Nicotinsäure
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Synonyme: Niacin, Niacinsäure, Vitamin B3 (obsolet)
Englisch: niacin
1. Definition
Nicotinsäure ist eine heterozyklische organische Verbindung, die zu den Vitaminen gehört. In Form der Coenzyme NAD und NADP+ hat sie eine große Bedeutung bei Redoxreaktionen im Organismus.
2. Chemie
Nicotinsäure ist ein Pyridinderivat. Sie besteht aus einem Pyridinring, der mit einer Carboxygruppe (-COOH) substituiert ist. Die vollständige chemische Bezeichnung ist Pyridin-3-carbonsäure. Die Summenformel lautet C6H5NO2.
Bei Zimmertemperatur liegt Nicotinsäure in Form farbloser Kristalle vor. Die Substanz ist wenig in Wasser löslich.
3. Biochemie
Das Amidderivat der Nicotinsäure, Nicotinamid, ist eine Komponente der beiden Coenzyme Nicotinamidadenindinukleotid (NAD) und Nicotinamidadenindinukleotidphosphat (NADP+). Nicotinsäure und Nicotinamid haben eine identische Vitaminaktivität, aber unterschiedliche pharmakologische Eigenschaften.
Das Vitamin kann im menschlichen Stoffwechsel in einem mehrstufigen Prozess aus Tryptophan synthetisiert werden. Dieser Stoffwechselweg ist jedoch nicht sehr ergiebig: Aus 60 mg Tryptophan entsteht nur 1 mg Nicotinsäure.
4. Funktion
Die Nicotinsäureabkömmlinge NAD und NADP+ sind wichtige Coenzyme bei Redoxreaktionen. Sie dienen im Stoffwechsel als Wasserstoffdonoren und -akzeptoren, beispielsweise im Citratzyklus und in der Atmungskette.
Nicotinsäure hat eine antioxidative Wirkung und nimmt an vielen enzymatischen Vorgängen teil. Das Vitamin ist u.a. wichtig für den Abbau von Fetten, Kohlenhydraten, Proteinen und Alkoholen sowie für die Fettsäure- und Cholesterinsynthese. Darüber hinaus wird es auch bei der Signaltransduktion und der DNA-Reparatur benötigt.
5. Stoffwechsel
6. Vorkommen
Gute Nahrungsmittel zur Versorgung mit Nicotinsäure sind Geflügel, Wild, Fleisch (insbesondere Leber) und Fisch. Darüber hinaus ist Nicotinsäure in Früchten, geröstetem Kaffee, Erdnüssen, Cashew-Kernen, Vollkornprodukten, verschiedenen Gemüsen, Hülsenfrüchten und Obst enthalten. Auch in Hefe (z.B. Bierhefe) kommen große Mengen Nicotinsäure vor. Nicotinsäure aus tierischen Produkten kann vom menschlichen Organismus besser verwertet werden.
7. Bedarf
Der Bedarf an Nicotinsäure beträgt ca. 10 - 20 mg pro Tag. Eine Niacinzufuhr in hohen Dosen (3-4 g pro Tag) ist schädlich für die Leber.
8. Pathophysiologie
Nicotinsäuremangel ist meist mit einem Mangel an anderen Vitaminen und Proteinen vergesellschaftet. Durch Nicotinsäuremangel entsteht das Krankheitsbild der Pellagra, dass durch das Auftreten von
charakterisiert ist. Die Pellagra tritt beispielsweise im Fall einseitiger Ernährung mit Mais- und Hirseprodukten auf.
Nicotinsäure wird therapeutisch bei der Behandlung der Wernicke-Enzephalopathie und einiger Hyperlipoproteinämien eingesetzt. Malabsorptionssyndrome, die mit einer verminderten Aufnahme von Tryptophan einhergehen zeigen oft eine der Pellagra ähnliche Symptomatik.
9. Pharmakologie
In den U.S.A. wird Nicotinsäure als Lipidsenker verwendet, in Europa ist es nicht erhältlich. Durch Bindung an den Nicotinsäurerezeptor GRP109A supprimiert es die Lipolyse in Adipozyten und reduziert den Plasmaspiegel von Triglyzeriden und LDL-Cholesterin. In kardiovaskulären Endpunktstudien konnte kein zusätzlicher Nutzen zu Statinen gezeigt werden. Außerdem sind Nebenwirkungen häufig:
- kutaner Flush, Schwindel, Juckreiz
- Übelkeit, Erbrechen
- Dyspepsie, ösophagealer Reflux, peptische Ulkuskrankheit
- Erhöhung der Transaminasen
- Hyperurikämie bis hin zu Gichtanfällen
- Acanthosis nigricans
- Makulopathie