert werden. Folge ist eine Reduktion des effektiven Blutvolumens und des mittleren arteriellen Blutdrucks. Kompensatorisch wird das Renin-Angiotensin-Aldosteron-System und das sympathische Nervensystem aktiviert. Hierdurch kommt es zu einer Vasokonstriktion der Nierengefäße, die zu einer Abnahme der Glomerulumfunktion führt.
Außerdem wird eine zunehmende zirrhotische Kardiomyopathie, z.B. aufgrund chronisch erhöhter Noradrenalinspiegel, als weiterer pathogenetischer Faktor vermutet.
Eine radikale Therapie des Aszites, beispielsweise durch die Gabe von Diuretika oder durch eine Aszitespunktion, kann dann Auslöser des hepatorenalen Syndroms sein. Auch eine Sepsis oder größere Blutungen können als Trigger wirken.
Formen
Es werden zwei Formen unterschieden:
- HRS Typ 1: rasches Nierenversagen mit Verdoppelung des Serumkreatinins auf über 2,5 mg/dl in < 2 Wochen
- HRS Typ 2: moderates Nierenversagen mit einem Serumkreatinin von 1,5 - 2,5 mg/dl und stabilem fortschreitendem Verlauf (häufig mit refraktärem Aszites vergesellschaftet)
Symptomatik
Klinisch zeigen sich die Symptome der zugrundeliegenden Lebererkrankung in Verbindung mit den Zeichen einer Niereninsuffizienz. Es kommt zu einer Erhöhung der Retentionswerte bis hin zur vollständigen Anurie.
Diagnostik
Diagnosekriterien des hepatorenalen Syndroms sind:
- Leberzirrhose mit Aszites oder schwere alkoholische Steatohepatitis
- Serumkreatinin > 1,5 mg/dl ohne Besserung nach
- Ausschluss eines Schockgeschehens
- keine laufende oder kürzlich erfolge Therapie mit nephrotoxischen Medikamenten
- Auschluss einer parenchymatösen Nierenerkrankung (keine Proteinurie > 500 mg/Tag)
- unauffälliges Urinsediment und keine Mikrohämaturie (> 50 Ery/HPF)
- unauffällige Nierensonographie
Therapie
Die Therapie des hepatorenalen Syndroms ist darauf ausgerichtet, die zugrunde liegende Störung der Nierendurchblutung günstig zu beeinflussen. Als Auslöser in Verdacht stehende Medikamente und Therapien (Diuretikum, NSAR) werden abgesetzt.
Zur Steigerung der Nierendurchblutung wird als Therapie der Wahl beim HRS Typ 1 die Kombinationsbehandlung aus Albumininfusion (20 - 40 g/Tag) und vasokonstriktiver Therapie (Terlipressin oder Noradrenalin) empfohlen. Der Nutzen dieser Therapie ist für Patienten mit HRS Typ 2 bisher nicht belegt, sodass diese analog zu Patienten mit refraktärem Aszites behandelt werden. Die entsprechenden Leitlinienempfehlungen werden aktuell (Stand 06/2025) überarbeitet.
Eine Indikation zur Hämodialyse oder zu anderen Nierenersatzverfahren besteht nur zur Überbrückung und Lebenserhaltung bei geplanter und unmittelbar bevorstehender Lebertransplantation. Insbesondere bei notfallmäßig über einen zentralvenösen Zugang eingeleiteter Therapie besteht ein hohes Risiko. Ein Überlebensvorteil im Rahmen der isolierten Nierenersatztherapie (ohne anschließende Transplantation) kann nach heutigem Kenntnisstand sicher ausgeschlossen werden.
Trotz aller therapeutischen Bemühungen hat das hepatorenale Syndrom eine Letalität von über 80%. In Einzelfällen kann die Anlage eines TIPS (Transjugulär intrahepatischer portosystemischer Shunt) zur Wiederherstellung der Nierenfunktion führen.
Die Nierenfunktion ist prinzipiell bei Wiederherstellung der Leberfunktion reversibel. Eine Lebertransplantation ist daher im Falle fehlender Kontraindikationen die Therapie der Wahl mit den größten Erfolgsaussichten.
Literatur
- AWMF-Leitlinie Komplikationen der Leberzirrhose, 2019