Chlamydia pneumoniae
Synonyme: Chlamydophila pneumonae, Taiwan acute respiratory agent (TWAR)
Englisch: chlamydia pneumoniae
Definition
Chlamydia pneumoniae ist ein gramnegatives, obligat intrazelluläres Bakterium aus der Familie der Chlamydiaceae. Eine Infektion mit Chlamydia pneumoniae führt zu einer Erkrankung der Atemwege, die sich durch eine atypische Pneumonie, Bronchitis, oder Sinusitis manifestieren kann.
Erreger
Chlamydia pneumoniae ist ein sehr kleines (0,2- 1 µm) Bakterium, das sowohl RNA, als auch DNA besitzt. In der Gramfärbung zeigt es sich gramnegativ. Im Gegensatz zu anderen Bakterien fehlen Chlamydia pneumoniae Enzyme zur Energiegewinnung (z.B. ATP-Synthase). Zum Wachstum benötigt das Bakterium daher Energie aus einer Wirtszelle - dadurch wurde der Nickname "Energieparasit" geprägt. Chlamydia pneumoniae ist ein obligat intrazellulärer Erreger.
Chlamydien besitzen eine Zellmembran. Ob das Bakterium jedoch eine Peptidoglykan-Mureinschicht in seiner Zellwand aufweist, wird in der Literatur kontrovers diskutiert. In einzelnen Chlamydienarten, wie Protochlamydia amoebophila, konnte Peptidoglykan in der Zellwand mittels Studien nachgewiesen werden.[1]
Reservoir
Chlamydia pneumoniae ist streng humanpathogen. Das einzige Erregerreservoir stellt also der Mensch dar. Der Erreger existiert in Form eines sogenannten Elementarkörperchens, das biologisch inaktiv, jedoch stark umweltresistent ist. Dies ermöglicht ein extrazelluläres Überleben.
Epidemiologie
Chlamydia pneumoniae ist eine sehr häufige, weltweit verbreitete Ursache von Atemwegsinfektionen des Menschen. Die Durchseuchung beginnt bereits im Vorschulalter und beträgt bei Personen im 6. Lebensjahrzehnt ca. 60 %. Ungefähr 5–15% der ambulant erworbenen Pneumonien werden durch Chlamydia pneumoniae verursacht.
Übertragung
Chlamydia pneumoniae wird auf aerogenem Weg und durch Speichelkontakt von Mensch zu Mensch übertragen. Die Inkubationszeit beträgt etwa 1-4 Wochen. Angaben zur Dauer der Infektiosität liegen nicht vor, jedoch ist das Bakterium über viele Jahre im oberen Respirationstrakt mittels PCR nachweisbar.
Pathogenese
Chlamydien überleben außerhalb ihrer Wirtszelle als sogenanntes Elementarkörperchen. Dies stellt die kontagiöse, metabolisch inaktive und umweltstabile Form der Chlamydien dar. Elementarkörperchen können aerogen, also über Tröpfcheninfektion, von einer infizierten Person auf eine nicht-infizierte Person übertragen werden.
Der Elementarkörper dringt in den Körper ein und wird endosomal aufgenommen (Endozytose). Aufgrund seines Zellwandaufbaus kann der Erreger nicht durch Lysozyme gespalten werden. Daher können Elementarkörperchen intrazellulär im Endosom persistieren. Durch mehrfache Querteilung entstehen aus dem Elementarkörperchen die sogenannten Initial- oder Retikularkörperchen. Diese stellen die vermehrungsfähige und stoffwechselaktive Form der Chlamydien dar. Die mikroskopisch sichtbare Anhäufung vieler Retikularkörperchen im Endosom wird als Einschlusskörperchen bezeichnet.
Nach mehrfacher Teilung entstehen aus den Retikularkörperchen wieder Elementarkörperchen, die schließlich das Endosom zerstören und freigesetzt werden. Das Bakterium kann nun weitere Zellen befallen.
Der Lebenszyklus von Chlamydia pneumoniae beinhaltet also Elementarkörperchen, die andere infizieren, sich im Wirtsorganismus jedoch nicht vermehren können und Retikularkörperchen, die sich im Wirtsorganismus vermehren, aber andere nicht infizieren können.
Krankheitsbilder
Das klinische Spektrum von Infektionen mit Chlamydia pneumoniae umfasst akute und chronische Infektionen der Atemwege. Dazu zählen Sinusitiden, Pharyngitiden, Bronchitiden und atypische, interstitielle Pneumonien.
Häufig verläuft die Infektion asymptomatisch. Sehr selten werden Endokarditis, Myokarditis, Meningoradikulitis, Erythema nodosum oder reaktive Arthritiden beschrieben. Bei Immunsupprimierten können schwere Verläufe vorkommen.
Weiterhin wird ein Zusammenhang mit der koronaren Herzkrankheit und der Entstehung von Arteriosklerose diskutiert.
Diagnostik
Erregernachweis
Zum Nachweis von Chlamydia pneumoniae eignen sich Sekrete aus den unteren Atemwegen (z.B. bronchoalveoläre Lavageflüssigkeit, Sputum) aber auch Rachenspülwasser oder Gewebe (z.B. Tonsillen nach Tonsillektomie). Das Verfahren der Wahl stellt die PCR dar. Die Anzucht in der Zellkultur ist schwierig und nur in wenigen Zentren durchführbar. Der Nachweis mittels direkter Immunfluoreszenz (DIF) wird nicht empfohlen.
Infektionen führen nach mehreren Wochen zur Antikörperbildung, die lange nachweisbar sind, jedoch scheinbar nicht protektiv wirken. Der Nachweis von Antikörpern ist mittels ELISA möglich, jedoch kommt es zu Kreuzreaktionen mit Antigenen anderer Chlamydien (v.a. Chlamydia psittaci). Speziesspezifische Verfahren stellen der Mikroimmunfluoreszenztest (MIF) oder der Immunoblot dar. Aufgrund der hohen Durchseuchung sind nur hohe Antikörpertiter mit passenden Symptomen diagnostisch verwertbar.[2]
Bildgebung
Bei Vorliegen einer Chlamydienpneumonie zeigen sich im Röntgen-Thorax nur unspezifische Befunde wie interstitielle oder alveoläre Verschattungen ohne bevorzugte Lokalisation. Lymphknotenschwellungen und pleurale Komplikationen fehlen in der Regel.
Therapie
Zur Behandlung einer Infektion mit Chlamydia pneumoniae werden Tetracycline (v.a. Doxycyclin) für 10-21 Tage verabreicht. Alternativ können Makrolide (z.B. Erythromycin, Azithromycin) oder neuere Chinolone zum Einsatz kommen.
Meldepflicht
Bei Infektionen mit Chlamydia pneumoniae besteht keine Meldepflicht.
Quellen
- ↑ Pilhofer M. et al. Discovery of chlamydial peptidoglycan reveals bacteria with murein sacculi but without FtsZ[1] letzter Zugriff am 2.10.2020
- ↑ RKI-Ratgeber, abgerufen am 06.10.2020