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Distale Femurfraktur

Synonym: distale Oberschenkelfraktur
Englisch: distal femur fracture

1. Definition

Die distale Femurfraktur ist ein Knochenbruch (Fraktur) des distalen Oberschenkelknochens (Femur).

2. Epidemiologie

Distale Femurfrakturen stellen 4 bis 7 % aller Femurfrakturen dar. Weiterhin ist die Epiphysenfuge des distalen Femurs bei 5 % aller Epiphysenfugenfrakturen betroffen. Die Inzidenz von suprakondylären Femurfrakturen nach Knie-Arthroplastik beträgt 1 %. Damit handelt es sich um die häufigste periprothetische Fraktur.[1]

3. Ätiologie

Distale Femurfrakturen treten typischerweise bei jungen Erwachsenen im Rahmen eines Hochrasanztraumas (z.B. Motorradunfall) auf. Bei älteren Personen mit Osteoporose reichen auch geringere Kräfte. Bei Hochleistungssportlern und bei Kindern und Jugendlichen können auch Stressfrakturen vorkommen.[2] Bei letzteren handelt es sich dann um typische Epiphysenfugenfrakturen.

4. Einteilung

4.1. ...nach Lokalisation

Distale Femurfrakturen können die distale Diaphyse, die Metaphyse, die Epiphysenfuge oder die Femurkondylen betreffen:

  • suprakondyläre Femurfraktur: Meist transversale oder leicht schräge Frakturlinie. Häufig handelt es sich um eine Trümmerfraktur. Sie kann von einer vertikalen interkondylären Fraktur begleitet sein. Reicht oft bis zum Kniegelenk. Kann mit einer Verletzung der Arteria poplitea einhergehen.
  • interkondyläre Femurfraktur: meist T- oder Y-förmig konfiguriert, teilweise auch einfache vertikale Frakturlinie. Führt zur Inkongruenz des Femoropatellar- oder Femorotibialgelenks. Wenn die Kondylen weit separiert sind, kann die Patella zwischen ihnen eingeklemmt werden.
  • Kondylusfraktur: sagittale oder koronale Fraktur eines Kondylus.
  • Hoffa-Fraktur: schräg-vertikale und in der Frontalebene verlaufende Fraktur der dorsalen Femurkondyle. Wird in 30 % der Röntgenbildern übersehen. Geht oft mit einer suprakondylären Fraktur einher.[3]

4.2. ...nach AO-Klassifikation

Die AO-Klassifikation unterscheidet zwischen folgenden Formen:

  • A: extraartikuläre Fraktur:
    • A1: einfach
    • A2: metaphysärer Keil
    • A3: komplex metaphysär
  • B: partiell intraartikuläre Fraktur:
    • B1: sagittale Fraktur des lateralen Kondylus
    • B2: sagittale Fraktur des medialen Kondylus
    • B3: koronale Fraktur
  • C: vollständig intraartikuläre Fraktur
    • C1: einfache artikuläre und metaphysäre Fragmente
    • C2: einfache artikuläre Fraktur und zertrümmerte metaphysäre Komponente
    • C3: zertrümmerte artikuläre und metaphysäre Komponenten

5. Klinik

Die distale Femurfraktur zeigt sich mit Knieschmerzen, Schwellung und Instabilität. Bei Verletzung der Arteria poplitea ist der tastbare Puls der Arteria tibialis posterior vermindert. Eine Neuropathie des Nervus fibularis communis findet sich nur selten.

6. Diagnostik

Neben der Anamnese und körperlichen Untersuchung kommen bildgebende Verfahren zum Einsatz.

6.1. Konventionelles Röntgen

Suprakondyläre und interkondyläre Frakturen sind in der Regel gut in der a.p.- und lateralen Röntgenaufnahme erkennbar. Häufig liegt eine Frakturdislokation vor. Kondylusfrakturen zeigen oft nur subtile Veränderungen. Schräge Aufnahmen können dabei hilfreich sein.

