Plantarfasziitis: Unterschied zwischen den Versionen

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Plantarfasziitis (Plantarfasziosis, Plantarfasziopathie)
''Synoynme: plantare Fasziitis, Plantarfasziosis, Plantarfasziopathie''<br>
Engl: plantar fasciitis  
'''''Englisch''': <name lang="en">plantar fasciitis'' </name>


==Definition==
==Definition==
Die '''Plantarfasziitis''' ist eine entzündliche Reizung der [[Plantaraponeurose]], die mit Schmerzen der [[Fußsohle]] im Bereich der [[Ferse]] einhergeht.


teils entzündliche, teils fibromatöse, seltener traumatisch, meist degenerativ bedingte schmerzhafte Erkrankung der Plantarfaszie, meist vom Fersenbeins nach vorn ausstrahlend; Altersgipfel 40.-60. Lj. Die Plantarfasziitis tritt meist als [[Overuse-Syndrom]] auf beruhend auf belastungsbedingten Mikrotraumen und ist recht verbreitet: ca. 10% der Bevölkerung sind mindestens einmal davon betroffen, in 70% unilateral, Frauen häufiger. In 50% liegt gleichzeitig ein vorderer [[Fersensporn]] vor (meist am Quadratus plantae, danach am Abductor hallucis,  seltener am Abductor digiti minimi). Der [[Fersensporn]] ist nicht Ursache der Plantarfasziitis, sondern tritt als Begleiterscheinung auf, ebenfalls wegen der Zugspannung. In 80% liegt eine Verkürzung der [[Achillessehne]] und des [[Musculus triceps surae]] vor, in ebenfalls 80% Überpronation, in 70% Adipositas, die Dorsalflexion des Fußgelenks ist fast immer vermindert ! Bei Sportlern ist der Zusammenhang zwischen Indidenz und BMI/Gewicht aufgehoben. Nicht selten ist der Tibialis posterior insuffizient, was zu verstärkter Pronation, vermehrtem Zug am N. tibialis und damit zum [[Tarsaltunnelsyndrom]] führt. Treten all drei gleichzeitig auf (Plantarfasziitis, Tibialis posterior-Dysfunktion, Tarsaltunnelsyndrom) wird dies als Heel-Pain-Triad bezeichnet.  
==Epidemiologie==
Es handelt sich um ein häufiges Beschwerdebild des höheren Alters, das mehr als 5 % der über 65-Jährigen betrifft. In vielen Fällen liegt gleichzeitig ein vorderer [[Fersensporn]] vor - ob ein kausaler Zusammenhang besteht, ist jedoch bislang (2021) nicht eindeutig geklärt. Tritt die Plantarfasziitis gleichzeitig mit einem [[Tarsaltunnelsyndrom]] und einer [[Tendinitis]] des [[Musculus tibialis posterior]] auf, spricht man von der "[[Heel-Pain-Triad]]" (HPT, Fersenschmerz-Triade).


==Ursache==
==Ätiopathogenese==
* seltener: Trauma
Man vermutet eine [[multifaktoriell]]e Genese der Sehnenreizung, die sich aus [[degenerativ]]en, mechanischen (z.B. [[traumatisch]] oder durch [[Überlastungssyndrom|Überlastung]]), [[entzündlich]]en und ggf. [[fibrös]]en Prozessen zusammensetzt. [[Pathogenetisch]] sind wiederholte [[Mikrotrauma|Mikrotraumen]] im Bereich des Sehnenansatzes am [[Calcaneus]] sowie die Degeneration von [[Kollagen]] und eine Verdickung der Plantaraponeurose von Bedeutung.
* meist: Overuse


==Risikofaktoren==
===Risikofaktoren===
* erhöhter [[Body-Mass-Index]]
* [[Alter]]
* [[Fußdeformität]]en ([[Plattfuß]], [[Hohlfuß]])
* [[Beinlängendifferenz]]
* häufiges, langes Stehen oder Rennen
* bestimmte Sportarten wie: Langlauf, Basketball, Tennis, Fußball, Tanzen
* übermäßige [[Pronation]] des Fußes
* Schwäche wichtiger Muskeln der Geh-/Laufkinetik: [[Musculus gluteus medius]], [[Musculus gluteus minimus]], [[Musculus tensor fasciae latae]]
* Schwäche wichtiger Muskeln der Geh-/Laufkinetik: [[Musculus gluteus medius]], [[Musculus gluteus minimus]], [[Musculus tensor fasciae latae]]
* mangelnde Dehnfähigkeit des [[Musculus triceps surae]] und konsekutiv verminderte Dorsalflexion
* mangelnde Dehnfähigkeit des [[Musculus triceps surae]] und konsekutiv verminderte [[Dorsalextension]]
* höherer BMI
 
