Enthesitis-assoziierte Arthritis
Synonyme: Juvenile idiopathische Arthritis mit Enthesitis, Oligoarthritis Typ II (obsolet)
Englisch: enthesitis-related arthritis
Definition
Bei der Enthesitis-assoziierten Arthritis, kurz EAA, handelt es sich um eine Unterform der juvenilen idiopathische Arthritis (JIA) mit Beteiligung peripherer und axialer Gelenke und/oder der Sehnenansätze (Enthesen).
Die EAA wird auch als HLA-B27-assoziierte Arthritis bezeichnet, da 70 bis 80% der Betroffenen HLA-B27-positiv sind. Die Abgrenzung zur undifferenzierten juvenilen Spondylarthritis ist in der Literatur uneinheitlich. Teilweise werden die beiden Begriffe synonym verwendet.
Epidemiologie
70 bis 80 % der Patienten sind männlich. Die Erkrankung beginnt im Jugendalter mit intermittierenden Schmerzen an wenigen peripheren Gelenken der unteren Extremität.
Symptome
In den ersten sechs Monaten sind meist mehrere Gelenke betroffen, am häufigsten die Knie, Hüft-, Sprung- und Zehengrundgelenke. Ein weiterer diagnostischer Hinweis ist der Nachweis einer Enthesitis, meist an der Insertion der Achillessehne oder peripatellär lokalisiert. Eine Entzündung des Mittelfußes oder des Lidknorpels erhärten die Diagnose einer EAA.
Im Verlauf der Erkrankung entwickeln 35 bis 48 % der Kinder eine MRT-gesicherte Sakroiliitis. Ein Befall der Wirbelsäule, der Iliosakralfugen, der Kostotransversalgelenke und der Kostosternalgelenke kann als juvenile Spondylarthropathie klassifiziert werden.
Bei 10 % der Patienten treten akute Uveitiden mit günstiger Prognose auf. Ebenso wird häufig eine entzündliche Darmerkrankung beobachtet.
Diagnostik
Bei der klinischen Untersuchung findet sich ein positives Mennell-Zeichen als Ausdruck der Sakroiliitis (Schmerz bei Retroflexion des Beines bei auf dem Bauch liegenden Patienten) und/oder eine Einschränkung der Wirbelsäulenbeweglichkeit (Schober-Zeichen). Der Nachweis einer Sakroiliitis erfolgt mithilfe des MRT - eine Enthesitis oder Arthritis ist auch sonografisch darstellbar.
Der labormedizinische Nachweis von HLA-B27 stützt die Diagnose, beweist sie aber nicht. Rheumafaktoren und ANA sind bei der Enthesitis-assoziierten juvenilen idiopathischen Arthritis typischerweise negativ.
Therapie
Aufgrund des jungen Alters der meisten Patienten zielt die Therapie vor allem auf eine adäquate psychomotorische Entwicklung ab. Neben der medikamentösen Therapie ist eine gute psychosoziale Einbindung relevant. Durch schmerz- und entzündungshemmende Medikamente wird der Erhalt der physikalischen Beweglichkeit gewährleistet. Zudem sollten die Patienten von Beginn an physiotherapeutisch behandelt werden.
Die medikamentöse Therapie orientiert sich hinsichtlich der klinischen Ausprägung an einem Drei-Stufen-Plan:
Stufe | Klinische Ausprägung | Therapie |
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Stufe 1 | milder Verlauf | NSAR |
schnelle/ausgeprägte Ausbreitung (Polyarthritis/Enthesitis) | lokale bzw. systemische Glukokortikoide | |
Oligoarthritis | Steroidapplikation (Triamcinolonhexacetonid) intraartikulär oder in die Iliosakralfuge | |
Enthesitis | lokale Glukokortikoide (wenn systemische Therapie unwirksam) | |
Uveitis | lokale Steroide und lokale NSAR | |
Stufe 2 | bei bleibender Entzündung und peripherer Polyarthritis |
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Stufe 3 | bei bleibender Entzündung |
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In Stufe 2 ist auch eine Kombination von Sulfasalazin und Methotrexat möglich. Zu beachten ist, dass die Wirksamkeit von Sulfasalazin erst nach drei Monaten beurteilt werden kann. Zudem basiert die Studienlage bei Methotrexat primär auf den Studiendaten von Erwachsenen. Bei axialer Erkrankung wurde für beide Medikamente keine Wirksamkeit nachgewiesen.
Prognose
Patienten mit EAA haben im Vergleich zu anderen juvenilen Arthritiden oft eine schlechtere Prognose. Die Enthesitis-assoziierte Arthritis wird mit einer schlechteren Funktionalität und Lebensqualität sowie stärkeren Schmerzen in Verbindung gebracht. Die Chance auf das Erreichen einer verminderten Krankheitsaktivität binnen eines Jahres ist deutlich geringer. Etwa die Hälfte der Patienten entwickeln nach mehreren Jahren das klinische Bild eines Morbus Bechterew. Da sich die meisten Patienten im Alter der Berufswahl befinden, ist die individuelle Prognose und die Integration in die soziale Gesellschaft von besonderer Bedeutung.