Zerebrales Pseudoaneurysma
Englisch: cerebral pseudoaneurysm, cerebral false aneurysm
Definition
Als zerebrales Pseudoaneurysma wird eine dilatierte Hirn- bzw. hirnversorgende Arterie mit vollständiger Disruption der Gefäßwand bezeichnet. Es macht 1 bis 6 % aller zerebralen Aneurysmen aus.
Ätiopathogenese
Pseudoaneurysmen entstehen meist durch ein spezifisches Ereignis, das zunächst die Arterienwand schwächt, bis sie schließlich aufbricht. Mögliche Ursachen sind u.a. Traumata, Infektionen, Operationen oder Neoplasien.
Etwa 80 % der Pseudoaneurysmen der Karotis- und Vertebralarterien sind extrakraniell lokalisiert. Traumatische intrakranielle Pseudoaneurysmen der Arteria carotis interna betreffen typischerweise das kavernöse oder paraklinoidale Segment. Pseudoaneurysmen nach chirurgischen Eingriffen und Strahlentherapie betreffen oft die extrakranielle Halsschlagader (Carotid-Blowout-Syndrom). Intrakranielle vertebrale Pseudoaneurysmen finden sich v.a. im V4-Segment.
Die meisten Pseudoaneurysmen distal des Circulus arteriosus sind infektiös, medikamentös, neoplastisch ("onkotisch") oder traumatisch bedingt. Die infektiösen Pseudaneurysmen werden irreführenderweise auch als "mykotisch" bezeichnet, obwohl es sich i.d.R. um bakterielle Infektionen handelt.
Wenn die Arteria pericallosa bei einem geschlossenen Schädel-Hirn-Trauma gegen den inferioren Rand der Falx cerebri stößt, kann sich ebenfalls ein Pseudoaneurysma entwickeln.
Pathologie
Pseudoaneurysmen sind typischerweise von einer dünnen, diskontinuierlichen Adventitia und einem organisierten Hämatom umgeben. Das ursprüngliche Gefäßlumen ist häufig durch Thromben, Tumore, Zelldebris oder eitriges Exsudat verschlossen. Eine ausgedehnte Infiltration der Gefäßwand durch entzündliche bzw. neoplastische Zellen kann vorkommen. Aufgrund der fehlenden Gefäßwand sind sie sehr rupturgefährdet. Multiple Blutungen und distale embolische Infarkte sind häufig.
Klinik
Bei Patienten mit traumatischem Pseudoaneurysma der intrakraninellen ICA liegt häufig eine Schädelbasisfraktur vor. Die Latenz zwischen dem Tauma und den neurologischen Symptomen kann jedoch Tage bis mehrere Monate betragen. Typische Symptome sind:
- plötzliche Kopfschmerzen
- Bewusstlosigkeit
- rezidivierende Epistaxis
- Hirnnervenparesen
Patienten mit Pseudoaneurysmen distal des Circulus Willis weisen häufig ein schweres Trauma, eine systemische Infektion oder einen Drogenmissbrauch in der Anamnese auf.
Diagnostik
Ein zerebrales Pseudoaneurysma wird radiologisch diagnostiziert. Typischer Befund ist eine irregulär konturierte Gefäßausstülpung, wobei in der Regel kein "Aneurysmahals" vorhanden ist. Darüber hinaus kann ein umgebendes, größenprogredientes parenchymatöses Hämatom auffallen.
Computertomographie
Die native Computertomographie (CT) ist meist unauffällig bzw. unspezifisch. In der CT-Angiographie (CTA) kann ein Spot Sign innerhalb des größenprogredienten Hämatoms vorkommen. Die kleinen, nicht-sakkulären Pseudoaneurysmen sind in der CTA oft schwer zu diagnostizieren.
Magnetresonanztomographie
In der Magnetresonanztomographie (MRT) kann innerhalb des Hämatoms Flow Void auf ein Restlumen hinweisen. Aufgrund der langsamen, verzögerte Füllung und Entleerung des Pseudaneurysmas zeigt sich ein intravaskuläres Kontrastmittel-Enhancement.
Digitale Subtraktionsangiographie
Die digitale Subtraktionsangiographie (DSA) zeigt ein kugelförmiges, fusiformes oder irregulär konturiertes Aneurysma mit verzögerter Füllung und Entleerung des Kontrastmittels.
Differenzialdiagnosen
Die wichtigste Differenzialdiagnose eines Pseudoaneurysmas ist ein "echtes" Aneurysma, also eine Dilatation der gesamten Gefäßwand. Sakkuläre Aneurysmen finden sich typischerweise entlang des Circulus arteriosus und an der Bifurkation der Arteria cerebri media.
Ein Aneurysma dissecans tritt am häufigsten in der hinteren Strombahn, insbesondere im Bereich der Arteria vertebralis auf. Fusiforme Aneurysmen sind ebenfalls häufiger im hinteren Kreislauf anzutreffen, insbesondere die Arteria basilaris. Eine weitere Differenzialdiagnose ist das Blood-Blister-like Aneurysma, wobei es eine Form des Pseudoaneurysmas darstellen kann.
Therapie
Die endovaskuläre Okklusion mittels Flow Diverter ist die Therapie der Wahl zur Behandlung der meisten intrakraniellen Pseudoaneurysmen. Mögliche chirurgische Optionen sind Clipping und Bypass-Operationen. Bei mykotischen Aneurysmen werden außerdem Antibiotika verabreicht.
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