* Alter
==Symptome==
* [[Plattfuß]], [[Hohlfuß]]
* schleichender Beginn
* [[Beinlängendifferenz]]
* [[Anlaufschmerz]] (zunächst stechend, später dumpf),
* häufiges, langes Stehen oder Gehen
* [[Belastungsschmerz]], z.B. beim Sprinten und Springen
* Langlauf, Basketball, Tennis, Fußball, Tanzen
* [[Druckschmerz]]: [[palpatorisch]] auslösbarer Schmerz an der Fersenvorderkante
* übermäßige Pronation und [[Fußdeformität]]en, die dazu führen
Im weiteren Verlauf können auch [[Ruheschmerz]]en auftreten.


==Diagnose==
==Diagnose==
* i.d.R. klinisch mittels Tests und Zeichen: manuelle Druckschmerzprovokation, Windlass-Test auf Plantarfasziitis
Die Diagnose wird in der Regel klinisch gestellt. Hilfreich sind [[Provokationstest]]s wie die Druckschmerzprovokation über dem medialen [[Tuber calcanei]] und der [[Windlass-Test]] (Schmerzauslösung durch forcierte isolierte Dorsalextension der Zehen).  
* Sonographie: Ansatz der Plantarfaszie am Fersenbein ist mind. 4 mm dick oder im Seitenvergleich 0,6 mm dicker


==Symptome==
In der [[Sonographie]] zeigt sich unter Umständen eine geringfügige Verdickung des Ansatzes der Plantaraponeurose am Fersenbein im Vergleich zur Gegenseite. In unklaren Fällen kann eine [[radiologisch]]e [[Bildgebung]] mittels [[Röntgen]], [[Computertomographie]] oder [[Magnetresonanztomographie]] zum Einsatz kommen.
* Belastungsschmerz, besonders als morgentlicher Anlaufschmerz
* Druckschmerzhaftigkeit: palpatorisch scharfer Druckschmerz an der Fersenvorderkante
* schleichender Beginn
* später ggf. auch Ruheschmerz
* Sprinten und Springen verschlimmern


==Komplikationen==
==Komplikationen==
Möglich sind zusätzliche Zerrung oder Anriß der [[Plantarfaszie]] was i.d.R. jede Belastung sehr schmerzhaft macht.
Möglich ist eine zusätzliche [[Zerrung]] oder ein Anriss der Plantaraponeurose.


==Therapie==
==Therapie==
* i.d.R: Spontanheilung binnen max. eines Jahres; mit konservativen Verfahren Heilung zu 90% binnen 6 Monaten. Nach 1 Jahr bleiben 1% mit chirurgischem Bedarf, der (auch bei Sportlern) in 90% zu 80% bessert
In der Regel verläuft die Plantarfasziitis selbstlimitierend. Mit konservativen Behandlungsmethoden lässt sich in 90% der Fälle eine Symptomlinderung innerhalb von sechs Monaten erreichen:
* Schonung, häufige stoßartige Belastungen wie beim Laufen meiden
* Schonung, häufige stoßartige Belastungen meiden
* Dehnen der [[Achillessehne]], noch besser: Dehnen der [[Plantarfaszie]] selbst (z.B. mit kleiner Faszienrolle), beides möglichst mindestes drei mal täglich. Dehnen als [[Monotherapie]] zeigte in einer Studie in 72% Besserung. 
* regelmäßiges Dehnen der [[Achillessehne]] und der Plantarfaszie selbst (z.B. mit kleiner Faszienrolle)
* [[Taping]]
* ggf. begleitende [[analgetisch]]e Therapie mit [[NSAR]]
* Radiotherapie
* [[Physiotherapie]]: [[Taping]], [[Iontophorese]], Massage mit Querfriktionen des Ansatzbereichs am [[Kalkaneus]]
* [[Iontophorese]]
* Einlagen: Verbessern die Funktion, weniger den Schmerz
* Extrakorporale Stoßwellentherapie: hat noch uneinheitliche Studienlage
Lokale [[Glukokortikoid]]-[[Injektion]]en erweisen sich oft als effektiv, gehen jedoch mit einem erhöhten Risiko für Fettpolsterschwund und [[Sehnenruptur]]en einher.
* Einlagen verbessern die Funktion, weniger den Schmerz
 
* Massage: Querfriktionen am Ansatzbereich am [[Kalkaneus]]
Führt die konservative Therapie nach sechs Monaten nicht zum gewünschten Behandlungserfolg, kann eine [[extrakorporale Stoßwellentherapie]] (uneinheitliche Studienlage) oder eine [[chirurgisch]]e Intervention mittels plantarer [[Fasziotomie]] erwogen werden.
* Wirksamkeit von [[NSAR]] ist nicht nachgewiesen
 
* Vorsicht mit lokalen Cortisoninfiltrationen: Risiko erhöhten Fettpolsterschwundes und erhöhtes Rupturrisiko
==Nomenklatur==
Gelegentlich werden die Begriffe "Fersensporn" und "plantare Fasziitis" synonym für schmerzhafte Veränderungen der Fußsohle genutzt. Beim Fersensporn liegt jedoch eine [[Knochenneubildung]] vor.
 
