Refsum-Thiebaut-Krankheit
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Nach Sigvald Bernhard Refsum (1907 bis 1991), norwegischer Arzt; M.F. Thiébaut (?), französischer Arzt
Synonyme: Heredopathia atactica polyneuritiformis, HAP, hereditäre sensomotorische Neuropathie Typ IV, HSMN Typ IV, α-Hydroxylase-Mangel
Englisch: Refsum's disease, phytanic acid storage syndrome
1. Definition
Die Refsum-Thiébaut-Krankheit ist eine zu den Heredoataxien zählende hereditäre peroxisomale Stoffwechselstörung, die eine Anreicherung von Phytansäure nach sich zieht.
2. Biochemie
Phytansäure ist eine gesättigte, verzweigtkettige Fettsäure, an deren β-Position sich eine Methylgruppe befindet. Sie kann daher nicht direkt durch mitochondriale Betaoxidation verstoffwechselt werden. Ersatzweise wird sie in den Peroxisomen durch Alphaoxidation umgewandelt. Das dafür verantwortliche Enzym ist die Phytansäureoxidase, auch als Phytanoyl-CoA-Hydroxylase bezeichnet.
3. Ätiologie
Der autosomal-rezessiv vererblichen Refsum-Thiébaut-Krankheit können verschiedene genetische Defekte auf Chromosom 10 zugrunde liegen, die in einem Ausfall der peroxisomalen Phytanoyl–CoA-Hydroxylase resultieren. In manchen Fällen kann auch das Transportprotein Peroxin-7, das die Phytanol–CoA-Hydroxylase in die Peroxisomen schleust, defekt sein.
Durch den Enzymmangel kann die anfallende Phytansäure nicht in 3,7,11,15-Tetramethylhexadecansäure und konsekutive in die Betaoxidation eingebracht werden. Sie häuft sich im Blut und in verschiedenen Geweben an und ruft dort pathologische Veränderungen hervor.
4. Symptomatik
Die Refsum-Thiébaut-Krankheit beginnt üblicherweise zwischen dem ersten und zweiten Lebensjahrzehnt mit dem Auftreten von Nachtblindheit. Eine Reihe von ophthalmologischen, neurologischen und anderen Störungen sind ebenfalls bei der Erkrankung beschrieben:
- Störungen des Sehsinns
- Nachtblindheit
- Atypische Retinitis pigmentosa
- Fortschreitende konzentrische Einschränkungen des Gesichtsfelds
- Katarakt
- Zerebellarer Nystagmus
- Symptome des zentralen Nervensystems
- Zerebelläre Ataxie
- Verlust des Riechsinns
- Gangunsicherheit
- Verlust der Haltungswahrnehmung
- Intentionstremor
- Schwerhörigkeit
- Ausfälle des peripheren Nervensystems
- Periphere Polyneuropathie
- Ausfall der Sehnenreflexe
- Auffälligkeiten des Integuments
- Symptome des Skelettsystems
- Störungen innerer Organe
- Kardiale Arrhythmien
- Störungen des Blasensphinkters
5. Therapie
Die Refsum-Thiébaut-Krankheit ist zum aktuellen Zeitpunkt (2017) nicht heilbar. Die Therapie orientiert sich an der Symptomatik. Neben einer Phytansäure-armen Diät wird eine Substitution der Vitamine A,C und E angestrebt.
Die Akutbehandlung bei schweren Schüben besteht in einer Plasmapherese.
6. Literatur
- Refsum S. Heredoataxia hemeralopica polyneuritiformis - et tidligere ikke beskrevet familiært syndrom? En foreløbig meddelelse. Nordisk Medicin, Stockholm, 1945, 28: 2682-2686.
- Refsum S. Heredopathia atactica polyneuritiformis. A familial syndrome not hitherto described. A contribution to the clinical study of hereditary diseases of the nervous system. Acta psychiatrica et neurologica, Copenhagen, 1946. Supplement 38: 1-303.
- Thiébaut F. Deux syndromes oto-neuro-oculistique d’origine congénitale. Leur rapport avec la phocomatose de van der Hoeve et autres dysplasies neuro-éctodermiques. Revue neurologique, Paris, 1939-1940. 72: 71-75.