Verbrennungskrankheit
Englisch: burn disease
Definition
Als Verbrennungskrankheit bezeichnet man die bei großflächigen Verbrennungen auftretende systemische Reaktion, die eine intensivmedizinische Behandlung erfordert.
Hintergrund
Bei Erwachsenen tritt die Verbrennungskrankheit ab etwa 15 % höhergradig (Verbrennungsgrad: 3-4) verbrannter Körperoberfläche (KOF) auf. Bei Kleinkindern kann sie bereits ab 8 % der KOF entstehen. Das Ausmaß der verbrannten Körperoberfläche kann mittels der Neunerregel abgeschätzt werden.
Pathophysiologie
Bei der Verbrennungskrankheit treffen mehrere Pathomechanismen zusammen:
- Durch die Verbrennung kommt es aufgrund der erhöhten Kapillarpermeabilität („capillary-leak-syndrome“) zu einer Flüssigkeitsverschiebung in den Extravasalraum (Interstitium). Typische Folgen sind massive Flüssigkeitsverluste und Schock.
- Weiterhin setzt das verbrannte Gewebe verschiedene vasoaktive Mediatoren aus den verbrannten Hautanteilen frei, wie zum Beispiel Kinine, Prostaglandine, Katecholamine und Steroide.
- Die durch die Verbrennung verminderte Hautintegrität führt zu einem massiven Wärmeverlust. Der Energieverbrauch des Körpers ist gesteigert.
- Die systemische Immunreaktion löst eine gesteigerte Ausschwemmung von Zytokinen aus, die eine DIC oder ein Multiorganversagen nach sich ziehen kann.
Komplikationen
Zu den häufigsten Komplikationen der Verbrennungskrankheit zählen:
- Pneumonie (4,6 %)
- Sepsis (2,7 %)
- Lungenversagen (2,5 %)
- Wundinfektion (2,2 %)
- ARDS (1,2 %)
Weitere schwere Komplikationen sind Cholezystitiden, akutes Nierenversagen und akutes Organversagen. Diese müssen frühzeitig erkannt und adäquat therapiert werden.
Therapie
Patienten mit einer Verbrennungskrankheit bedürfen oftmals einer langwierigen intensivmedizinischen Betreuung. Im Fokus der Therapie steht dabei die kontrollierte Flüssigkeits- und Elektrolytsteuerung mit kontinuierlicher und engmaschiger Überwachung zahlreicher Laborparameter.
Häufig erfolgt bei den Patienten wegen der notwendigen Analgesie darüber hinaus eine Langzeitbeatmung und die Anlage eines Tracheostomas.
Um den massiven Proteinverlust und den erhöhten Energiebedarf des Patienten zu decken, ist eine frühe kalkulierte enterale Ernährung mittels Duodenalsonde indiziert.
Chirurgisch werden oberflächliche Verbrennungen (Grad IIa) mit Hautersatzprodukten und tiefer verbrannte Areale (Grad IIb bis IV) mit Säuberung und Débridement behandelt.
Prognose
Die Prognose eines Patienten mit Verbrennungskrankheit ist abhängig von verschiedenen Faktoren. Als negative Prädiktoren für das Outcome des Patienten zählen u.a. hohes Alter, weibliches Geschlecht, hohe Verbrennungsgrade (Grad III und IV), ein eventuell vorliegendes Inhalationstrauma (IHT) sowie die Größe der betroffenen Körperoberfläche.
Die Prognose kann mithilfe des Abbreviated Burn Severity Index (ABSI) nach Tobiasen oder anhand des Baux-Scores abgeschätzt werden.
Literatur
- Spanholtz, Timo A. et al: Versorgung von Schwerstverbrannten [1] zuletzt abgerufen am 25.11.2020
- AWMF-Online - S2k-Leitlinie Behandlung thermischer Verletzungen des Erwachsenen, abgerufen am 23.01.2023
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