==Literatur==
*Stukenborg-Colsman et al.: Kurzgefasste Fußchirurgie, Thieme, 2017
*Goff et al: [https://www.aafp.org/afp/2011/0915/p676.html Diagnosis and treatment of plantar fasciitis] American Family Physician, 2011
[[Fachgebiet:Orthopädie]]
[[Fachgebiet:Orthopädie]]
[[Fachgebiet:Sportmedizin]]
[[Fachgebiet:Sportmedizin]]

Aktuelle Version vom 21. März 2024, 09:50 Uhr

Synoynme: plantare Fasziitis, Plantarfasziosis, Plantarfasziopathie
Englisch: plantar fasciitis

Definition

Die Plantarfasziitis ist eine entzündliche Reizung der Plantaraponeurose, die mit Schmerzen der Fußsohle im Bereich der Ferse einhergeht.

Epidemiologie

Es handelt sich um ein häufiges Beschwerdebild des höheren Alters, das mehr als 5 % der über 65-Jährigen betrifft. In vielen Fällen liegt gleichzeitig ein vorderer Fersensporn vor - ob ein kausaler Zusammenhang besteht, ist jedoch bislang (2021) nicht eindeutig geklärt. Tritt die Plantarfasziitis gleichzeitig mit einem Tarsaltunnelsyndrom und einer Tendinitis des Musculus tibialis posterior auf, spricht man von der "Heel-Pain-Triad" (HPT, Fersenschmerz-Triade).

Ätiopathogenese

Man vermutet eine multifaktorielle Genese der Sehnenreizung, die sich aus degenerativen, mechanischen (z.B. traumatisch oder durch Überlastung), entzündlichen und ggf. fibrösen Prozessen zusammensetzt. Pathogenetisch sind wiederholte Mikrotraumen im Bereich des Sehnenansatzes am Calcaneus sowie die Degeneration von Kollagen und eine Verdickung der Plantaraponeurose von Bedeutung.

Risikofaktoren

Symptome

Im weiteren Verlauf können auch Ruheschmerzen auftreten.

Diagnose

Die Diagnose wird in der Regel klinisch gestellt. Hilfreich sind Provokationstests wie die Druckschmerzprovokation über dem medialen Tuber calcanei und der Windlass-Test (Schmerzauslösung durch forcierte isolierte Dorsalextension der Zehen).

In der Sonographie zeigt sich unter Umständen eine geringfügige Verdickung des Ansatzes der Plantaraponeurose am Fersenbein im Vergleich zur Gegenseite. In unklaren Fällen kann eine radiologische Bildgebung mittels Röntgen, Computertomographie oder Magnetresonanztomographie zum Einsatz kommen.

Komplikationen

Möglich ist eine zusätzliche Zerrung oder ein Anriss der Plantaraponeurose.

Therapie

In der Regel verläuft die Plantarfasziitis selbstlimitierend. Mit konservativen Behandlungsmethoden lässt sich in 90% der Fälle eine Symptomlinderung innerhalb von sechs Monaten erreichen:

  • Schonung, häufige stoßartige Belastungen meiden
  • regelmäßiges Dehnen der Achillessehne und der Plantarfaszie selbst (z.B. mit kleiner Faszienrolle)
  • ggf. begleitende analgetische Therapie mit NSAR
  • Physiotherapie: Taping, Iontophorese, Massage mit Querfriktionen des Ansatzbereichs am Kalkaneus
  • Einlagen: Verbessern die Funktion, weniger den Schmerz

Lokale Glukokortikoid-Injektionen erweisen sich oft als effektiv, gehen jedoch mit einem erhöhten Risiko für Fettpolsterschwund und Sehnenrupturen einher.

Führt die konservative Therapie nach sechs Monaten nicht zum gewünschten Behandlungserfolg, kann eine extrakorporale Stoßwellentherapie (uneinheitliche Studienlage) oder eine chirurgische Intervention mittels plantarer Fasziotomie erwogen werden.

Nomenklatur

Gelegentlich werden die Begriffe "Fersensporn" und "plantare Fasziitis" synonym für schmerzhafte Veränderungen der Fußsohle genutzt. Beim Fersensporn liegt jedoch eine Knochenneubildung vor.

Literatur