Videourodynamik
Synonyme: videourodynamische Untersuchung, radiologische Urodynamik
Englisch: videourodynamics
Definition
Die Videourodynamik ist ein spezielles Verfahren der urodynamischen Funktionsdiagnostik, bei dem Druckmessungen im Harntrakt unter simultaner Bildgebung, in der Regel einer Röntgendurchleuchtung mit Kontrastmittel, aufgezeichnet werden. Ziel ist, die funktionellen und morphologischen Aspekte der Harnblasenentleerung und -speicherung in einem Untersuchungsgang darzustellen.
Hintergrund
Die Videourodynamik gilt als umfassendste Methode der Urodynamik, da sie den funktionellen Zusammenhang zwischen Detrusordruck und Harnfluss objektiviert und gleichzeitig morphologische Veränderungen des unteren Harntraktes abbildet.
Die Methode liefert einen detaillierten Befund und bildet dadurch eine gute Grundlage für therapeutische Entscheidungen. Aufgrund des höheren technischen und apparativen Aufwands sowie der Strahlenbelastung wird sie jedoch nur bei komplexen Fragestellungen eingesetzt, während einfache urodynamische Probleme weiterhin mit Standardmethoden wie Zystomanometrie oder Druck-Fluss-Messung untersucht werden.
Indikationen
Die Videourodynamik eignet sich vor allem zum Nachweis von obstruktiven Prozessen, Detrusorüberaktivität, Harnreflux oder Sphinkterdysfunktionen. Typische Indikationen sind z.B.:
- komplexe Miktionsstörungen bei Erwachsenen und Kindern, insbesondere bei neurologischen Erkrankungen (z.B. Spina bifida, Multiple Sklerose, Querschnittsyndrom)
- Abklärung bei Verdacht auf vesikoureteralen Reflux, Detrusor-Sphinkter-Dyssynergie oder komplexe Inkontinenzformen
- präoperative Diagnostik bei größeren rekonstruktiven Eingriffen an Blase und Urethra
- Unterscheidung funktioneller und organischer Ursachen bei nicht eindeutigen Ergebnissen der Basisurodynamik
Technik
Die Durchführung der Videourodynamik folgt einem standardisierten Protokoll:
- Katheterisierung und Druckmessung: Anlage eines transurethralen Druckkatheters zur intravesikalen Druckmessung sowie eines rektalen oder vaginalen Katheters zur Erfassung des intraabdominellen Drucks
- Füllphase: Füllung der Blase mit einem röntgendichten Kontrastmittel, das die Anatomie während der Zystometrie kontinuierlich radiologisch sichtbar macht
- Messphase: Parallel zur Registrierung von intravesikalem, abdominellem und daraus berechnetem Detrusordruck wird die Blasenfüllung dokumentiert. Ein Kontrastmittelreflux oder Abflussbehinderungen lassen sich bereits in dieser Phase nachweisen.
- Miktionsphase: Druck-Fluss-Messung und parallele radiologische Darstellung der Blasen- und Urethradynamik während der Miktion
Anschließend erfolgt eine Auswertung der Ergebnisse anhand der Druck- und Flussparameter und der Röntgenbilder.
Nachsorge
Nach der Untersuchung kann es vorübergehend zu Dysurie, leichter Hämaturie oder irritativen Beschwerden kommen. Da das Verfahren invasiv ist, sollte auf Symptome eines Harnwegsinfektes geachtet werden. Eine routinemäßige Antibiotikaprophylaxe ist allerdings nicht indiziert.
Komplikationen
- Harnwegsinfektionen infolge der Katheterisierung
- vorübergehende Hämaturie
- selten allergische Reaktionen auf Kontrastmittel
- iatrogene Verletzungen durch die Kathetereinlage
Literatur
- Arbeitsgemeinschaft Beckenbodengesundheit e.V, abgerufen am 02.10.2025
- Schultz-Lampel et al., Urodynamik. Lehrbuch des Arbeitskreises Urologische Funktionsdiagnostik und Urologie der Frau, 3. Auflage, Springer
- Heidler et al.: Videourodynamik. In: Urodynamik, 2. Auflage, Springer
- McGuire et al.: Videourodynamic studies. Urol Clin North Am. 1996