Urodynamisches Untersuchungsverfahren
Definition
Urodynamische Untersuchungsverfahren umfassen eine Gruppe funktioneller Diagnostikmethoden zur objektiven Beurteilung der Blasen- und Harnröhrenfunktion. Sie dienen der Analyse von Speicher- und Entleerungsstörungen des unteren Harntrakts.
Einteilung
Die wichtigsten urodynamischen Untersuchungsverfahren sind:
Uroflowmetrie
Die Uroflowmetrie misst den Harnfluss während des Ablassens von Spontanurin. Parameter sind maximale Flussrate (Qmax), mittlere Flussrate und Miktionsvolumen. Dieses Nicht-invasive Basisverfahren ist bei Verdacht auf Blasenentleerungsstörungen oder infravesikaler Obstruktion indiziert.
Zystomanometrie
Die Zystomanometrie erfasst den intravesikalen Druck während der Blasenfüllung. Es werden Füllvolumen, Compliance, unwillkürliche Detrusorkontraktionen (Detrusorinstabilität) und Blasenkapazität beurteilt. Diese Untersuchung dient der Differenzierung von sensorischen und motorischen Füllstörungen.
Druck-Fluss-Messung
Die Druck-Fluss-Messung ist eine Kombination aus Zystometrie und gleichzeitig gemessener Uroflowmetrie während der Miktion. Sie ermöglicht die Berechnung des Detrusordruck bei maximalem Fluss und die Abgrenzung zwischen Blasenschwäche und infravesikaler Obstruktion.
Urethradruckprofil
Das Urethradruckprofil misst den Druck entlang der Harnröhre und beurteilt den Sphinkterapparat (Verschlussdruck, funktionelle Länge). Es wird bei Harninkontinenz bestimmt, insbesondere zur Evaluation der urethralen Funktion.
Videourodynamik
Die Videourodynamik ist eine Kombination aus urodynamischen Messungen mit simultaner Bildgebung (meist Röntgenkinematografie). Sie visualisiert morphologische und funktionelle Aspekte parallel.
Elektromyografie (EMG)
Die Elektromyografie der Beckenbodenmuskulatur dient der Beurteilung der Muskelaktivität und Koordination des Beckenbodens während der Speicher- und Entleerungsphasen.
Indikationen
- Unklare Inkontinenzformen (z.B. Drang- vs. Stressinkontinenz)
- Neurogene Blasenfunktionsstörungen (z.B. bei MS, Querschnittsyndrom)
- Verdacht auf Obstruktion des Blasenauslasses
- Abklärung vor invasiven Therapien (z.B. Prostata-OP, Inkontinenzchirurgie)
- Therapieresistenz bei bekannten Blasenfunktionsstörungen
Kontraindikationen
- Akute Infektionen des Urogenitaltrakts (z.B. Zystitis, Urethritis)
- Schwere Blutungen oder Verletzungen im Bereich des unteren Harntrakts
Durchführung und Risiken
Je nach Verfahren erfolgt die Untersuchung nicht-invasiv (z.B. Uroflowmetrie) oder invasiv mittels transurethraler Katheterisierung (z.B. Zystometrie). Risiken beinhalten Harnwegsinfektionen, Hämaturie oder Dysurie nach Katheterisierung.