Taenia solium-Zystizerkose (Schwein)
Synonym: Taenia solium-Zystizerkose des Schweines
Definition
Als Taenia solium-Zystizerkose des Schweines bezeichnet man einen Befall mit Finnen von Taenia solium beim Schwein.
Erreger
Als Cysticercus cellulosae bezeichnet man die erbsen- bis bohnengroßen Metazestoden des Schweinefinnen-Bandwurms des Menschen, Taenia solium. Taenia solium kann im Dünndarm des Menschen 3 bis 4 m lang werden. Der Skolex ist mit einem doppelten Hakenkranz bewaffneten Rostellum versehen.
Vorkommen
Aufgrund verbesserter Fleisch- und Abwasserhygiene, geschlossenen Schweinestallungen sowie der verkürzte Lebensdauer der Hausschweine ist die Infektion mit Taenia solium in den entwickelten Ländern weitgehend unter Kontrolle. In Ländern - in denen deutlich niedrigere Standards vorliegen - können deutlich höhere Befallsraten bei Schweinen mit Taenia solium nachgewiesen werden.
Taenia solium ist weltweit verbreitet. Ein gehäuftes Vorkommen kann in einigen Gebieten von Lateinamerika, Afrika, Asien, West- und Ostafrika und in kleineren Herden in Ost- und Südeuropa beobachtet werden. Klinisch relevant ist, dass in Endemiegebieten von Taenia solium nicht nur Schweine, sondern auch Menschen von Zystizerken dieses Bandwurmes befallen werden. Die Parasiten siedeln sich dabei vorwiegend in der Muskulatur und im ZNS (Neurozystizerkose) an. In nicht-endemischen Gebieten (z.B. Österreich, Deutschland) werden nur gelegentlich Fälle von importierter Zystizerkose bei Menschen diagnostiziert.
Entwicklung
Nachdem Schweine die Eier oder gar ganze Warmwurmglieder (Proglottiden) aufgenommen haben, schlüpfen im Dünndarm die Onkosphären. Diese dringen anschließend in die Darmwand ein und gelangen so über den Blutstrom in die Muskulatur oder das ZNS. Am Zielort angekommen, entwickeln sie sich in etwa 70 bis 90 Tagen zu infektionstüchtigen Finnen weiter. Diese sind nach 20 Tagen stecknadelkopfgroß, nach 40 Tagen senfkorngroß und nach 60 Tagen erbsengroß.
Eine fertile Finne ist ein etwa 0,5 bis 1,5 cm großes Bläschen, rundlich bis oval geformt und mit einer klaren Flüssigkeit gefüllt. In ihr ist der eingestülpte weißliche Skolex als exzentrisch gelegenes Gebilde gut zu erkennen. Die in der Muskulatur sowie im ZNS vorkommenden Finnen sind beim Menschen gleich wie beim Schwein. Zu beachten ist jedoch die große morphologische Variabilität der Finnen. Diese können von den typischen, etwa erbsgroßen Bläschen bis zu 10 bis 20 cm großen, zum Teil weit verzweigten Gebilden reichen - letztere vorzugsweise in den Gehirnventrikeln des Menschen (Cysticercus racemosus).
Die meist in großen Zahlen ausgeschiedenen Eier zeigen eine besonders hohe Widerstandsfähigkeit in der Außenwelt.
Pathogenese
Beim Schwein sind vorwiegend die Kreuzbein-, Schulterblatt-, Zwerchfell- und Zungenmuskulatur mit Zystizerken befallen. Vergleichsweise wenig befallen ist die Rücken- und Kaumuskulatur.
Bei einem hochgradigen Befall findet man auch Finnen in der Leber, Lunge und in den Nieren sowie im Gehirn (besonders in der Hirnrinde, in den Subarachnoidalräumen und im 3. Ventrikel). Bei älteren Tieren können Finnen aufgrund verstärkter Abwehrreaktion des Wirtes in einem frühen Entwicklungsstadium zugrunde gehen. Dabei erscheinen sie dann als kleine graue oder weiße Knötchen, weshalb bei solchen Tieren gleichzeitig lebende und in Degeneration befindliche sowie abgestorbene Zystizerken aufgefunden werden. Die unterschiedlichen Stadien sind bei der Fleischuntersuchung zu berücksichtigen.
Lebende Finnen führen zu unterschiedlichen Reaktionen: Bei einem Teil von ihnen bleiben jegliche Entzündungsreaktionen in der Umgebung aus, wohingegen bei anderen eine Sequenz zellulärer Reaktionen einsetzt. Dabei entstehen zunächst fokale und anschließend ausgedehntere Infiltrate aus Lymphozyten, Plasmazellen und eosinophilen Granulozyten. Anfangs werden Anzeichen einer Schwellung und Vakuolisierung des Integuments der Finnen beobachtet. Im weiteren Verlauf kommt es zur palisadenförmigen Anordnung von Makrophagen. Es folgen Fremdkörperriesenzellen und Fibroblasten und ein Größerwerden der Lymphozytenaggregate. Der infektiöse Prozess endet mit der bindegewebigen Abkapselung des Herdes und Nekrose des Cysticercus, wobei Verkalkungsprozesse nur sehr selten auftreten.
Klinik
Signifikante klinische Symptome werden meist nicht beobachtet. In Einzelfällen können - entsprechend den befallenen Organen - Atembeschwerden, steifer Gang, erschwerte Nahrungsaufnahme (Zungenbefall), Muskelschmerzen sowie nervöse Störungen (Befall des Gehirns) auftreten.
Diagnose
Eine Diagnose ist intra vitam bei einem Befall der Zunge möglich. Die Finnen können dann als etwa erbsengroße Vorwölbungen an der Unter- und Seitenfläche sowie am Zungenbändchen ertastet werden. Da serologische Methoden (ELISA, Western-Blot) beim Schwein nicht routinemäßig angewendet werden, wird eine Taenia-solium-Zystizerkose meist erst post mortem festgestellt.
Fleischuntersuchung
Nach den Vorschriften der Fleischuntersuchungsverordnung von 2006 (Fassung vom 26.10.2018, Österreich) ist die genaue Art der Fleischuntersuchung vorgeschrieben. Gemäß § 12 der Fleischuntersuchung (Beurteilung nach Brauchbarmachung) gilt Fleisch als tauglich nach Brauchbarmachung, wenn das Tier als frei von Finnen bzw. schwachfinnig beurteilt wird. Als starkfinnig gelten dabei Tierkörper, die auf mehr als zwei der Schnittflächen an der Muskulatur jeweils mindestens eine Finne aufweisen. Diese Schlachtkörper dürfen nicht in den Verkehr gebracht werden und müssen daher als nicht tauglich gekennzeichnet werden. Sie müssen durch den amtlichen Tierarzt mit liegendem X markiert werden.
Literatur
- Boch, Josef, Supperer, Rudolf. Veterinärmedizinische Parasitologie. 6. vollständig überarbeitete und erweiterte Auflage. Parey Verlag, 2005