Hepatorenales Syndrom
Englisch: hepatorenal syndrome
Definition
Das hepatorenale Syndrom ist eine Form des akuten Nierenversagens, die bei schweren und fortgeschrittenen Erkrankungen der Leber (z.B. Leberzirrhose) auftritt. In diesem Sinn kann das hepatorenale Syndrom als kombinierte Leber- und Niereninsuffizienz betrachtet werden.
Pathogenese
Die Pathogenese des hepatorenalen Syndroms ist derzeit (2022) noch nicht vollständig aufgeklärt.
Eine Leberzirrhose führt zu einem Funktionsverlust der Leber und mit der Zeit zu einer portalen Hypertension unter Ausbildung eines Aszites. Daraus resultiert ein Flüssigkeitsmangel im systemischen Kreislauf, der durch eine verminderte renale Ausscheidung von Wasser kompensiert wird.
Die Nieren weisen histologisch keine Veränderungen auf. Als Pathomechanismus des hepatorenalen Syndroms wird eine Vasokonstriktion der Nierengefäße betrachtet, die zu einer Abnahme der Glomerulumfunktion führt, die Funktion des Tubulussystems jedoch kaum beeinträchtigt.
Im Zuge des hepatorenalen Syndroms ist die Plasmareninaktivität erhöht. Störungen im Renin-Angiotensin-Aldosteron-System oder im Prostaglandinsystem werden für die Vasokonstriktion der Nierengefäße verantwortlich gemacht.
Eine radikale Therapie des Aszites, beispielsweise durch die Gabe von Diuretika oder durch eine Aszitespunktion, kann dann Auslöser des hepatorenalen Syndroms sein. Auch eine Sepsis oder größere Blutungen können als Trigger wirken.
Symptomatik
Klinisch zeigen sich die Symptome der zugrundeliegenden Lebererkrankung in Verbindung mit den Zeichen einer Niereninsuffizienz. Es kommt zu einer Erhöhung der Retentionswerte bis hin zur vollständigen Anurie.
Diagnostik
Die Diagnose eines hepatorenalen Syndroms gilt als sicher bei:
- Natriumausscheidung < 10 mmol/l
- Urinosmolalität > 500 ml
Beide Werte können aus 24-Stunden-Sammelurin bestimmt werden und sollten bei einer Aszitestherapie alle 2-3 Tage überprüft werden.
Therapie
Die Therapie des hepatorenalen Syndroms ist darauf ausgerichtet, die zugrunde liegende Störung der Nierendurchblutung günstig zu beeinflussen. Als Auslöser in Verdacht stehende Medikamente und Therapien (Diuretikum, NSAR) werden abgesetzt, zur Steigerung der Nierendurchblutung können Vasopressin-Analoga (z.B. Terlipressin) gegeben werden. Auch die zeitlich befristete Gabe von Humanalbumin kann versucht werden, ebenso die (moderate) Aszitespunktion, sowie ggf. ein Off-Label-Einsatz von Midodrin.
Eine Indikation zur Hämodialyse oder zu anderen Nierenersatzverfahren besteht nur zur Überbrückung und Lebenserhaltung bei geplanter und unmittelbar bevorstehender Lebertransplantation. Insbesondere bei notfallmäßig über einen zentralvenösen Zugang eingeleiteter Therapie besteht ein hohes Risiko. Ein Überlebensvorteil im Rahmen der isolierten Nierenersatztherapie (ohne anschließende Transplantation) kann nach heutigem Kenntnisstand sicher ausgeschlossen werden.
Trotz aller therapeutischen Bemühungen hat das hepatorenale Syndrom eine Letalität von über 80%. In Einzelfällen kann die Anlage eines TIPS (Transjugulär intrahepatischer portosystemischer Shunt) zur Wiederherstellung der Nierenfunktion führen.
Die Nierenfunktion ist prinzipiell bei Wiederherstellung der Leberfunktion reversibel. Eine Lebertransplantation ist daher im Falle fehlender Kontraindikationen die Therapie der Wahl mit den größten Erfolgsaussichten.