Bovine granulozytäre Anaplasmose (Rind)
Synonym: Granulozytäre Anaplasmose
Definition
Die bovine granulozytäre Anaplasmose ist eine Infektionskrankheit des Rindes, die durch vektorgebundene Bakterien der Gattung Anaplasma ausgelöst wird.
Erreger
Die Infektion wird durch Anaplasma phagocytophilum, einen obligat intrazellulär lebenden, gramnegativen Erreger der Ordnung Rickettsiales verursacht.
Epidemiologie
Anaplasma phagocytophilum ist ein weit verbreitetes Bakterium, das in der gesamten nördlichen Hemisphäre vorkommt. Die Erreger können von Nordamerika bis Asien gefunden werden. Neben dem Rind sind auch Schafe, Pferde, Hunde, Katzen, Nager, Wildwiederkäuer, der Mensch und viele andere Säugetiere empfänglich.
Die Übertragung erfolgt in Europa vorwiegend durch Zecken der Gattung Ixodes:
Da die Erkrankung an Vektoren (Zecken) gebunden ist, tritt sie gehäuft im Frühjahr und Herbst auf.
Pathogenese
Die Anaplasmen werden während der Blutmahlzeit (Hämatophagie) von der Zecke auf den Wirt übertragen. Sie infizieren bevorzugt die weißen Blutzellen (v.a. neutrophile und eosinophile Granulozyten, Lymphozyten und Monozyten). In weiterer Folge kommt auch es zu einer mehr oder weniger starken Thrombozytopenie.
Aufgrund der immunsupprimierenden Wirkung der Erkrankung können sich auch andere infektionsbedingte Krankheiten (v.a. des Atmungstraktes) entwickeln und das Krankheitsbild verkomplizieren oder gar maskieren. Nachdem die Rinder die klinische Phase der Infektion überstanden haben, können sie den Erreger über Jahre hinweg beherbergen (Latenz).
Klinik
Nach einer 3 bis 7-tägigen Inkubationszeit entwickelt sich akut hohes Fieber mit Apathie. Bei laktierenden Kühen kann ein drastischer Abfall der Milchleistung beobachtet werden. Aufgrund häufiger Sekundärinfektionen leiden die betroffenen Tiere auch an respiratorischen Symptomen, z.B. Tachypnoe, Dyspnoe, Husten, Nasenausfluss und Atemnebengeräuschen.
Zusätzlich kommt es zu Bewegungsunlust, Gliedmaßenödemen und Aborten (im 8. oder 9. Trächtigkeitsmonat). Nach etwa 10 bis 14 Tagen tritt häufig eine Spontanheilung ein.
Diagnose
Die Verdachtsdiagnose ergibt sich aus der Anamnese (erstmalige Zeckenexposition) und dem klinischen Befunden. Die Diagnose wird mittels direktem Erregernachweis (z.B. Giemsa-gefärbter Blutausstrich oder PCR) gesichert.
Therapie
Anaplasmen sind äußerst sensibel gegenüber Tetrazyklinen, z.B. Oxytetrazyklin (11 mg/kgKG i.v. über mehrere Tage).
Hinweis: Diese Dosierungsangaben können Fehler enthalten. Ausschlaggebend ist die Dosierungsempfehlung in der Herstellerinformation.
Quellen
- Klee W, Metzner M. 2016. Ausgewählte Kapitel aus dem Gebiet der Inneren Medizin der Wiederkäuer Lehrmaterialien der Klinik für Wiederkäuer der LMU München (abgerufen am 20.03.2021)
- Mayr A, Rolle M. Mayr A (Hrsg.). Medizinische Mikrobiologie, Infektions- und Seuchenlehre. 8., überarbeite Auflage. Stuttgart: Enke Verlag in MVS Medizinverlage Stuttgart GmbH & Co. KG. ISBN: 978-3-8304-1060-7
- Eckert J, Friedhoff KT, Zahner H, Deplazes P. 2008. Lehrbuch der Parasitologie für die Tiermedizin. 2., vollständig überarbeitete Auflage. Stuttgart: Enke Verlag in MVS Medizinverlage Stuttgart GmbH & Co. KG. ISBN: 978-3-8304-1072-0