Bei interkondylären und Kondylusfrakturen fällt weiterhin ein Versatz der femoralen Gelenkfläche auf. Außerdem gehen alle akuten interkondylären und Kondylusfrakturen sowie einige suprakondyläre Frakturen mit einem Hämarthros einher.

6.2. Computertomographie

In der Computertomographie (CT) kann die Fraktur besser erkannt und charakterisiert werden. Insbesondere Kondylusfrakturen sowie okkulte Epiphysenfugenfrakturen sind besser darstellbar.

6.3. Magnetresonanztomographie

Die Magnetresonanztomographie (MRT) hilft bei assoziierten Weichteilverletzungen (z.B. Kreuzbandrupturen, Meniskusrissen oder neurovaskulären Verletzungen). Weiterhin kommt sie bei Epiphysenfugenfrakturen sowie bei nicht-dislozierten Stressfrakturen zum Einsatz.

7. Therapie

Nicht-dislozierte Stressfrakturen und Epiphysenfugenfrakturen werden oft konservativ behandelt. Früher kam meist eine ORIF mit Kondylenplatten (95° Condylar Blade Plate) oder dynamische Kondylenschrauben (DCS) zum Einsatz.[4] Inzwischen werden meist laterale Verriegelungsplatten und Schrauben verwendet. Weitere Möglichkeiten sind die retrograde Marknagelung oder der Ersatz des distalen Femurs durch eine Knieendoprothese.[5][6] Bei fortgeschrittener Osteoporose und Non-Union kann neben der lateralen auch eine mediale Platte angebracht werden.[7]

Bei distalen Femurfrakturen oberhalb einer Knieendoprothese existieren ebenfalls verschiedene Möglichkeiten:[8][9]

  • Revisions-Arthroplastik
  • retrograde Marknagelung[10]
  • Verriegelungsplatte und Schraubenfixierung

8. Prognose

Nach einer Operation einer schweren distalen Femurfraktur kommt es in 9 % der Fälle zu einer Non-Union und in 3 % zu einer Infektion. Revisions-Operationen sind in 13 % der Fälle notwendig. Langfristig kommt es oft zu einer frühzeitigen Arthrose.[11]

Epiphysenfugenfrakturen können zu Wachstumsstörungen führen.

9. Quellen

  1. Smith EL et al. Supracondylar femur fracture after knee manipulation: a report of 3 cases, Orthopedics. 2009;32(1):18
  2. Hutchinson PH et al. Complete and incomplete femoral stress fractures in the adolescent athlete, Orthopedics. 2008;31(6):604
  3. White EA et al. Coronal plane fracture of the femoral condyles: anatomy, injury patterns, and approach to management of the Hoffa fragment, Skeletal Radiol. 2015;44(1):37-43
  4. Kolb K et al. The condylar plate for treatment of distal femoral fractures: a long-term follow-up study, Injury. 2009;40(4):440-448
  5. Virkus WW et al. Intramedullary Nailing of Periarticular Fractures, J Am Acad Orthop Surg. 2018;26(18):629-639
  6. Rice OM et al. Acute Distal Femoral Replacement for Fractures About the Knee in the Elderly, Orthop Clin North Am. 2020;51(1):27-36
  7. Sain A et al. Dual Plating of the Distal Femur: Indications and Surgical Techniques, Cureus. 2019;11(12):e6483
  8. Herrera DA et al. Treatment of acute distal femur fractures above a total knee arthroplasty: systematic review of 415 cases (1981-2006), Acta Orthop. 2008;79(1):22-27
  9. Johnston AT et al. Periprosthetic fractures in the distal femur following total knee replacement: A review and guide to management, Knee. 2012;19(3):156-162
  10. Chettiar K et al. Supracondylar periprosthetic femoral fractures following total knee arthroplasty: treatment with a retrograde intramedullary nail, Int Orthop. 2009;33(4):981-985
  11. Davis JT et al. Posttraumatic Arthritis After Intra-Articular Distal Femur and Proximal Tibia Fractures, Orthop Clin North Am. 2019;50(4):445-459

10. Literatur

Stichworte: Femur, Fraktur

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