Scharlach
Synonym: Scarlatina
Englisch: scarlet fever
Definition
Der Scharlach ist eine exanthematische Erkrankung, die durch eine Infektion mit β-hämolysierenden Streptokokken der Gruppe A hervorgerufen wird. Betroffen sind vorzugsweise Kinder zwischen dem 3. und 10. Lebensjahr.
- ICD10-Code: A38
Ätiologie
Es sind eine Vielzahl verschiedener Typen der A-Streptokokken bekannt, die Scharlach und das damit verbundene Exanthem verursachen können. Scharlach entsteht, wenn die infektiösen A-Streptokokken sogenannte Scharlachtoxine (erythrogene Toxine) bilden können und ein Befall mit lysogenen Bakteriophagen stattfindet.
Es sind bis zu 13 verschiedene Scharlachtoxine bekannt, von denen drei (SpeA, SpeB und SpeC) klinische Relevanz besitzen - daher ist eine Erkrankung an Scharlach prinzipiell mehrmals möglich. Eine nach der Erkrankung bestehende Immunität beschränkt sich demnach auf das jeweils verantwortlich gewesene Scharlachtoxin.
Seltener können auch die C- oder G-Streptokokken die Scharlachtoxine bilden.
Symptome
Die Erreger werden durch Tröpfcheninfektion in den Pharynx aufgenommen und verursachen nach einer Inkubationszeit von 2-5 Tagen erste Krankheitszeichen.
Diese sogenannte Prodromalphase ist gekennzeichnet durch:
- Fieber und ggf. toxische Schockreaktionen
- Übelkeit und Erbrechen
- eitrige Tonsillitis und Pharyngitis
Ein bis zwei Tage nach der eitrigen Entzündung entsteht ein makulopapulöses Exanthem mit dicht beieinanderstehenden, stecknadelkopfgroßen, intensiv rot gefärbten und leicht erhabenen Effloreszenzen. Es breitet sich tendenziell von Hals, Nacken und Rücken ausgehend auf Rumpf, Extremitäten und Gesicht aus. Prädilektionsstellen sind die Achseln und die Leisten. Auffällig ist das frei bleibende Mund-Kinn-Dreieck ("periorale Blässe") im Gesicht. Begleitend findet sich ein Enanthem der Schleimhäute.
Im Verlauf einer Scharlach-Erkrankung kommt es regelmäßig zu charakteristischen Veränderungen der Zunge. Zunächst ist die Zunge weisslich belegt. Später verschwindet der Belag und die Zunge wirkt leicht geschwollen und intensiv rot ("Himbeerzunge").
Seltener entsteht ein Scharlach auch ohne eitrige Tonsillitis im Rahmen einer Impetigo contagiosa oder anderen durch A-Streptokokken hervorgerufenen Erkrankungen.
Komplikationen
Ein Scharlach kann postinfektiös als immunologische Komplikation ein rheumatisches Fieber mit vorwiegender Beteiligung von Herz, Niere und Gelenken hervorrufen (Scarlatina rheumatica). Auch eine Chorea minor kann auftreten. Seltener kommt es in der Folge der Erkrankung zur Entwicklung einer Myokarditis, Endokarditis oder Glomerulonephritis.
Bei besonders schwer verlaufenden Formen des Scharlach (Scarlatina septica, Scarlatina fulminans) kann es durch die Scharlachtoxine (s.u.) bedingt zu nekrotisierenden Entzündungen, Schleimhautblutungen, Herzschädigung, Vigilanzstörungen und einer ausgeprägten Hyperpyrexie kommen.
Sonderformen
Einige Sonderformen des Scharlach mit abgewandeltem Verlauf sind:
- Scarlatina levis (bzw. Scarlatina levissima), eine nahezu asymptomatisch verlaufende Form des Scharlach, die aber dennoch zu postinfektiösen Komplikationen führen kann
- Scarlatina petechialis, mit punktförmigen Blutungen von Haut und Schleimhäuten
- Scarlatina typhosa, mit Bewusstseinsstörungen im Verlauf der Erkrankung
- Scarlatina variegata, eine mit atypischem masernähnlichen Ausschlag einhergehende Form
- Scarlatina puerperalis, im Rahmen einer Wundinfektion entstehender Scharlach (z.B. im Wochenbett)
Diagnose
Die Diagnose ist klinisch zu stellen. Ein Rachenabstrich mit anschließender kultureller Anzucht ermöglicht den Nachweis der Streptokokken. Antigene der A-Streptokokken lassen sich schnell und einfach mit einer Reihe von Schnelltests nachweisen.
Differentialdiagnose
Scharlach | Masern | Röteln | |
---|---|---|---|
Beginn | Hohes Fieber, Halsentzündung (Angina tonsillaris) | Hohes Fieber, starker Husten, ev. Halsentzündung | Mäßiges Fieber, leichtes Krankheitsbild |
Exanthem | Feinfleckiger Ausschlag von unten nach oben (Mund-Kinn-Dreieck frei) | Grobfleckiger konfluierender Ausschlag von oben nach unten (Beginn retroaurikulär) | Nur schwaches nichtkonfluierendes Exanthem an Hals/Brust |
Besonderes | Himbeerzunge | Koplik-Wangenfleck | Starke nuchale Lymphknotenschwellung |
Darüber hinaus sollte das Kawasaki-Syndrom vom Scharlach abgegrenzt werden. Dieses zeigt sich ebenfalls mit hohem Fieber, einem Exanthem und einer Himbeerzunge, geht aber zusätzlich mit einer Konjunktivitis einher und spricht nicht auf eine Antibiose an.
Therapie
Bei vorliegendem Scharlach sollten Penicillin V oder Erythromycin p.o. über mindestens eine Woche gegeben werden. Die adäquate antibiotische Therapie eines erstmalig bestehenden Scharlachs reduziert die Auftretenswahrscheinlichkeit von Komplikationen und ist daher auch die beste Prophylaxe.
Bei Patienten mit rheumatischem Fieber in der Anamnese ist eine Prophylaxe mit monatlichen intramuskulären Depotinjektionen von Benzathin-Benzylpenicillin indiziert.
Impfung
Eine Schutzimpfung gegen Scharlach ist zur Zeit (2022) in Deutschland nicht zugelassen. In der Vergangenheit gab es Impfstoffe, da die Erreger aber gut auf eine Antibiotikatherapie ansprechen, wurde deren Entwicklung nicht weiter verfolgt.
Quellen
- Dr.med. Gerd Herold: Innere Medizin - Eine vorlesungsorientierte Darstellung (2012, DocCheck Load)
- Herold Innere Medizin (2012, DocCheck multeBook)
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