Wiederholtes Implantationsversagen
Englisch: recurrent implantation failure
Definition
Als wiederholtes Implantationsversagen, kurz RIF, bezeichnet man den Umstand einer mehrfach nicht eingetretenen Schwangerschaft nach Embryotransfer im Rahmen einer In-vitro-Fertilisation.
Hintergrund
Eine einheitliche Definition des Begriffes existiert nicht. Oft spricht man von wiederholtem Implantationsversagen, wenn nach mindestens drei konsekutiven Embryotransfers (Frisch- und/oder Kryotransfers) mit Embryonen guter oder sehr guter Qualität keine Schwangerschaft eintritt.
Andere Definitionen beinhalten etwa eine ausbleibende Schwangerschaft nach 2 bis 6 IVF-Zyklen, in denen kumulativ mehr als 10 Embryonen sehr guter Qualität transferiert wurden. Die Qualität bezieht sich dabei auf morphologische Bewertungskriterien der Embryonen, wie etwa der Blastozystenqualität nach Gardner et al.[1] Der maternale Alterseffekt hat einen nicht unwesentlichen Einfluss auf die Qualität der Eizellen und der Embryonen. Auch nimmt die Wahrscheinlichkeit chromosomaler Fehlverteilungen in den Eizellen zu und damit die Vitalität der Embryonen nach Befruchtung ab. Deshalb beinhalten einige Definitionen auch das weibliche Alter.
Inzidenz
Die tatsächliche Inzidenz für ein wiederholtes Implantationsversagen ist aufgrund uneinheitlicher Definitionen nur schwer abzuschätzen.
Ursachen
Die zugrundeliegenden Ursachen eines wiederholten Implantationsversagen sind selten greifbar. In Frage kommen dabei parentale, embryonale und uterine Faktoren.
Parentale Faktoren
Zu den parentalen Faktoren zählen u.a.:
- Genetische Ursachen: etwa bei 2 % der Bevölkerung liegen strukturelle Chromosomenveränderungen im Sinne einer balancierten oder Robertson-Translokation vor. Die Folge kann die Bildung einer unblancierten Translokation im entstandenen Embryo nach Fertilisierung sein, die zu einem Implantationsversagen oder zu einem Abort führt.
- Endokrinologische Ursachen bei der Frau
- Lebensstilfaktoren: z.B. chronischer Disstress, Nikotinabusus oder Übergewicht bei der Frau
Immunologische Ursachen und ein erhöhter DNA-Fragmentationsindex (DFI) sowie erhöhte Aneuploidieraten in den Spermien werden ebenfalls immer wieder diskutiert. Zudem ist möglicherweise eine Thrombophilie der Frau ein weiterer Risikofaktor.
Embryonale Faktoren
Ein Großteil der menschlichen Embryonen nistet sich naturgemäß nicht ein. Die häufigste Ursache liegt in de novo entstandenen chromosomalen Fehlverteilungen in den ersten Zellteilungsphasen des Embryos. Gleichzeitig nehmen meiotisch-bedingte Fehler in der Chromosomenverteilung mit fortgeschrittenem Alter der Frau zu. Eine retardierte Embryonalentwicklung führt auch möglicherweise zu einer fehlenden endometrial-embryonalen Synchronisation und verhindert so das Nidationsgeschehen.
Uterine Faktoren
Hier stehen meist erworbene Faktoren im Vordergrund, angeborene uterine Fehlbildungen werden eher mit habituellen Aborten assoziiert. Zu den erworbenen Faktoren gehören beispielsweise:
- Narbendehiszenz nach Sectio caesarea mit Serometra
- Hydrosalpinx mit möglicher Entleerung in die Gebärmutterhöhle
- Endometriose
- Pathologien des Endometriums: z.B. persistierendes dünnes Endometrium bzw. inadäquater Aufbau, Asherman-Syndrom, endometriale Polypen, Myome, Entzündungsprozesse im Endo- oder Myometrium
Diagnostik
Unzählige verschiedene Untersuchungen und Behandlungsverfahren für wiederholtes Implantationsversagen wurden in Studien beschrieben oder in der klinischen Praxis angewendet. Die wenigsten davon sind derzeit (2023) als evident anzusehen. Nach einem Entwurf der European Society of Human Reproduction and Embryology (ESHRE) bezüglich Empfehlungen beim wiederholten Implantationsversagen ("good practice recommendations on recurrent implantation failure") können weder die routinemäßige Anwendung diagnostischer Tests zur endometrialen Rezeptivität – wie etwa der ERA-Test oder die Quantifizierung peripherer bzw. uteriner natürlicher Killerzellen – noch ein Thrombophiliescreening empfohlen werden.[2]
Therapie
Mögliche individuelle Therapieoptionen mit einer gewissen Evidenz beinhalten:
- Präimplantationsdiagnostik (Präimplantationstests auf strukturelle Chromosomendefekte, PGT-SR) bei diagnostizierter Translokation
- Hysteroskopie mit Polypektomie
- Narbenkorrektur einer dehiszenten Sectionarbe
Die meisten Therapieoptionen sind nicht durch randomisiert-kontrollierte Interventionsstudien belegt.
Quelle
- ↑ Gardner et al., Blastocyst score affects implantation and pregnancy outcome: towards a single blastocyst transfer, Fertil Steril. 2000
- ↑ European Society of Human Reproduction and Embryology: Good Practice Recommendations on Recurrent Implantation Failure, abgerufen am 14.02.2023
Literatur
- Nawroth et al., Wiederholtes Implantationsversagen – diagnostische und therapeutische Ansätze, e.Medpedia, 2018, abgerufen am 14.02.2023
- Bashiri et al., Recurrent Implantation Failure-update overview on etiology, diagnosis, treatment and future directions, Reprod Biol Endocrinol, 2018
um diese Funktion zu nutzen.