Großhirn
von altgriechisch: tele (τῆλε) - fern, egkephalos (ἐγκέφαλος) - Gehirn
Synonyme: Endhirn, Telencephalon, Cerebrum
Englisch: cerebrum
Definition
Das Groß- oder Endhirn bildet mit ungefähr 80% den größten Teil des menschlichen Gehirns und den differenziertesten des Zentralnervensystems. Es ist verantwortlich für viele Denk- und Handlungsprozesse, die den Menschen von anderen Lebewesen unterscheiden.
Äußere Gliederung
Das Großhirn liegt kranial dem Schädeldach an und kaudal der vorderen und mittleren Schädelgrube auf. Durch den Interhemisphärenspalt (Fissura longitudinalis cerebri) ist es in zwei Halbkugeln (Hemisphären) getrennt. Die Oberfläche des Großhirns ist stark gefurcht, was der Oberflächenvergrößerung dient. Von den daraus entstehenden Furchen (Sulci) und Windungen (Gyri) sind von außen gesehen der Sulcus centralis, der den Frontal- vom Parietallappen trennt, und der Sulcus lateralis, der den Frontal- und den Parietallappen vom Temporallappen trennt, besonders prominent. Anhand der Windungen und Furchungen lässt sich das Großhirn in einzelne Lobi cerebri gliedern:
- Frontallappen (Lobus frontalis)
- Parietallappen (Lobus parietalis)
- Temporallappen (Lobus temporalis)
- Okzipitallappen (Lobus occipitalis)
- Insula (Lobus insularis)
- Limbischer Lappen (Lobus limbicus)
Innere Gliederung
Rinde (Cortex cerebri), graue Substanz
Der Cortex kann entwicklungsgeschichtlich (phylogenetisch) in unterschiedlich alte Abschnitte unterteilt werden:
- Paläocortex: Riechhirnanteile
- Archicortex: Teile des limbischen Systems, z.B. Hippocampus
- Neocortex: macht den größten Teil des Cortex aus
Weiterhin werden histologisch zwei Teile unterschieden, die wiederum in mehrere Schichten unterteilt werden können:
- Allocortex (z.B. Hippocampusformation), besteht von außen nach innen aus
- Molekularschicht (Lamina molecularis)
- Pyramidenzellschicht (Lamina pyramidalis)
- Multiforme Schicht (Lamina multiformis)
- Isocortex, von außen nach innen
- Molekularschicht (Lamina molecularis)
- Äußere Körnerzellschicht (Lamina granularis externa)
- Äußere Pyramidenzellschicht (Lamina pyramidalis externa)
- Innere Körnerzellschicht (Lamina granularis interna)
- Innere Pyramidenzellschicht (Lamina pyramidalis interna)
- Multiforme Schicht (Lamina multiformis)
Ebenfalls unter histologischen Gesichtspunkten teilte Korbinian Brodmann die Großhirnrinde in 52 sog. Brodmann-Areale ein.
Mark, weiße Substanz
Als weiße Substanz werden die Ansammlungen von Fasern bezeichnet, die Nervenbahnen bilden. Man unterscheidet zwischen
- Assoziationsbahnen: Verbinden verschiedene Kortexareale einer Hemisphäre (ipsilateral)
- Kommissurenbahnen: Verbinden beide Hemisphären miteinander und verlaufen vor allem im Corpus callosum
- Projektionsbahnen: Verbinden reziprok den Kortex mit anderen Hirnabschnitten oder mit dem Rückenmark und sammeln sich vor allem in der Capsula interna
Der Cortex wird mit der nach innen folgenden weißen Substanz als Großhirnmantel (Pallium) zusammengefasst.
Subkortikale Kerngebiete
Neben der Großhirnrinde befindet sich graue Substanz auch eingelagert in der weißen Substanz des Palliums. Zu den wichtigsten subkortikalen Kerngebieten gehören:
- Basalganglien
- Striatum, das sich zusammensetzt aus
- Globus pallidus
- Claustrum
- Corpus amygdaloideum
- Nucleus ruber
Kortikale Zentren
Die Hirnlappen enthalten jeweils funktionell übergeordnete Rindenzentren. Man unterscheidet zwischen den primären Kernfeldern, sekundären Rindenfeldern und Assoziationsfeldern.
- Beim Lobus frontalis ist das primäre motorische Rindenfeld für die willkürliche Steuerung der Skelettmuskulatur zuständig und entlässt Anteile der Pyramidenbahn. Es befindet sich vor dem Sulcus centralis im Gyrus precentralis. Die benachbarten sekundären motorischen Rindenfelder dienen der Planung und Initiierung von Bewegungsabläufen.
- Im Lobus frontalis befindet sich außerdem das motorische Sprachzentrum (Broca-Areal).
- Im Lobus parietalis liegt im Gyrus postcentralis das primär somatosensorische Rindenfeld, welches für die Verarbeitung von Reizen der Haut (Berührung, Temperatur, Schmerz) und für die Tiefensensibilität verantwortlich ist.
- Im Lobus occipitalis liegt in der Area striata um den Sulcus calcarinus das primär visuelle Rindenfeld für die Verarbeitung visueller Reize aus der Retina.
- Im Lobus temporalis liegt in den Gyri temporales transversi das primär auditorische Rindenfeld für die Verarbeitung akustischer Reize aus der Cochlea.
In Nachbarschaft zu den primären Kernfeldern liegen jeweils entsprechende Sekundär- und Assoziationsfelder, in denen einlaufende Reizinformationen unter Berücksichtigung abgespeicherter Gedächtnisbilder bewertet werden, sodass ein bewusster Sinneseindruck entsteht.
Weblinks
- Atlas des menschlichen Gehirns
- Drenckhahn D.: Benninghoff, Anatomie, Makroskopsiche Anatomie, Embryologie und Histologie des Menschen, Band 2, 16. Auflage. Urban und Fischer, 2004
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