Tuberkulöse Spondylitis
Synonyme: Spondylitis tuberculosa, Wirbeltuberkulose, Wirbelsäulentuberkulose, Morbus Pott, spezifische Spondylodiszitis
Englisch: tuberculous spondylitis, Pott disease
Definition
Als tuberkulöse Spondylitis bezeichnet man eine Entzündung eines oder mehrerer Wirbelkörper (Spondylitis) im Rahmen einer Tuberkulose. Sie ist die häufigste Form der Knochentuberkulose.
Epidemiologie
Weniger als 1 % der Patienten mit bekannter Tuberkulose entwickeln eine Spondylitis tuberculosa. Bei etwa 10 % der Patienten mit Spondylitis tuberculosa findet sich eine Lungentuberkulose. Die Inzidenz ist erhöht bei Diabetes mellitus, Sepsis und eingeschränkter Immunkompetenz (z.B. HIV, Lymphom).
Ätiopathogenese
Die tuberkulöse Spondylitis entsteht als Form der Postprimärtuberkulose durch hämatogene Streuung aus einem Primärherd (z.B. Lunge oder Urogenitaltrakt). Sie beginnt meist im subchondralen Knochen im ventralen Wirbelkörperanteil. Die Erreger breiten sich unter den Längsbändern zu anderen Wirbelkörpern oder nach paraspinal aus. Dabei können Wirbelkörper übersprungen werden.
Die Bandscheiben sind im Gegensatz zu bakteriellen Spondylodiszitiden meist nicht oder nur gering betroffen. Eine Ausnahme ist die Wirbelsäulentuberkulose bei Kindern: Aufgrund der unterschiedlichen Gefäßversorgung kann es auch zu einem primären Befall der Bandscheiben kommen.
Symptomatik
Im Gegensatz zur bakteriellen Spondylitis entwickeln sich die Symptome in der Regel langsamer. Typisch sind:
- Rückenschmerzen, umschriebener Klopfschmerz
- Allgemeinsymptome: Fieber, Nachtschweiß, Abgeschlagenheit
- bei epiduraler Ausbreitung: Paraparese, Sensibilitätsstörungen
Im Spätstadium kann sich eine Pott-Trias mit Gibbus, Abszess und Lähmung ausbilden.
Lokalisation
Am häufigsten ist der thorakolumbale Übergang betroffen. Oft beginnt der Befall in der vorderen Wirbelkörperhälfte.
Diagnostik
Labor
- Leukozytose
- CRP- und BSG-Anstieg
- Erregernachweis in Sputum und Magensaft oder im Knochenpunktat
Bildgebung
Konventionelles Röntgen
Das Röntgenbild ist in den ersten Wochen meist unauffällig. Im Verlauf kommt es zu einer diffusen Sklerose und Zerstörung des Wirbels. Weiterhin kann es zu einer Gibbus-Deformität und im Spätstadium zu Wirbelfusionen über das Bandscheibenfach hinweg kommen.
Computertomographie
Die Computertomographie (CT) zeigt die Knochendestruktion besser und früher, teils mit Bildung von Knochenfragmenten (Sequester). In 50 % der Fälle sind die Pedikel zerstört. Typisch sind weiterhin Verkalkungen in paraspinalen Abszessen (50 %).
Magnetresonanztomographie
In der Magnetresonanztomographie (MRT) fällt ein STIR-hyperintenses Wirbelkörperödem auf. Die kräftige Kontrastmittelaufnahme im Wirbelkörper ist vorwiegend inhomogen und fokal. Intraossäre Abszedierungen mit randständigem Enhancement sind oft nachweisbar.
Ein Befall der Bandscheibe zeigt sich durch ein abnormes Flüssigkeitssignal (T1w-hypointens, T2w-hyperintens, oft horizontal linear) und später durch eine Höhenminderung. Die Diszitis ist möglich, aber deutlich seltener als bei der bakteriellen Spondylodiszitis. Intradiskale Abszedierungen mit randständigem Enhancement sind sehr selten. Eine Ausnahme ist die Wirbelkörpertuberkulose bei Kindern.
Ein isolierter Befall des dorsalen Wirbelkörpers ist möglich. Eitrig eingeschmolzene Areale in Wirbelkörper und Bandscheiben zeigen eine Diffusionsstörung. Paravertebrale Abszedierungen sind häufig. Dabei zeigt das Kontrastmittel-aufnehmende Gewebe eine meist glatte Begrenzung. Hinweisend auf eine epidurale Ausbreitung (Phlegmone bzw. Abszess) sind eine Kontrastmittelaufnahme der Meningen bzw. der Abszesswand, wobei der Abszessinhalt T2w-hyperintens ist. Bei erfolgreicher Therapie kann die Normalisierung der MRT-Befunde gegenüber der klinischen Heilung um Wochen verzögert sein. Nach Abheilung finden sich oft Veränderungen wie bei erosiver Osteochondrose. Teilweise sind die Segmente auch knöchern fusioniert und das Knochenmark homogen verfettet.
Differenzialdiagnosen
- Wirbelmetastasen: Erhaltene Bandscheiben, meist Fehlen eines spiegelbildlichen Befalls des angrenzenden Wirbels, kein paravertebraler oder epiduraler Abszess.
- Erosive Osteochondrose: Verschmälerte Bandscheibenfächer und vermehrt sklerosierte Endplatten.
- bakterielle Spondylitis
Therapie
Die Therapie besteht aus medikamentösen und chirurgischen Maßnahmen. Neben der Gabe von Tuberkulostatika erfolgt die chirurgische Herdsanierung mit Ausräumung des infizierten Knochenmaterials und anschließender Einlage eines Knochenspans.
Bei neurologischen Ausfällen besteht eine sofortige Operationsindikation.