Da-Costa-Syndrom
nach dem amerikanischen Militärarzt Da Costa Jacob Mendes (1833-1900)
Synonyme: Herzangstneurose, Herzangst-Syndrom, funktionelles kardiovaskuläres Syndrom, Herzphobie, Cardiophobie, Effort-Syndrom, neurozirkulatorische Asthenie
Englisch: heart neurosis, cardiac neurosis, soldier's heart, effort syndrome, heart focused anxiety
Definition
Unter einem Da-Costa-Syndrom, auch Herzneurose genannt, versteht man funktionelle Herzbeschwerden, die unabhängig von körperlicher Belastung auftreten. Sie können sich oft bis zur Todesangst steigern. Es lassen sich diagnostisch jedoch keine organischen Ursachen nachweisen.
Einordnung
Das Da-Costa-Syndrom wird gemäß ICD-10 zur Gruppe der somatoformen Störungen, genauer der somatoformen autonomen Funktionsstörungen des Herz-Kreislauf-Systems (F45.30) gezählt. Hinsichtlich der Symptomatik bestehen Überschneidungen mit der hypochondrischen Störung (F45.2) und mit der Panikstörung (F41.0).
Geschichte
Die Symptomatik wurde erstmalig vom US-amerikanischen Arzt Jakob Mendes Da Costa beschrieben.
Symptome
Betroffene Patienten verspüren Schmerzen oder Stechen in der Brustgegend mit Ausstrahlung in den linken Arm wie bei einem Herzinfarkt. Die Symptome werden fortlaufend mit Panik und Todesangst begleitet. Weitere mögliche Symptome sind:
- Dyspnoe
- Palpitationen
- Tachykardie
- Extrasystolen
- Zittern
- verstärkte Transpiration
- Schwindel, Kopfschmerzen
- innere Unruhe
Meist löst Angst verstärktes und hektisches Ein- und Ausatmen aus. Durch Hyperventilation kann ein Ungleichgewicht zwischen Sauerstoff und Kohlendioxid im Blut entstehen, was zu einer Tetanie führt. Oft leiden Herzneurotiker auch unter Schlafstörungen.
Ursachen
Das Da-Costa-Syndrom ist eine psychosomatische Erkrankung. Insgesamt sollen in Deutschland ca. 100.000 Menschen unter einer Herzphobie leiden, meist sind Männer betroffen.
Viele Psychologen geben als Ursache emotionale Vernachlässigung in der Kindheit an. So sind diese Menschen oft nicht dazu in der Lage, Strategien zur inneren Angstbewältigung auszubilden.
Aber auch übertrieben fürsorgliche Eltern ("Helikopter-Eltern"), die ihr Kind vor jeglicher Gefahr bewahren, können Ursache für eine Herzneurose sein. Auch in diesem Fall gibt es keine Gelegenheit, mit Ängsten umzugehen und Angststrategien zu erproben. Aus diesem Grund wirken Patienten mit einer Herzneurose oft unsicher und scheinen wenig Selbstvertrauen zu besitzen.
Bei vielen Herzneurotikern finden sich auch Angehörige oder Bezugspersonen mit einer Herzkrankheit. Auch andere unbewusste Ängste, etwa Verlust- und Trennungsängste, können sich in der Angst vor dem Herztod bemerkbar machen.
Hinzu kommt bei einer Herzneurose als Ursache Somatisierung in Frage, also eine Neigung innere Konflikte auf ein bestimmtes Organ zu übertragen.
Diagnose
Ein Patient mit einem Da-Costa-Syndrom muss gründlich untersucht werden, da es sich um eine Ausschlussdiagnose handelt. Auch Patienten mit einer nachweisbaren Herzkrankheit können zusätzlich an einem Da-Costa-Syndrom erkranken. Vice versa können Patienten mit Herzneurose im Laufe der Zeit an einer organischen Herzkrankheit erkranken.
Um eine organische Herzkrankheit auszuschließen, sind unter anderem folgende Untersuchungen notwendig:
Hat der behandelnde Arzt den Verdacht, dass sich die Beschwerden nicht durch Untersuchungsbefunde stützen lassen, sollte er einen qualifizierten Psychologen oder einen Facharzt für Psychosomatische Medizin und Psychotherapie hinzuziehen.
Therapie
Der Patient wird durch die Untersuchungen zunächst beruhigt und es werden organische Ursachen somit ausgeschlossen. Die Angst scheint sich oft bereits in Gegenwart des Arztes zu mindern. Jedoch wachsen nach einiger Zeit Zweifel und Angst erneut. Es entsteht der Wunsch nach aufwändigeren Untersuchungen. Schon ein geringfügig schnellerer Herzrhythmus kann einen erneuten Angstschub auslösen und somit wiederum die Herzfrequenz steigern.
Eine erfolgversprechendste Therapie ist eine Psychotherapie. Sie verändert und erweitert den Blick auf sich selbst. Es ist sinnvoll, die psychoanalytische Therapie mit einer Verhaltenstherapie und einer Sporttherapie zu kombinieren. Selbstvertrauen und das Körpergefühl können durch Sport gestärkt werden. Herzneurotiker sollen sich nicht übermäßig schonen und körperliche Anstrengung meiden, sondern durch den Sport in der Gruppe die soziale Einbindung und das Selbstgefühl verbessern.
Es kann zu Beginn einer Psychotherapie hilfreich sein, schwere Angstattacken mit Hilfe von Psychopharmaka, Entspannungsübungen oder Biofeedback mit seinen gängigen Methoden zu lindern. Dazu kann auch gehören, traumatische Erinnerungen zu visualisieren, um diese schließlich im Selbst- und Weltbild einzuordnen.
Prognose
Unbehandelt kann die Herzneurose einen chronisch-progredienten Verlauf nehmen. Wiederholte somatische Abklärungen sind die Regel, wobei keine ausreichende organische Ursache gefunden werden kann, was von den Patienten aber meist nur über kurze Zeiträume akzeptiert wird (Ärztehopping).
Der Beginn einer geeigneten Psychotherapie kann aus diesem Grund mehrere Jahre lang dauern. Bei frühzeitiger Indikationsstellung zur Psychotherapie kann diese jedoch eine phobische Entwicklung und Chronifizierung unterbinden.
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